Wie man Kakaobauern in Westafrika den Alltag erleichtern kann

J. Safra Sarasin Fund Management | 16.02.2024 08:48 Uhr
© Foto von Rodrigo Flores auf Unsplash
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Elfenbeinküste produziert fast die Hälfte des weltweit erzeugten Kakaos. Rund 30% des Gesamtwerts der Exporte dieses Landes entfallen auf die Kakaobranche, in der rund sechs Millionen Menschen beschäftigt sind.
  • Trotz des wirtschaftlichen Potenzials von Kakao leben viele Kakaobauern nur knapp über dem Existenzminimum. 
  • Um den Kakaoanbau nachhaltiger zu gestalten, müssen sich die Regierungen, die Branche und die Investoren gemeinsam um einen grundlegenden und systemischen Wandel bemühen. 
  • Die Bank J. Safra Sarasin ist sich der zentralen Rolle bewusst, die die Investorengemeinschaft bei der Förderung nachhaltiger Kakaolieferketten spielen kann, und beteiligt sich aktiv an der Bewältigung dieser Herausforderungen.

Beim Genuss von Schokolade denken wohl die wenigsten über die Herkunft der Zutaten oder die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Produktion nachDie Bank J. Safra Sarasin hat erkannt, dass die Unterstützung einer verantwortungsvollen Kakaoproduktion von wesentlicher Bedeutung ist und dass Investoren bei der Sicherstellung fairer Lieferketten eine wichtige Aufsichtsfunktion übernehmen können. Deshalb unterstützt sie die Kakaobranche aktiv auf dem Weg zu einem besseren nachhaltigen Leistungsausweis.

Um herauszufinden, wo die Kakaobohnen herkommen, und die Herausforderungen in der Schokoladen-Wertschöpfungskette zu verstehen, begleiteten wir das Schweizer Unternehmen Barry Callebaut, einen der weltweit größten Schokoladenhersteller, für eine Bestandsaufnahme in der Elfenbeinküste. Ziel war es, aus erster Hand zu erfahren, welche wesentlichen Hindernisse einer Verbesserung der langfristigen Nachhaltigkeit der Kakaolieferkette im Wege stehen, und zu überprüfen, wie die Branche konkrete Maßnahmen zu ihrer Beseitigung ergreift.

Dieser Artikel beleuchtet die realen Gegebenheiten der Kakaoproduktion in Westafrika, insbesondere anhand der Situation in der Elfenbeinküste.

Die Kakaoindustrie der Elfenbeinküste: ein Sektor voller Herausforderungen

Beinahe die Hälfte des weltweiten Kakaoangebots wird in der Elfenbeinküste angebaut. Kakao ist für die Wirtschaft des Landes von großer Bedeutung – im Jahr 20221 entfielen rund 30% des Gesamtwerts der Exporte auf die Kakaobranche, in der rund sechs Millionen Menschen beschäftigt sind – und spielt auch aus kultureller Sicht eine wichtige Rolle. Dennoch leben viele Kakaobauern nur knapp über dem Existenzminimum.

In jüngerer Vergangenheit hat sich die Lage der Bauern weiter zugespitzt, da die Ernteerträge sinken, was zum Teil dem Verlust schattenspendender Bäume und niedrigeren Regenfällen geschuldet ist, und es an Arbeitskräften zur angemessenen Bewirtschaftung der Kakaobäume mangelt. Darüber hinaus litt die Elfenbeinküste in den letzten 20 Jahren unter einem Bürgerkrieg und politischen Unruhen. Hinzu kommt, dass die Regierung die Kakaoproduktion streng reguliert, sodass es schwierig ist, Themen wie eine größere Diversifizierung des Anbaus und der Einkommensquellen anzugehen.

