Berichtssaison: Gewinn-Momentum nimmt ab

Die gemeldeten Unternehmensergebnisse fungieren bislang als verlässliche Aktienmarktstütze. Aber: Das globale Gewinn-Momentum nimmt ab. Besonders Unternehmen mit Preissetzungsmacht können trotz der gestiegenen Inputkosten solide Ergebnisse und Margen vorweisen. Dementsprechend gewinnen unternehmens-spezifische Faktoren an Bedeutung. Union Investment | 19.04.2022 19:00 Uhr
© Photo by LOGAN WEAVER | @LGNWVR on Unsplash
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Aktienmärkte hatten 2022 bereits einiges zu verdauen: Krieg in der Ukraine, Ölpreise weit über 100 US-Dollar je Fass, fast zweistellige Inflationsraten und falkenhaftere Zentralbanken haben auf den Notierungen gelastet. Und dennoch stehen die globalen Börsen nur rund sieben bis acht Prozent unter den Allzeithochs. Eine wesentliche Stütze waren die Gewinne der Unternehmen. Denn: Ungeachtet der Belastungsfaktoren ist die Ertragslage überwiegend gut – bis jetzt. Die Berichtssaison für das erste Quartal ist nun gestartet und daher ist es nicht verwunderlich, dass die Markteilnehmer gespannt auf „frische“ Nachrichten aus den Unternehmen warten.

Globale Gewinnrevisionen auf 18-Monatstief

Aller Unsicherheit zum Trotz haben sich die Gewinnschätzungen der Analysten für den globalen Aktienmarkt seit Jahresanfang kaum verändert. Das maskiert jedoch die deutlichen sektoralen und stilistischen Unterschiede unterhalb der Oberfläche. Zudem liegen die globalen Gewinnrevisionen mittlerweile auf einem 18-Monatstief, spiegeln also das nachlassende wirtschaftliche Momentum (z.B. gemessen an den Einkaufsmanagerindizes) stärker wider. Gewinnrevisionen, die definiert sind als Differenz zwischen den Auf- und Abwertungen im Verhältnis zu allen Schätzungsanpassungen, zeigen Trendveränderungen oft schneller als die „normalen“ Gewinnschätzungen. Besonders betroffen ist der Euroraum. Hier sind die Revisionen spürbar stärker gesunken als etwa in den USA. Ursache dafür ist einerseits die geringere Konjunkturdynamik, andererseits aber auch die größere Betroffenheit von den deutlich gestiegenen Rohstoffpreisen. Beide Faktoren gehen zumindest teilweise auf den Krieg in der Ukraine und dessen Folgeerscheinungen zurück, von denen die Vereinigten Staaten weniger betroffen sind.

Deutliche Unterschiede in den Gewinnrevisionen

* Revision-Ratio = (Anzahl Upgrades – Anzahl Downgrades in den letzten 30 Tagen) / Anzahl Schätzungen. Quelle: ThomsonReuters IBES, eigene Berechnungen, Stand: 11.04.2022.

Hinsichtlich der sektoralen Unterschiede sind die Erwartungen für die Automobilindustrie und Haushaltsgüter besonders stark zurückgegangen. In Europa ist auch die Bankenbranche mit deutlichen Abwärtsrevisionen konfrontiert. Ein positiver „Ausreißer“ findet sich – wenig überraschend – im Energiesektor. Angesichts der stark gestiegenen Preise für Öl, Gas & Co. überwiegen hier die Aufwärtsrevisionen. Was also für einige Sektoren gewinnmindernd wirkt, zeigt sich andernorts als verstärkend für die Erträge.

