ECONOMICS FORUM | Wo bleibt die Inflation?

Trotz vielseitiger Bemühungen von Seiten der EZB: Warum hat die verfügbare, billige Liquidität die Realwirtschaft bislang noch nicht erreicht? Ökonomen und Chefstrategen von Aberdeen, Amundi, Candriam, DekaBank, ERSTE-SPARINVEST, Flossbach von Storch, KEPLER-FONDS, LBBW, Macquarie, Petercam, Standard Life Investments und UBS mit ihren Einschätzungen. Economics |
©  EZB / e-fundresearch.com
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Aktuelle Frage im Economics Forum:

„Trotz vielseitiger Bemühungen von Seiten der EZB: Warum hat die verfügbare, billige Liquidität die Realwirtschaft bislang noch nicht erreicht und welche strukturellen Maßnahmen wären notwendig, um die Kreditnachfrage anzukurbeln?“


Current question in the Economics Forum:

“Despite various efforts of the ECB: Why has the available, cheap liquidity apparently not yet reached the real economy and which structural measures would be necessary in order to stimulate demand for loans?


Jeremy Lawson, Chief Economist, Standard Life Investments (22.10.2014):

"As Mario Draghi argued in his speech at Jackson Hole,  what is needed is a combination of greater monetary policy  support, less fiscal tightening and accelerated structural and  financial reforms. Unlike Abe in Japan, Draghi has control  over only one of the policy levers that needs to be pulled  – monetary policy. There, his ‘whatever it takes’ speech,  outright monetary transactions (OMT) programme backstop,  and cuts in short-term interest rates have already loosened  financial conditions. The planned targeted long-term  refinancing operations and asset-backed securities (ABS)  purchase programme will ease conditions further.

However,  more needs to be done. Inflation is far too low and real  interest rates still too high. A large-scale, well- communicated quantitative easing programme, including the  purchase of government bonds, would encourage portfolio  rebalancing, lower the euro and raise inflation expectations.  In turn, that would push real interest rates down closer to the  levels necessary to achieve stronger growth. We look for such  a programme to be announced next year.

The rest is up to Europe’s leaders where, unfortunately, there  are strong political constraints to making the necessary  changes. For example, Germany is the only large country with  enough room to loosen fiscal policy meaningfully, but there  is considerable internal reluctance to alter their fiscal course.  At a deeper level, flaws in the Eurozone’s institutional design  make it harder to achieve the right fiscal balance. The stability  and growth pact is better at limiting countries’ fiscal autonomy  than it is at promoting growth, as does the fact that there is no  strong fiscal authority at the centre."


Gerhard Winzer
Gerhard Winzer

"Im Allgemeinen hat das Potenzialwachstum einer Volkwirtschaft vier Bestimmungsgrößen. 1) das Wachstum der aktiven Erwerbsbevölkerung, 2) das Produktivitätswachstum, 3) das Kreditwachstum und sonstige Veränderungen (neue Technologien, Fall des Eisernen Vorhangs). Der bestimmende Faktor für das seit 2008 leicht fallende reale Bruttoinlandsprodukt ist das seit Ausbruch der Großen Rezession sinkende ausstehende Kreditvolumen an den privaten Sektor. Auf der Angebotsseite kann die widersprüchliche Zentralbankpolitik dafür verantwortlich gemacht werden. Denn einerseits hat die EZB die Leitzinsen auf null Prozent gesenkt. Zudem stellt sie langfristige Liquidität sehr günstig in großem Umfang bereit. Andererseits haben Maßnahmen wie der Bankenstresstest und die Bewertung der Qualität der Bankbilanzen (Asset Quality Review) zu einer restriktiveren Kreditvergabe der Banken maßgeblich beigetragen. Die EZB ist sozusagen gleichzeitig auf das Gas- und das Bremspedal gestiegen. Aber auch die Nachfrage nach Krediten ist bescheiden. Neben der allgemeinen erhöhten Unsicherheit und Anpassungsprozessen hin zu einer höheren Wettbewerbsfähigkeit kann hier der Schuldenabbaudruck im privaten Sektor (exklusive Finanzsektor) in vielen Ländern als Grund angeführt werden. Die Hoffnung ist, dass nach der Veröffentlichung des Stresstests und des AQR am 26. Oktober die Banken weniger restriktiv werden. Die Nachfrageseite wird sich allerdings nicht so schnell verbessern. Ein umfangreicher fiskalischer Stimulus ist nicht absehbar und der Wettbewerb sowie die Reformen in der Eurozone drücken die Inflation in vielen Ländern unter die ohnehin niedrige Inflationsrate von Deutschland."


