Halbleiterbranche im Aufwind: KI und lokale Produktion als Treiber

DJE Kapital AG | 25.04.2024 08:43 Uhr
Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research und Portfoliomanagement bei DJE Kapital AG / © e-fundresearch.com / DJE Kapital AG
Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research und Portfoliomanagement bei DJE Kapital AG / © e-fundresearch.com / DJE Kapital AG

Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit das dominierende Thema im Technologiesektor. Neue, schnelle Datenzentren erfordern enorme Investitionen. So haben kürzlich Microsoft und OpenAI angekündigt, 100 Milliarden US-Dollar in ein KI-Rechenzentrumsprojekt zu investieren. Davon profitiert vor allem NVIDIA mit seinen Hochleistungsprozessoren (GPUs), aber auch die gesamte Halbleiterbranche. Schnelle Speicherchips (sogenannte HBM, High Bandwidth Memory) werden entwickelt, wovon Speicherchiphersteller wie zum Beispiel Samsung profitieren.

Besonders interessant erscheint der Markt für Halbleiterausrüstung bzw. für Maschinen zur Fertigung der KI-Chips. Zudem kommen neben der KI mehrere Faktoren wie die zunehmende Kapitalintensität (Halbleiterherstellung wird immer komplexer) sowie der Aufbau lokaler Produktionsstätten (um die Abhängigkeit von Taiwan zu reduzieren) zusammen, die zu einem strukturell überdurchschnittlichen Wachstum führen könnten.

Neue Fertigungskapazitäten und strategische Expansionen

Trotz des aktuellen KI-Hypes war das Jahr 2023 ein schwieriges Jahr für die Halbleiterbranche. Laut der Semiconductor Industry Association (SIA) schrumpfte der Markt für Maschinen zur Halbleiterfertigung WFE (Wafer Fab Equipment) um acht Prozent, hielt sich damit jedoch besser als der gesamte Halbleitermarkt, der um 16 Prozent einbrach (siehe Tabelle). 2024 dürfte noch ein Übergangsjahr werden. Wir sollten uns in der Nähe der Talsohle befinden und ab der zweiten Jahreshälfte dann im Aufschwung. Die SIA prognostiziert ein Wachstum von zwei Prozent in diesem und acht Prozent im nächsten Jahr. Hier kommen mehrere Faktoren zusammen: Neue Produktionskapazitäten für KI-Chips werden benötigt. Zudem dürfte die Erholung im Speicherchip-Segment nach Jahren geringer Investitionen der Speicherchip-Produzenten zu einer starken Nachfrage vor allem beim Kapazitätsausbau für schnelle DRAM-Speicherchips (HBM) führen. Ferner werden weltweit neue lokale Chipfabriken geplant, um die Abhängigkeit von Taiwan – ein Großteil der Halbleiter wird dort hergestellt - zu reduzieren. Mit hohen Subventionen wird versucht, führende Halbleiterproduzenten wie beispielsweise TSMC oder Samsung für Standorte im eigenen Land zu gewinnen. Die USA haben mit dem „Chip Act“ ein 52 Milliarden-US-Dollar-Programm und Europa ein 43 Milliarden-US-Dollar-Programm zum Aufbau lokaler Fertigungsstätten beschlossen. Dank großzügiger Subventionen will beispielsweise Samsung 44 Milliarden US-Dollar in ein neues Werk in Texas investieren (nahezu eine Verdreifachung der ursprünglichen Planung) und TSMC bis zu 40 Milliarden US-Dollar in ein neues Werk in Arizona. In Deutschland investiert ein US-Halbleiterhersteller mehr als 30 Milliarden Euro, davon 9,9 Milliarden Euro an staatlichen Fördermitteln, in Magdeburg. Der Aufbau neuer lokaler Fertigungskapazitäten dürfte daher ab dem nächsten Jahr zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Maschinen zur Halbleiterfertigung führen: Ist der Bau einer neuen Fabrik erst einmal beschlossen, muss sie auch anschließend mit Maschinen ausgestattet werden. Vor diesem Hintergrund erscheint die Wachstumsprognose der SIA von acht Prozent eher zu konservativ, zumal der Abschwung im Jahr 2023 außergewöhnlich stark ausfiel und das Wachstum im Aufschwung bislang immer deutlich höher war: in den letzten beiden Zyklen +14 Prozent im Jahr 2016 und +16 Prozent im Jahr 2020.

Dynamisches Wachstum trotz technologischer Herausforderungen

In einem ohnehin schon überdurchschnittlich wachsenden Halbleitermarkt wächst die Ausrüstungssparte noch einmal deutlich schneller. Laut SIA wuchs diese im Zeitraum 2014 bis 2023 um durchschnittlich elf Prozent, während der Halbleitermarkt nur um vier Prozent pro Jahr zulegte. Immer kleinere Strukturen (heutzutage sind bei TSMC bereits zwei Nanometer möglich) haben die Halbleiterfertigung an ihre physikalischen Grenzen gebracht. Nicht zuletzt die Belichtung der Schaltkreise (Lithographie) ist extrem aufwändig geworden. Extrem ultraviolette Strahlung (EUV) mit einer Wellenlänge von nur 13,5nm ist erforderlich. Eine derartige Maschine kostet weit über 100 Millionen US-Dollar. Die immer komplexere Herstellung hat dazu geführt, dass die Halbleiterproduktion auch immer kapitalintensiver geworden ist. Nur noch wenige Unternehmen wie beispielsweise Samsung verfügen über eine eigene Fertigung. Die meisten Chipunternehmen, darunter auch NVIDIA, haben ihre Produktion inzwischen ausgelagert. Neben der immer kapitalintensiveren Fertigung dürfte der Aufbau neuer lokaler Kapazitäten in den USA und Europa zu einem strukturell höheren Wachstum führen.

