Unterschätzen die Märkte die Chance auf einen britischen Verbleib in der EU?

Im Sommer verfasste Sandy Nairn, Chairman der Templeton Global Equity Group und CEO von Edinburgh Partners, einen Beitrag mit dem Titel The Politics and Processes of Brexit. Seine Analyse stützte sich auf Erkenntnisse des früheren Diplomaten Lord Kerr, der Berater von Edinburgh Partners und einer der Autoren von Artikel 50 des Vertrages von Lissabon ist, in dem die Schritte für den Austritt eines Landes aus der Europäischen Union beschrieben sind. Der Beitrag untersuchte verschiedene Szenarien für den Weg Großbritanniens zum Brexit. Eine der von Nairn gestellten Fragen lautete: „Unterschätzen die Märkte die Chance auf einen britischen Verbleib in der EU?“ In diesem überarbeiteten Beitrag untersucht er die aktuelle Situation und stellt diese Frage erneut. Franklin Templeton | 07.12.2018 11:45 Uhr
© Franklin Templeton
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nach einigen turbulenten Tagen für die britische Premierministerin Theresa May und die britischen Finanzmärkte lässt sich über den Brexit kaum noch mit absoluter Gewissheit eine Aussage treffen. Das Austrittsabkommen, auf das sich die Unterhändler Großbritanniens und der EU einigten, muss in der zweiten Dezember-Woche durchs Parlament. Es hagelte jedoch von allen Seiten Hohn und Spott, und die entscheidende Frage lautet für die meisten Beobachter, ob die britische Regierung genug Stimmen zusammenbringen kann.

Das Abkommen in seiner jetzigen Fassung regelt ausführlich die finanzielle Abwicklung des britischen Austritts aus der Europäischen Union (EU). Es enthält auch ein Kapitel über die Rechte der Bürger nach dem Brexit, also von EU-Bürgern in Großbritannien und von britischen Bürgern in der EU.

Mehrere Klauseln des Abkommens dürften für einige zentrale Akteure Knackpunkte sein.

Vor allem die Nordirland-Frage scheint ein Hindernis zu sein. Das Austrittsabkommen schlägt eine Notfallregelung vor, die die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland offenhält, sofern bis 29. März 2019 keine Einigung auf ein Handelsabkommen gelingt.

Diese Regelung wird jedoch von der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) abgelehnt, da sie Nordirland anders als den Rest Großbritanniens behandeln würde. Wichtig ist hierbei, dass sich Mays parlamentarische Mehrheit auf die DUP stützt. Ohne die Unterstützung der DUP könnte die Konservative Partei ihre Macht verlieren.

Glühende Brexit-Befürworter innerhalb der Konservativen Partei sind ebenfalls nicht mit dem Abkommen zufrieden. Aus ihrer Sicht ist der fortdauernde Einfluss Europas gemäß dem Austrittsabkommen in wichtigen Bereichen der britischen Politik weiterhin zu groß.

Für die schottischen Tories könnten die vagen Vorschläge für die Fischereipolitik darauf hindeuten, dass die schottische Fischereibranche erneut geopfert wird. Einige Tory-Parlamentarier aus Schottland stützen sich auf die Stimmen der dortigen Fischer.

Was die Opposition anbelangt, dürften sowohl Parlamentarier der Labour-Partei als auch der Scottish National Party (SNP) von ihren Parteichefs die Anweisung erhalten, gegen das Abkommen zu stimmen.

Somit liegt der einzige plausible Weg für die Annahme des Abkommen darin, die Abstimmung als Entscheidung über Schwarz oder Weiß auszurufen. Anders gesagt: „Entweder dieses Abkommen oder kein Abkommen.“

Das Parlament wird entscheiden: Deal oder No Deal

Wir erwarten, dass man es nicht darauf ankommen lässt. Falls es doch dazu kommt, würde das Abkommen im Parlament nahezu sicher abgelehnt.

Die Labour-Partei würde dann Neuwahlen verlangen, um die Regierung aus dem Amt zu jagen. Es stellt sich die Frage, ob die Tories bereit wären, ein zweites Brexit-Referendum vorzuschlagen, um dies zu vermeiden.

Es kommt wieder auf die Stimmenarithmetik an, doch die Debatte über ein zweites Referendum dürfte intensiver werden, und nach unserem Dafürhalten könnte die Labour-Partei wohl kaum noch vermeiden, eine klare Position abzustecken. Falls es zu dieser Situation kommt, ist es aus unserer Sicht sehr wahrscheinlich, dass eine der großen Parteien vorschlagen würde, die Bürger in Neuwahlen um ihre Meinung zu fragen, um anschließend ein zweites Referendum vorzuschlagen. Die Partei, die dies zuerst tut, wird ihren Gegner in eine sehr schwierige Lage bringen.

Unterdessen ist kaum absehbar, wie all dies ohne Verlängerung der Verhandlungsphase erreicht werden kann.

Wie können Anleger darauf reagieren?

Die Entwicklung wird zeigen, ob es weitere Rücktritte gibt und in welche Richtung der politische Konsens in Bezug auf die nächsten Schritte im Brexit-Prozess geht. Dann können wir die Risiko-Rendite-Berechnungen für Investments besser aufstellen.

Die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen und einem zweiten Referendum ist gerade gestiegen. Dies bedeutet, dass unter den möglichen Ergebnissen ein sog. „Extremereignis“ wahrscheinlicher wurde. Eine extreme Möglichkeit beinhaltet eine Labour-Regierung (mit oder ohne Brexit) und die andere beinhaltet „Kein Brexit“ (mit oder ohne Tories an der Macht).

Wie in unserem Beitrag The Politics and Processes of Brexit dargelegt, dürften die Märkte die Gefahr eines Regierungswechsels viel ernster nehmen, als dies in der Vergangenheit geschah. Dies hat sowohl Auswirkungen auf den britischen Gilt- als auch Aktienmarkt.

Die aktuelle Führung der Labour-Partei machte mehr als deutlich, dass die Verstaatlichung bzw. strenge Regulierung einiger kritischer Sektoren, die Wiedereinführung von Tarifverhandlungen und eine deutliche Erhöhung der Staatsausgaben für sie wichtig sind.

Aus Anlegersicht bestünde unser Ansatz im Falle einer möglichen Labour-Regierung zuerst darin, Branchen zu meiden, für die Regulierung und Verstaatlichung diskutiert werden. Wir werden ganz einfach nicht dafür bezahlt, dieses Risiko einzugehen.

Viele internationale Unternehmen dürften ihre Geschäfte unverändert fortsetzen, doch es müsste etwaig eine Risikoprämie für Änderungen bei der Unternehmenssteuer und weitere mögliche Belastungen eingepreist werden.

Unterdessen müssen wir ganz genau auf die Wahlarithmetik achten, um abzuschätzen, ob „Bleiben“ und eine Fortsetzung der konservativen Regierung ein wahrscheinliches Ergebnis sein könnten.

Nach unserer Einschätzung dürften die Risikoprämien in den kommenden Monaten steigen und möglicherweise Anlagen in Aktien beflügeln, die bereits mit hohem Abschlag für das denkbar schlechteste Brexit-Ergebnis gehandelt werden, wie z. B. unter anderem in den Sektoren Finanzdienstleistungen und Bau. Phasen wie diese eröffnen häufig sehr gute Gelegenheiten, und um sie ausnutzen zu können, ist ein Verständnis der Grenzen von Risiko und Rendite Voraussetzung.

Sandy Nairn, Chairman Templeton Global Equity Group, Frankling Templeton

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