Tobias Schafföner
Tobias Schafföner

"Damit die Liquidität der EZB in der Realwirtschaft ankommen könnte, müssten Kreditangebot und/oder Kreditnachfrage steigen.

Das Kreditangebot der Banken steigt dann, wenn die Bankbilanzen bereinigt sind. Der Asset Quality Review der EZB wird als sinnvoller, erster Schritt Schwächen aufzeigen, beseitigt aber nicht Probleme wie die hohen Volumina leistungsgestörter Kredite in vielen südeuropäischen Bankbilanzen. Diese Verluste müssen entweder abgeschrieben oder – wahrscheinlicher – sozialisiert werden. Die Hoffnungen ruhen aktuell darauf, dass die TLTRO-Kredite von den Banken nach der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse besser angenommen werden. Aber auch die „zielgerichteten“ Refinanzierungsoperationen werden die Banken nicht zur Kreditvergabe zwingen können.

Die Kreditnachfrage steigt, wenn Unternehmen positive Erträge einer Investition erwarten. Anreize zu privaten Investitionen können aber nur langfristig durch strukturelle Reformen geschaffen werden, die kurzfristig politisch nicht opportun erscheinen. Wirkliche Reformbereitschaft lässt sich aktuell in keinem Land der Eurozone mehr beobachten. Selbst Verfehlungen der EU-Budgetvorgaben haben in der Praxis keine Konsequenzen: Frankreich wird auch im kommenden Jahr keine Sanktionen in Form theoretisch angedrohter Geldstrafen befürchten müssen. Stattdessen könnte man sich in einem politischen Kompromiss auf steigende (öffentliche) Investitionen auch in Deutschland einigen. Die Rufe, dass Deutschland seinen „exzessiven“ Leistungsbilanzüberschuss reduzieren solle, dürften in Berlin nicht ungehört verhallen.

Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind fatal: Weil Strukturreformen zu hohen politischen Kosten führen können, werden sie nicht angestoßen und wird die Investitionsbereitschaft des privaten Sektors nicht gestärkt, sondern durch staatliche Ausgaben ersetzt. Da die Politik nicht mehr handeln möchte, erwarten wir trotz mangelnder Effekte weitere Diskussionen innerhalb der EZB, wie zusätzliche Liquidität ins System gepumpt werden könnte. Staatsanleihenkäufe wären eine Maßnahme, die politisch aktuell noch zu Widerstand führen dürfte; unkritischer dürfte der Kauf von Unternehmensanleihen oder sogar Aktien aufgenommen werden. Wirkliche Lösungsansätze für das europäische Dilemma werden kaum noch diskutiert, weil sie schmerzhaft (Strukturreformen und interne Abwertung), politisch unerwünscht (externe Abwertung) oder unrealistisch (politische Union) erscheinen.

In einem investitionsfreundlichen Umfeld mit gesunden Banken und Unternehmen steigt die Kreditvergabe von selbst. Die Geldpolitik der EZB kann dies nicht erreichen, sondern lediglich Zeit für Strukturreformen und die Sanierung öffentlicher und privater Haushalte erkaufen. In jedem Fall führt sie aber zum politischen Ziel, die Haftungsgemeinschaft der Mitgliedstaaten sowie zwischen Banken und Staaten weiter zu festigen."

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