Die Speise der Götter anbauen 

Kakao wird überwiegend von unabhängigen Kleinbauern in kleinen Parzellen angebaut. Der Kakaobaum – lateinisch Theobroma cacao, die Speise der Götter – ist für die Schwierigkeit seines Anbaus bekannt. Es dauert fünf bis sechs Jahre, bis ein Baum die ersten Früchte trägt, und eine Frucht ist frühestens nach fünf Monaten erntereif. Um zu gedeihen, brauchen die Pflanzen ein heißes und feuchtes Klima. Daher sollten sie unter höheren Bäumen oder anderen Pflanzen angebaut werden, die sie vor direkter Sonneneinstrahlung schützen.

Quelle: Bank J. Safra Sarasin Ltd, 2024

Die Verarbeitung der Kakaoschoten ist arbeitsintensiv und erfolgt manuell – eine Automatisierung wäre zu komplex. Die Bauern müssen die Schoten von Hand öffnen, um das Fruchtfleisch zu entfernen und es von den Kakaobohnen zu trennen. Nachdem die Bohnen von Rückständen befreit sind, werden sie etwa eine Woche lang zwischen Bananenblättern fermentiert und anschließend in der Sonne getrocknet. Nach dem Trocknen werden die Bohnen in Kooperativen gesammelt und zu Mahlanlagen transportiert, wo sie gereinigt, geröstet, veredelt und schließlich gemahlen werden. Das Ergebnis ist die sogenannte Kakaomasse, die anschließend in Kakaobutter und Kakaopulver getrennt wird. Aus diesen beiden Grundbestandteilen können die Produkte für den Export vorbereitet werden. 

Systemische Probleme und der Weg zu Nachhaltigkeit 

Eine wesentliche Erkenntnis der Erkundungen vor Ort betrifft die Tatsache, dass die Regierungen, die Branche und die Investorengemeinschaft zusammenarbeiten müssen, um einen grundlegenden und systemischen Wandel voranzutreiben, damit Kakao nachhaltiger werden kann, die Kakaobauern ein existenzsicherndes Einkommen erzielen und gleichzeitig die Natur sowie die Rechte benachteiligter Bevölkerungsgruppen geschützt werden.

Steigerung der Ernteerträge zur Verbesserung der Lebensgrundlage. Eines der größten Probleme der Kakaobranche in der Elfenbeinküste sind die rückläufigen Ernteerträge, die in den letzten 20 Jahren von einem Spitzenwert von 700 Kilogramm auf 520 Kilogramm pro Hektar gesunken sind.2 In einem kürzlich veröffentlichten Bericht schätzt Cocoa Barometer, dass die Menge an Kakao, die pro Hektar Land produziert wird, weltweit auf rund 350 Kilogramm zurückgegangen ist, wobei Plantagen in der Regel eine Größe von etwa drei Hektar aufweisen.3

Klimawandel. Zum Rückgang der Erträge trägt auch die Tatsache bei, dass Kakaopflanzen äußerst anfällig auf klimatische Veränderungen reagieren. Der Norden der Elfenbeinküste ist von Wüstenbildung betroffen, was in Verbindung mit der Rodung von Wäldern für den landwirtschaftlichen Anbau eine Verringerung der für den Kakaoanbau zur Verfügung stehenden Fläche zur Folge hat. Werden keine Maßnahmen zur Ertragssteigerung getroffen, etwa durch den Anbau widerstands­fähigerer Kakaosorten, besteht für die westafrikanischen Erzeuger das Risiko, dass die Kakaokäufer zu anderen Lieferanten wechseln. Ecuador und Brasilien beispielsweise bieten optimale Anbaubedingungen.

Quelle: Bank J. Safra Sarasin Ltd, 2024

Kinderarbeit. Kinderarbeit stellt nach wie vor ein tief reichendes Problem in der globalen Schokoladen-Wertschöpfungskette dar. In der Elfenbeinküste ist der Einsatz von Kinderarbeit illegal und wird von offizieller Seite verurteilt. In Plakatkampagnen in Kakao-Kooperativen und -Verarbeitungsstätten wird vor den Gefahren der Kakaoproduktion gewarnt. Die Plakate erinnern daran, welche Aufgaben Kinder nicht übernehmen sollten, etwa den Umgang mit Macheten, schweren Lasten und giftigen Agrochemikalien. Die Realität gestaltet sich jedoch anders.

