Rentenmärkte 2024: Ein Hoch auf die Langeweile

Union Investment | 05.12.2023 10:39 Uhr
Christian Kopf, Leiter Portfoliomanagement Renten, Union Investment / © e-fundresearch.com / Union Investment
Christian Kopf, Leiter Portfoliomanagement Renten, Union Investment / © e-fundresearch.com / Union Investment

Wie immer ist der Blick auf das neue Jahr am Kapitalmarkt mit Hoffnungen und Sorgen verbunden. Auch das Marktumfeld im Jahr 2024 birgt große Unsicherheiten: Die Wahlen in den USA werfen ihre Schatten voraus, die Rohstoffmärkte könnten erneut Ausschläge verzeichnen und es bleibt abzuwarten, ob der Sinkflug der Inflation anhält. Doch bei all diesen Unsicherheiten hat sich die Ausgangslage für die Rentenmärkte im Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie und vor der Zinswende in zwei wesentlichen Punkten deutlich verbessert. Zum einen starten sie mit einer attraktiven Verzinsung ins neue Jahr, die in allen Segmenten über unserer Inflationserwartung liegt. Wir haben dadurch einen vergleichsweise hohen Puffer, durch den ein positiver Anlageerfolg sehr viel wahrscheinlicher wird, selbst wenn es zu einem erneuten Renditeanstieg käme. Zum anderen sollten die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihre Leitzinsanhebungen abgeschlossen haben. Damit dürfte das nächste Rentenjahr zwar langweiliger als die Vorjahre werden, aber das ist aus Portfoliosicht gar nicht schlecht.

Kernfrage: Wie lange bleiben die Zinsen hoch?

Im neuen Jahr geht es nicht mehr um die Frage, wie stark die Leitzinsen noch ansteigen, sondern darum, wie lange sie auf dem nun erreichten Niveau verharren, bevor sie wieder sinken. Neben dem attraktiven Kapitalertrag könnte es dadurch auch zu Kursgewinnen an den Rentenmärkten kommen. Woraus leiten wir das ab? Werfen wir einen Blick auf die Ausgangssituation: Die Leitzinsen der führenden Notenbanken haben 2023 unserer Ansicht nach den Höhepunkt erreicht. Weitere kräftige Zinsanhebungen und damit geldpolitisch induzierte Kursverluste von Anleihen sind folglich unwahrscheinlich.

Das hat wesentlich mit dem wirtschaftlichen Umfeld zu tun. Nach einer längeren Sonderkonjunktur durch nachgeholte Konsumausgaben sind die während der Corona-Pandemie angesammelten Ersparnisse nun aufgebraucht. Damit verliert der Konsum an Dynamik, was die Abwärtsrisiken für die Konjunktur erhöht. Da der Arbeitsmarkt weiter robust ist, sehen wir aber nur begrenzte Risiken. Unsere Volkswirte erwarten in den USA eine „sanfte Landung“ mit einer Stagnation im zweiten Halbjahr 2023 und einer leichten Belebung im Jahr 2024. Daher rechnen wir erst ab dem zweiten Quartal 2024 mit ersten Zinssenkungen durch die Fed.

Für den Euroraum sind die Aussichten mit Blick auf das Wachstum weniger günstig. Das Inflationsniveau bleibt wegen der höheren Energiepreise in vielen Ländern erhöht. Damit ist das Umfeld für Zinssenkungen weniger klar gegeben als in den USA. EZB-Präsidentin Christine Lagarde legte bereits im März dar, welche Faktoren für ihre Geldpolitik ausschlaggebend sind: Erstens, dass die mittelfristige Inflationsprognose der Notenbankexperten auf das Ziel von zwei Prozent fällt und während des Prognosezeitraums nicht erneut steigt. Zweitens ein weiterer Rückgang beim zugrundeliegenden Preisdruck und drittens hinreichend Belege dafür, dass die Zinserhöhungen auf die Realwirtschaft übertragen werden. Erst wenn alle Bedingungen erfüllt sind, wird die EZB die Zinsen wieder senken. Das könnte nach unserer Einschätzung im zweiten Halbjahr 2024 der Fall sein. 

„Die hohen Kupons bei Anleihen versprechen auskömmliche Erträge und einigen Puffer gegen Kursverluste.“- Christian Kopf    

Insgesamt haben wir es mit einem vielversprechenden Umfeld für Anleihen zu tun, allerdings sind wir bei Titeln mit sehr langer Laufzeit noch etwas vorsichtig. Ein Grund dafür ist, dass sich die Notenbanken komplett aus der Finanzierung der Staaten zurückziehen. Damit fällt ein wichtiger Käufer am Markt weg. Nicht nur das: Die Platzierungen am Markt werden im Jahr 2024 unter dem Strich zunehmen, weil einige Staaten gleichzeitig einen höheren Finanzierungsbedarf haben. Nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gilt dies besonders für die USA und China. Darum empfiehlt es sich, vor allem die Auktionsdaten für US-Staatsanleihen im Blick zu behalten. In deren Umfeld könnte es je nach Nachfragesituation zu größeren Schwankungen kommen, weil die Marktliquidität seit dem Wegfall der Notenbankkäufe und dem Rückzug eines Teils der wichtigen Käuferschaft aus China gesunken ist.

