Interview: "Die Risikoprämien sind hoch genug, um Ausfälle zu absorbieren"

Wo liegen in Zeiten von Inflation und Zinssorgen die besten Anlagemöglichkeiten? Darüber spricht Nils Hemmer, Carmignac-Leiter für Deutschland und Österreich, mit Florian Viros, Carmignac-Fondsmanager im Team für Unternehmensanleihen. Warum Laufzeitfonds besonders geeignet sind und wie die Fondsmanager den Carmignac Credit 2029 gegen Ausfälle absichern, erfahren Sie hier. Carmignac | 29.12.2023 09:00 Uhr
Nils Hemmer, Carmignac-Leiter für Deutschland und Österreich im Gespräch mit Florian Viros, Carmignac-Fondsmanager im Team für Unternehmensanleihen / © e-fundresearch.com / Canva / Carmignac
Nils Hemmer, Carmignac-Leiter für Deutschland und Österreich im Gespräch mit Florian Viros, Carmignac-Fondsmanager im Team für Unternehmensanleihen / © e-fundresearch.com / Canva / Carmignac

Nils Hemmer: Das Zinsumfeld, sowohl bei Staatsanleihen als auch bei Unternehmensanleihen, steht vor epochalen Veränderungen. Wie wirkt sich das auf deine Arbeit aus?

Florian Viros: Die Renditen in den High-Yield-Märkten liegen aktuell bei 7,3 Prozent, was ein sehr hohes Niveau ist, wenn man es mit den vergangenen zehn Jahren vergleicht. Die Kreditprämien sind etwas gesunken, liegen aber trotzdem auf einem guten Niveau, durch das die Kosten gedeckt werden können. Das sind allerdings nur Durchschnittswerte. Die Komplexitätsprämien sind beispielsweise sehr hoch, was die Märkte gerade für Bondpicker sehr attraktiv macht. Diese haben in einer Vielzahl von Segmenten sehr gute Anlagechancen.

Unsere Laufzeitfonds konnten eine Milliarde Euro an Nettomittelzuflüssen verzeichnen und funktionieren aktuell sehr gut. Vielleicht kannst du noch einmal erklären, warum es sich im aktuellen Zinsumfeld lohnt, in einen solchen Laufzeitfonds zu investieren?

Viros: Laufzeitfonds sind Produkte, die sehr einfach zu verstehen sind. Sie bieten ein Profil an, das dem einer einzelnen Anleihe ähnelt, aber gleichzeitig eine hohe Diversifizierung bietet. Das heißt, die fundamentalen Kreditrisiken sind breit gestreut. Für Anleger bedeutet das, dass sie weniger Kreditrisiko tragen. Darüber hinaus sind die Renditen planbar. Das heißt, wenn wir Laufzeitfonds auflegen, dann zieht man von der Bruttorendite die Risikokosten und die Gebühren ab und das ist dann im Endeffekt die Nettorendite, die der Endinvestor auch nachvollziehen kann.

Lass uns über das Risikoprofil sprechen. Welchen Vorteil hat es, wenn ich ein festes Enddatum habe?

Viros: Die eigene Finanzplanung spielt hier eine große Rolle. Wenn man das investierte Kapital in einigen Jahren für andere Ziele braucht, sind Laufzeitfonds durchaus geeignet und auch sehr kompetitiv gegenüber anderen Finanzprodukten wie beispielsweise auch Festgeldkonten. Wir erzielen mit unseren Laufzeitfonds im Moment Renditen, die bei einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren zwischen 7 und 7,5 Prozent p.a. liegen.

Und kann ich auch schon in etwa erwarten, wie es in den nächsten Jahren sein wird? Habt ihr dafür Prognosen?

Viros: Wir kennen die heutige Rendite und mit der Zeit verringern sich die Unsicherheit, die Volatilität, potenzielle Marktschwankungen. Von daher spielt die Zeit für Investoren.

Das klingt gut. Was mich noch interessieren würde, bevor wir gleich über die Besonderheiten unserer einzelnen Laufzeitfonds sprechen, ist, wie ihr im Team zusammenarbeitet. Ich glaube, das gibt uns einen guten Eindruck davon, was bei den Anleihefonds von Carmignac anders läuft.

Viros: Im Team für Unternehmensanleihen arbeiten Pierre Verlé, Alexandre Deneuville und ich seit 2015 sehr erfolgreich zusammen. Wir sind zuständig für die Unternehmensanleihen von Carmignac, nicht nur für die Fonds, und von daher haben wir einen Ansatz, der sehr flexibel ist, sehr benchmarkunabhängig. Und dieser Ansatz, den wir auch erfolgreich für die Mischfonds umgesetzt haben und für unseren Carmignac Portfolio Credit Fonds (ISIN: LU1623762843), diese Philosophie haben wir auch auf die Laufzeitfonds übertragen. Und wenn man sich das Universum der Laufzeitfonds anschaut, dann ist das schon einzigartig und das zeigt sich ja auch bei der Performance im Endeffekt.

Unternehmensanleihen spielen bei Carmignac eine große Rolle. Inzwischen verwalten wir 10 Milliarden in diesem Bereich. Kannst du noch einmal etwas zu eurem Hintergrund, zu eurer Expertise sagen. Wir haben auch Kunden, die fragen, ob man so eine Anlage nicht auch passiv erstellen kann. Deswegen ist euer Skillset bestimmt auch interessant.