Externe Beobachter und die Anlegergemeinschaft bringen mindestens seit der Verabschiedung des Harkin-Engel-Protokolls im Jahr 2001, mit dem gegen Kinderarbeit im Kakaosektor vorgegangen werden soll, ihre Besorgnis über die gängige Praxis zum Ausdruck. Doch die Armut behindert die anhaltenden Bestrebungen zur Beseitigung von Kinderarbeit in der Kakaoherstellung.

Das Ausmaß dieses Problems ist enorm. 2020 waren Schätzungen des US Labor Department zufolge allein in der Elfenbeinküste und in Ghana4 1,56 Millionen Kinder in der Branche beschäftigt. Viele von ihnen werden aus anderen Ländern der Region wie Benin, Burkina Faso, Mali und Togo angeworben und arbeiten unter Bedingungen, die die US-Regierung als Zwangsarbeit einstuft.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Anteil am Wert des Endprodukts, den die Kakaobauern erhalten, stark gesunken ist: Während er vor 40 Jahren noch bei rund der Hälfte lag, fließen den Bauern inzwischen weniger als 2% der Gesamteinnahmen des globalen Kakaomarkts von insgesamt 140 Milliarden USD zu. Doch die Armut ist der Hauptgrund dafür, dass die Bauern oft Kinder zur Erntearbeit heranziehen.

Förderung eines positiven Wandels: ein Stakeholder-übergreifendes Unterfangen

Früheren Initiativen gelang es nicht, die Herausforderungen in der Kakaolieferkette zu bewältigen. Die Reise in die Elfenbeinküste hat jedoch deutlich gemacht, dass in der Branche ein allmählicher Übergang zu einem praktischeren Ansatz begonnen hat, der verschiedene Anspruchsgruppen einbindet und mit dem einige der ökologischen, sozialen und Governance-Probleme (ESG-Probleme) im Zusammenhang mit der Kakaoproduktion angegangen werden sollen.

Barry Callebaut und mehrere seiner Kunden aus der Schokoladenbranche arbeiten an zahlreichen Pilotprojekten zur Behebung dieser Missstände. Ziel dabei ist, durch bessere Bewässerungstechniken, Düngung und eine Diversifizierung des Anbaus die Ernteerträge zu steigern. Den teilnehmenden Bauern wird angeboten, schattenspendende Bäume wie afrikanische Walnuss-, Avocado-, Cashew- und Akpi-Bäume zu pflanzen. Das Unternehmen hilft den Bauern unmittelbar vor Ort, indem es beispielsweise das mühsame und mitunter gefährliche Beschneiden der Kakaobäume übernimmt. Dadurch ist es zu einer praktischen Unterstützung übergegangen, die auch darauf abzielt, die Kinderarbeit bei gefährlichen Farmarbeiten zu verringern.

Die Schokoladenbranche hat im Rahmen dieser Bemühungen eigene Zertifizierungsprogramme lanciert, darunter «Forever Chocolate»,5 das Programm für Nachhaltigkeitszertifizierung von Barry Callebaut. Das Unternehmen verfolgt damit vier Ziele: 500.000 Bauern aus der Armut zu helfen, bis 2025 Kinderarbeit aus seiner Lieferkette zu beseitigen, spätestens 2030 ausschließlich nachhaltige Inhaltsstoffe zu verwenden und bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen. Der Erfolg der Initiative ist weitgehend auf die Nachfrage nach nachhaltigen Kakaoprodukten zurückzuführen, wodurch den Bauern höhere Preise für den von ihnen produzierten Kakao gezahlt werden können.