Wenige Großanbieter dominieren den Markt

Der Markt ist inzwischen stark konsolidiert und konzentriert sich im Wesentlichen auf fünf große Anbieter. Mit einer Marktkapitalisierung von 350 Milliarden Euro ist ASML mittlerweile der größte Wert. Die Niederländer haben eines der wenigen europäischen Vorzeigeunternehmen im Technologiesektor aufgebaut. Mit einem Marktanteil von über 80 Prozent hat ASML nahezu eine Monopolstellung im Bereich der Lithographie. Das Unternehmen profitierte in den letzten Jahren von einem überdurchschnittlichen Wachstum (durchschnittlich 15% p.a. in den letzten fünf Jahren), da die Umstellung auf EUV der technisch anspruchsvollste Prozess innerhalb der Halbleiterfertigung ist. Daher genießt ASML aktuell eine Prämie gegenüber dem Sektor. Die Umstellung auf EUV ist nun erfolgt, und die neue Generation an Maschinen ist nicht mehr so extrem anspruchsvoll, was dazu führen könnte, dass andere Prozesse in der Backend-Fertigung, zum Beispiel das sogenannte Packaging, also das Einbringen eines Gehäuses und die elektrische Kontaktierung, in den Fokus rücken und ASML somit künftig eher wieder im Gleichschritt mit dem Sektor wachsen könnte. Tokyo Electron gehört zu den Unternehmen, die in den beiden wichtigen Prozessen Waferbeschichtung mittels Ätzen (Etching) und mittels Gasphasenabscheidung (Chemical Vapor Deposition, kurz CVD) vertreten sind. Tokyo Electron profitiert von der aktuell anhaltenden Yen-Schwäche, hat aber bereits eine hohe Bewertungsprämie (KGV 28 für 2025 vs. Peer 24). Bei allen Anbietern in diesem Bereich hat das zum Teil wiederkehrende Servicegeschäft zu einer gewissen Gewinnstabilität im Krisenjahr 2023 geführt, wenngleich das Geschäft volatil und konjunktursensitiv bleibt.

Langfristige Investitionschancen und die schwierige Frage nach dem Ausstieg

Auf Sicht von einem Jahr haben sich bereits alle Aktien gut entwickelt (und z. T. sogar nahezu verdoppelt, wie z.B. Tokyo Electron). Dennoch könnte weiteres Kurspotenzial vorhanden sein. Zum einen stehen wir erst am Anfang eines Aufschwungs, der in der Regel drei Jahre dauert. Zum anderen erscheinen die Markteinschätzungen eher konservativ. So rechnet die SIA für das Jahr 2025 nur mit einem Wachstum von acht Prozent, was deutlich unter den üblichen Wachstumsraten in Aufschwungphasen der Vergangenheit liegt. Einige Sonderfaktoren wie KI und der Aufbau lokaler Produktionsstätten sprechen sogar eher dafür, dass der Aufschwung diesmal stärker ausfällt und möglicherweise länger anhält. Es ist zugleich schwierig, den genauen Zeitpunkt des Ausstiegs zu bestimmen. Häufig werden Abschwungphasen bereits sehr früh antizipiert (ca. 18 Monate im Voraus), was bedeuten würde, dass der jetzt beginnende Aufschwung in der Regel in drei Jahren endet, also Mitte 2027. Letztendlich ist das genaue Timing sehr schwierig, und Investitionen in gute Unternehmen sollten einen langen Zeithorizont haben. Langfristig dürften jedoch alle Halbleiterausrüster am strukturellen Wachstum partizipieren.

Fazit: Wachstumstreiber KI und lokale Fertigung stützen Halbleitermarkt

Halbleiterausrüstungsaktien sind zwar bereits stark gestiegen, könnten aber noch weiteres Kurspotential besitzen, da wir uns erst am Anfang des Aufschwungs befinden, der in der Regel drei Jahre andauert. Zudem könnte diesmal der Aufschwung stärker ausfallen und möglicherweise länger anhalten, während die aktuellen Marktschätzungen noch von einem unterdurchschnittlichen Wachstum ausgehen. Dafür sprechen zumindest einige Sonderfaktoren wie KI sowie der weltweite Aufbau von lokalen Chipfabriken. Die Aktien sind jedoch sehr volatil, und Anlegerinnen und Anleger sollten den Sektor daher genau beobachten.

Von Hagen Ernst, Stellvertretender Leiter Research und Portfoliomanagement bei DJE Kapital AG

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