Viros: Ja, wir verfügen über ein vielfältiges Skillset im Team. Pierre Verlé hat eine besondere Expertise im Bereich Unternehmensrestrukturierung, Insolvenzmanagement, Ausnahmesituationen. Alexandre Deneuville hat auch in einem Hedgefonds, einem Aktienfonds, gearbeitet und deshalb eine besondere Expertise in der Analyse von Geschäftsmodellen. Ich persönlich bin Experte im Bereich strukturierte Kredite, da ich vor Carmignac in Großbanken in dem Bereich gearbeitet habe. Von daher können wir in einem großen Universum von Kreditsegmenten investieren, da wir über das nötige Know-how verfügen. Das ist bei anderen vielleicht anders.

Werfen wir nun einen Blick auf die Leistungsbilanz. Inzwischen gibt es ja auch passive Produkte in dem Bereich mit deutlich niedrigeren Management Fees. Da werden sich einige fragen: Lohnt es sich, das aktiv zu machen?

Viros: Ja, das ist eine sehr spannende Frage. Wir haben unseren ersten Laufzeitfonds Ende 2020 aufgelegt und verfügen hier jetzt über einen Track Record, auf den wir zurückblicken können, und es gibt Laufzeitindizes, die als Referenz dienen können.

Diese Indizes mit Laufzeit bis 2026 beziehungsweise 2028 haben wir für unsere Grafik verwendet (graue Linien) und sie mit unseren Laufzeitfonds verglichen (blaue Linien). Bei unserem Laufzeitfonds Carmignac Credit 2025 sieht man, dass dieser jetzt im positiven Territorium liegt, während die Laufzeitindizes, die sogar über eine längere Laufzeit verfügen, noch im stark negativen Territorium liegen, nämlich bei knapp -7,5 Prozent.

Ich denke, das ist wirklich eine eindrucksvolle Leistungsbilanz, die ihr da hinbekommen habt und die dann sicher auch für die Unterschiede bei den Nettomittelzuflüssen sorgt. Was wir oft mit Kunden diskutieren, sind zwei Dinge. Zum einen, wenn man sich auch den Konjunkturausblick anschaut, wie wirken sich diese Erwartungen auf die Ausfallraten aus? Und dann auch die Frage, wenn man auf Laufzeitfonds schaut, kann es auch sein, dass sich Anleihen darin befinden, mit einer längeren Laufzeit als die des Fonds?

Viros: Der erste Punkt ist etwas komplex. Wir hatten in der Vergangenheit aufgrund der Politik der Zentralbanken reichlich Liquidität in den Märkten. Von daher war die Situation hier außergewöhnlich. Ich erinnere, dass wir extrem niedrige Ausfälle im High-Yield-Bereich gesehen haben. Diese Ausfälle werden ansteigen. Allerdings sind die Risikoprämien im Markt hoch genug, dass man diese Ausfälle gut absorbieren kann. Also wir gehen nicht davon aus, dass die Ausfälle auf das Niveau von 2008/2009 steigen werden. Dennoch erwarten wir einen moderaten Anstieg von Ausfällen. Wir haben im Portfolio allerdings gute fundamentale Werte, die uns auch gegen die Risiken steigender Ausfälle absichern. Von daher operieren wir bereits auf der Basis, dass die Ausfälle auf jeden Fall steigen werden.

Zum Thema Liquiditätsmanagement: Für uns ist es ein größeres Problem, wenn wir zu viele Refinanzierungen haben, wo wir ein größeres Reinvestitionsrisiko eingehen. Wir müssen das fein balancieren, dass wir nicht zu viel Risiko eingehen mit Anleihen, die wir nach dem Fälligkeitsdatum zurückzahlen werden, dürfen aber auch nicht zu früh dran sein. Von daher führen wir eine sehr gründliche und wirtschaftliche Analyse durch, wann die Anleihen im Portfolio zurückgezahlt werden.

Kannst du uns noch ein paar Kernthemen zum Carmignac Credit 2029, dem dritten Laufzeitfonds nach dem Carmignac Credit 2025 und dem Carmignac Credit 2027 nennen?

Viros: Gerne. Der Carmignac Credit 2029 ist unser neuer Laufzeitfonds. Er hat ein Investment-Grade-Rating und ist nach Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert. Die Bruttorendite des Portfolios beträgt circa 7,5 Prozent vor Gebühren, was sehr anständig ist. Wenn wir Laufzeitfonds auflegen, machen wir das nur, wenn das für uns aus Marktopportunitätsgründen Sinn ergibt. Wir verfolgen hier einen flexiblen und aktiven Ansatz, der auch zur Performance beiträgt.

Findet ihr noch genügend Bonds zu guter Bonität, die euch helfen, eine solche Rendite darzustellen?

Viros: Ja, auf jeden Fall, das Rating ist für uns nur ein Indikator. Wir investieren nicht auf der Basis von Ratings, wir investieren auf der Basis unserer eigenen Analyse. Es gibt durchaus Marktsegmente, in denen wir mit einem Rating von BBB- sehr hohe Renditen erzielen können. Ein Beispiel sind strukturierte Kredite. Wenn man genügend Flexibilität hat, gibt es genügend Opportunitäten in den Märkten.

Auf welche Themen setzt der Fonds besonders?

Viros: Eines der Kernthemen im Fonds sind Finanzen. Höhere Zinsen heißen für Banken höhere Einnahmen. Das bedeutet, mehr Einkommen, um mögliche Risikokosten zu decken. Es heißt aber auch, mehr Einkommen, um die Bilanzen der Banken zu stärken. Das ist für uns ein Segment, das wir interessant finden und mit dem wir die Risiken mindern und die Krediterträge maximieren. Ein weiteres Segment ist Energie. Die Energiekonzerne profitierten von den höheren Rohstoffpreisen. Als Kreditgeber hat man durch diese Bilanzverstärkung deshalb weniger Risiko. Hinzu kommen strukturierte Kredite, die variable verzinslich sind, und idiosynkratische Opportunitäten.

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