Quelle: Bank J. Safra Sarasin Ltd, 2024

Barry Callebaut hat erkannt, dass sich einige der grundlegenden Probleme für die Kakaobranche in der Elfenbeinküste nur mit einem kooperativen Ansatz lösen lassen. Daher will das Unternehmen gemeinsam mit anderen Kakaoproduzenten seine Verhandlungsposition nutzen, um zur Bewältigung einiger politischer Herausforderungen in den kakaoproduzierenden Ländern beizutragen.

Unsere Rolle als Investoren

Investoren können ihren Teil beitragen, indem sie sich an gemeinschaftlichen Investoreninitiativen beteiligen oder direkten Kontakt zu den Unternehmen suchen und dabei eine Aufsichtsfunktion für dieses komplexe Thema übernehmen, dessen Spektrum von der Verhinderung von Kinderarbeit bis zur Bekämpfung der Entwaldung reicht.

J. Safra Sarasin Sustainable Asset Management nutzt Stewardship-Aktivitäten, um direkt Einfluss auf die Unternehmen zu nehmen, in die investiert wird. Das Stewardship-Team erkannte, dass sich die besten Engagementergebnisse durch die Beeinflussung der Unternehmensleitungen erzielen lassen, was langfristige Beziehungen zu den Unternehmen voraussetzt. Das Unternehmen führt einen laufenden Dialog in Bezug auf Kakaozertifizierung, Kinderarbeit und Entwaldung, um die Fortschritte der Nachhaltigkeitsprogramme in kakaoproduzierenden Ländern zu überwachen.

Unsere Engagementstrategie konzentriert sich auf die Kontrolle der Fortschritte über mehrere Jahre. Dabei werden definierte Meilensteine überprüft, um die erzielten Verbesserungen zu messen. Bei Engagements ist Beständigkeit von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Bemühungen nachhaltig und langfristig wirksam sind. Um positive Veränderungen voranzutreiben, sind zudem einheitliche und beständige Praktiken unabdingbar. Sie ermöglichen dem Investor, Entwicklungen wirksam zu überwachen, Strategien bei Bedarf anzupassen und dabei fundierte Entscheidungen zu treffen, die das übergeordnete Ziel eines nachhaltigen Wachstums in der Kakaobranche unterstützen.

Dieser Stewardship-Ansatz soll den Unternehmen auch dabei helfen, für mehr Transparenz hinsichtlich ihrer wesentlichen Nachhaltigkeitsherausforderungen und -initiativen zu sorgen. Transparenz ist für eine wirksame Anlegeraufsicht unerlässlich und ermöglicht eine faire Bewertung nicht-finanzieller Aspekte im Anlageprozess. Dies hat wiederum zum Ziel, die negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen zu mindern und ein nachhaltiges Wachstum zu fördern.

Wenngleich diese Ansätze keine unmittelbare Lösung für ein äußerst komplexes und vielschichtiges Problem darstellen, so werden die Bestrebungen um eine nachhaltigere Kakaoproduktion dazu beitragen, die Missstände, von denen die Bauern betroffen sind, zu mindern.

Einen nachhaltigen Weg in die Zukunft finden

Bemühungen um eine nachhaltigere Kakaoproduktion sind von entscheidender Bedeutung, um die Lebensgrundlagen der Bauern zu verbessern und die langfristige Überlebensfähigkeit der Branche zu sichern. Obwohl nach wie vor zahlreiche Herausforderungen bestehen, tragen die gemeinsamen Bemühungen der verschiedenen Anspruchsgruppen wesentlich dazu bei, die Kakaobranche nachhaltiger zu gestalten und damit die negativen Auswirkungen auf die Bauern wie auch die Umwelt zu mindern.

Von Julia Wittenburg, Head Active Ownership bei Bank J. Safra Sarasin 

1 World’s Top Exports, Ivory’s Coast Top 10 Exports, 2022

2 Our World in Data, Cocoa bean yields 1961 to 2021

3 Cocoa Barometer 2022.

4 US Department of Labor, Child Labor in the Production of Cocoa, 2020. 

5 Barry Callebaut sharpens sustainability targets, 10 May 2023.

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