Inputkosten und Preissetzungsmacht im Blickpunkt

Bei der angebrochenen Berichtssaison liegt daher besonderes Augenmerk auf den Inputkosten. Höheren Energiepreisen können viele Firmen kaum entgehen. Die Frage ist aber, inwieweit der Anstieg abgefedert werden konnte – und vor allem, ob sich die höheren Kosten an die Kunden weitergegeben lassen. Auch hier bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Sektoren. Der Immobilienmarkt, die Pharmabranche und Software- sowie Halbleiterhersteller können ihre Kosten meist gut weitergeben. Zudem sind hier Rohstoffkosten nicht so entscheidend, sondern vielmehr die Lohnentwicklung. Zyklische Sektoren wie die Autoindustrie oder der Einzelhandel verfügen hingegen über eine geringere Preissetzungsmacht und haben im aktuellen Umfeld mit Lieferengpässen und schwächerem Wirtschaftswachstum zu kämpfen.

Ein weiterer Punkt sind die gestiegenen Lohnkosten. Quer durch alle Branchen machen die Rohstoffkosten zum Beispiel in den USA rund 14 Prozent der Gesamtkosten aus, die Lohnkosten hingegen 22 Prozent. Der feste US-Arbeitsmarkt dürfte sich also perspektivisch in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Unternehmen niederschlagen. Aber auch hier variieren die Auswirkungen je nach Branche. Lohnkosten schlagen am ehesten beim Einzelhandel und im Dienstleistungssektor auf die Marge, im Energiebereich und bei der Halbleiterindustrie haben sie hingegen keine großen Auswirkungen. In Europa, wo der Lohndruck geringer ist als in den USA, dürfte der Effekt zunächst noch kaum zum Tragen kommen.

Höhere Kosten bedeuten nicht zwangsläufig sinkende Margen

Können Unternehmen ihre gestiegenen Inputkosten weitergeben, zeigt sich historisch ein interessantes Muster: In der Regel korrelieren Unternehmensgewinne nämlich sogar bis zu einem gewissen Grad positiv mit steigenden Rohstoffkosten. Dieser überraschende Befund ist zum einen in den höheren Erträgen der Energiebranche begründet. Aber auch andere Sektoren konnten in der Vergangenheit ihre Preissetzungsmacht für einen positiven Margeneffekt nutzen: Lag die zweijährige Breakeven-Inflationsrate (Markterwartung für die Inflation) über 2,5 Prozent, konnten sich die Aktien der Unternehmen mit starker Preissetzungsmacht über die folgenden vierzehn Monate fast 14 Prozent besser entwickeln als die der Unternehmen mit schwacher Preissetzungsmacht. In einer solchen Situation befinden wir uns derzeit noch.

Gute Ergebnisse für Q1, aber kaum Impulse für Aktienmarkt zu erwarten

Insgesamt geht Union Investment daher nicht von einem Gewinneinbruch bei den Unternehmen aus, im Gegenteil. Auf das Gesamtjahr gerechnet dürften die Konzerne ihre Erträge nach den Schätzungen der Volkswirte von Union Investment weltweit um knapp acht Prozent steigern. Für die Berichtssaison zum ersten Quartal dürften die Ergebnisse leicht über den Erwartungen gemeldet werden. Negativ dürfte sich die Tendenz auswirken, dass die Unternehmen aufgrund der hohen Unsicherheit eindeutige Ausblicke derzeit scheuen. Diese geringere Transparenz führt zu einem Verlust an Erwartungssicherheit. Daher sollten die Impulse für den Aktienmarkt eher überschaubar ausfallen. Ergebnisüberraschungen werden weniger honoriert.

Die ersten Berichte bestätigen diese Annahme. Der französische Luxusgüterhersteller LVMH hat beispielsweise die Erwartungen im wichtigen Modegeschäft übertroffen, ohne dass die Aktie nennenswert profitieren konnte. Auch idiosynkratische Herausforderungen dürften zunehmen. Ein Beispiel dafür ist die US-Bank JP Morgan, die von Problemen im Investmentbanking berichtete. Unternehmensspezifische Faktoren dürften daher in den kommenden Wochen wieder an Bedeutung für den Anlageerfolg am Aktienmarkt gewinnen.

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