BlackRock Stratege Lück: Ein Crash auf Raten?

Dr. Martin Lück, BlackRocks Chief Investment Strategist für Deutschland, Österreich und Osteuropa, wirft einen Blick auf das aktuelle Marktumfeld. BlackRock | 20.01.2016 19:42 Uhr
Dr. Martin Lück, Chef-Investmentstratege, BlackRock / ©  BlackRock
Dr. Martin Lück, Chef-Investmentstratege, BlackRock / © BlackRock
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"Dass der chinesische Aktiensturz am Jahresanfang weniger mit Volkswirtschaft als vielmehr mit den Besonderheiten des dortigen Aktienmarktes zu tun hatte, haben wir inzwischen gelernt. Und dass der deutsche Markt bei schlechten Nachrichten aus dem Reich der Mitte überproportional leidet, ist angesichts der hohen Gewinnanteile, die gelistete deutsche Unternehmen im China-Geschäft generieren, ebenfalls verständlich. Das alles hätte durchaus als Cocktail für einen schwachen Jahresstart des DAX ausgereicht. Kommen dann noch dürftige Makrodaten aus den USA, Berichte über eventuelle Mogeleien bei weiteren europäischen Autobauern und der im freien Fall befindliche Ölpreis dazu, braut sich schnell ein Sturm zusammen. Der deutsche Aktienmarkt scheint auf dem Weg in einen veritablen Crash auf Raten. Seit Jahresanfang, das heißt in gerade mal zehn Handelstagen, liegen Investoren mit rund 13% hinten.

Es ist unbestritten, dass Finanzmärkte zu einem erheblichen Teil aus Psychologie bestehen und damit das Risiko selbsterfüllender Prophezeiungen besteht. Tritt man aber einen Schritt zurück und betrachtet die fundamentale Situation mit mehr Abstand, stellt man fest, dass die Welt sich gegenüber dem Dezember nicht nennenswert verändert hat. Nach wie vor steht zu erwarten, dass die chinesische Volkswirtschaft in diesem Jahr in einer Größenordnung von rund 6% wachsen wird. Auch in den USA sollte sich die wirtschaftliche Lage weiter festigen, wenn auch die Industrie, vor allem im Zuge der schwachen Energiebranche, Schwächesignale aussendet. Als Hort der Stabilität erscheint in dieser unsicheren Zeit ausgerechnet die Eurozone, die zwar bei weitem noch nicht alle ihre Probleme gelöst hat, sich aber Stück für Stück aus den Nachwehen der Eurokrise löst und zu moderatem Wachstum zurückfindet. Sogar die Arbeitslosigkeit ist zuletzt rückläufig gewesen.

Und die Zentralbanken? Sie werden wohl weiterhin genau das tun, was sie am Ende des vergangenen Jahres angekündigt haben, nämlich in den USA die Erwartung weiterer Zinsanhebungen aufrecht erhalten und in Europa den geldpolitischen Kurs im Zweifel eher noch weiter lockern. Ausreißer in dieser neuen, aber relativ transparenten Zentralbankwelt 2016 ist allenfalls die People’s Bank of China, die uns in den ersten Tagen des Jahres mit dem Verzicht auf die erwartete Mindestreservesatzsenkung und als Ersatz dafür eine massive Währungsabwertung ziemlich böse überrascht hat. Unterm Strich ist aber auch von dieser Seite keine unmittelbare Crashgefahr auszumachen. Die Reaktion des Euro-Dollar-Wechselkurses auf die viel beschworene Divergenz der Politiken von Fed und EZB im Dezember spricht Bände: Der Euro steht fast exakt dort, wo er am 16. Dezember, dem Tag der Fed-Entscheidung stand, nämlich bei 1,09 zum Euro. Anleger hatten sich gut vorbereitet und die Zentralbankentscheidungen eingepreist. Seitdem ist kaum etwas passiert.

Was bedeutet das für Anleger?

Sind Investoren also irrational, wenn sie in der gegenwärtigen Lage so sensibel reagieren? Mitnichten. Es gibt durchaus genügend glaubwürdige Szenarien, in denen sich die Krisensymptome weiter zum perfekten Sturm zusammenbrauen. Denken wir nur an die Verbindung zwischen Ölpreis und ökonomischer Stabilität einiger Schwellenländer, wie Russland, Saudi Arabien oder Nigeria, die auch im Kampf gegen den Terror wichtige Rollen spielen. Anhaltend niedrige oder gar weiter fallende Ölpreise könnten Ländern wie diesen erheblich zusetzen. Ganz zu schweigen von Rohstoffexporteuren wie Venezuela, Brasilien oder Peru, wo sich wegbrechende Einnahmequellen, Korruption und offener politischer Zerfall gegenseitig zu verstärken drohen.

Die Liste ließe sich fortsetzen, und oft stehen Schwellenländer im Fokus der Besorgnis. Verständlich also, dass Anleger in Deckung gehen. Es droht ein Dominoeffekt aus Pessimismus, fallenden Kursen, noch mehr Pessimismus usw. Was es bräuchte, um aus diesem Teufelskreis auszubrechen, wären greifbare Belege dafür, dass es um die Weltwirtschaft nicht ganz so schlecht bestellt ist wie befürchtet. Insofern wird es interessant sein zu beobachten, wie die Marktteilnehmer auf die heute Morgen veröffentlichten BIP-Zahlen aus China reagieren. Der Markt hatte ja 6.8% für das Schlussquartal 2015 erwartet. Auch die Einkaufsmanagerindizes in Europa dürften am Freitag bestätigen, dass das Wachstum auf unserem Heimatkontinent ordentlich unterwegs ist. Und schon am Tag davor hat die EZB die Gelegenheit, für bessere Stimmung zu sorgen. Nach der Enttäuschung im Dezember könnte Mario Draghi finden, er habe etwas gutzumachen. Wir schauen unterm Strich mit einer Mischung aus Hoffnung und Zuversicht nach vorn und erwarten eine Woche der Stabilisierung."

Dr. Martin Lück
Chief Investment Strategist für Deutschland, Österreich und Osteuropa
BlackRock

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