Als Folge davon bestehen Aufwärtsrisiken für die Renditen am langen Ende der Laufzeitenkurve. Anleger könnten eine höhere Risikoprämie für längere Laufzeiten verlangen. Auch die angekündigte, schrittweise geldpolitische Normalisierung in Japan verleiht den globalen Staatsanleiherenditen tendenziell etwas Auftrieb. Da die globalen Märkte miteinander vernetzt sind, könnte dies auch auf Bundesanleihen überschwappen.

Mittlere Laufzeiten bei Staatsanleihen und Covered Bonds sind attraktiv

Dieser Aufwärtsdruck auf die langlaufenden Renditen, verbunden mit ersten Leitzinssenkungen, welche die kurzfristigen Renditen beeinflussen, sollte letztlich wieder zu einer Normalisierung der Zinsstrukturkurve führen. Wir erwarten, dass die Renditen kurzlaufender Anleihen noch für einige Monate über denen von Papieren mit längerer Laufzeit liegen werden. Das Zinsänderungsrisiko von sehr langlaufenden Anleihen wird derzeit aber noch nicht angemessen entschädigt. Deshalb setzen wir weiterhin auf mittlere Laufzeiten. Dort ist eine positive Asymmetrie zwischen Chance und Risiko vorhanden: Wenn die Inflation hartnäckig bleibt, werden die Zentralbanken die Leitzinsen auf einem verhältnismäßig hohen Niveau belassen, was einen attraktiven Kapitalertrag ermöglicht. Wenn die Inflation hingegen rasch fallen sollte, winken nächstes Jahr Zinssenkungen und Kursgewinne. Fünfjährige Anleihen versprechen also stabile oder steigende Kurse unter sehr vielen Szenarien.

Eine attraktive Alternative zu Staatsanleihen aus Kerneuropa sind die Covered Bonds – in Deutschland als Pfandbriefe bekannt. Sie bieten einen interessanten Renditeaufschlag bei vergleichbarer Sicherheit und eignen sich als „sicherer Hafen“. Auch unter den Staatsanleihen der Eurozonen-Peripherie gibt es interessante Anlagemöglichkeiten. Wir bevorzugen hier aufgrund der deutlich verbesserten Schulden- und Fiskalsituation portugiesische Titel.

Titelauswahl bei Unternehmensanleihen entscheidend

Bei Unternehmensanleihen gehen wir von einer gegenläufigen Bewegung von Renditeaufschlägen und Renditen aus, was die Kursbewegungen in beide Richtungen mindern dürfte. Sollte es zu einer Rezession kommen, könnten die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen mit schwächerer Kreditqualität ansteigen. Auf der anderen Seite dürfte eine starke Konjunkturschwäche zu einem schnelleren Rückgang der Teuerung und zu vorgezogenen, schnelleren Zinssenkungen führen, was auch die Renditen von Staatsanleihen nach unten drücken sollte. Diese beiden Effekte könnten sich weitgehend ausgleichen, weshalb wir auch bei Abwärtsrisiken für die Konjunktur einen positiven Anlageerfolg auf Unternehmensanleihen erwarten.

In der jetzigen Phase der wirtschaftlichen Abkühlung gewinnt allerdings die Titelauswahl besonders an Bedeutung, da einige Firmen unter steigenden Finanzierungskosten leiden, wie etwa im Bereich der Erneuerbaren Energien bereits zu sehen war. Wir bevorzugen Emittenten mit guter Bonität, wozu in erster Linie große Konzerne zählen. Hier sind die gestiegenen Finanzierungskosten durch die Bilanzstärke gut kompensierbar. Wir sind überzeugt, dass das Marktumfeld auf Einzeltitelebene durch eine vernünftige Auswahl gut zu handhaben sein sollte und wir trotz der hohen Unsicherheit die Kupons vereinnahmen können.

Fazit: Ein Hoch auf die Langeweile!

Für 2024 erwarten wir viele Unwägbarkeiten, aber in Summe stabile Erträge. Das kommende Anlagejahr dürfte damit deutlich langweiliger werden als das Jahr der Zinswende 2022 mit starken Kursverlusten oder das ablaufende Jahr, in dem die Renditen weiter hochgeklettert sind. Langweilig muss aus Portfoliosicht aber nicht schlecht sein: Die hohen Kupons versprechen angesichts einer rückläufigen Inflation auskömmliche Erträge. Zudem bieten sie nun einigen Puffer gegen Kursverluste, sollten die Zinsen aufgrund einer robusten Konjunktur unerwarteterweise doch weiter anziehen.

Von Christian Kopf, Leiter Portfoliomanagement Renten, Union Investment

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