Fondsjournal zur Lage in Japan

Vorschnell verwenden wir im Alltag oft das Wort „Katastrophe“. Die Ereignisse der letzten Tage zeigen uns, was wirkliche Katastrophen sind und sollten uns lehren, mit dem Einsatz dramatischer Formulierungen eher zurückhaltend zu sein. 3 Banken-Generali Investment | 16.03.2011 12:39 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Es fällt schwer unter dem Eindruck der Ereignisse in Japan und dem damit verbundenen menschlichen Leid klare Finanzmarkteinschätzungen zu formulieren. Dennoch: Es ist nicht Zynismus sondern letztendlich unsere Pflicht nüchtern die Lage zu analysieren und mögliche Konsequenzen zu skizzieren. In dieser Sonderausgabe des Fondsjournals möchten wir daher einige Gedanken formulieren, um Ihnen Orientierung zu geben. Klar ist dabei: Die mögliche Nuklear-Katastrophe ist im Ausgang nach wie vor offen, kurzfristige Prognosen sind daher weder möglich noch seriös. Zunächst geht es um das Aufzeigen von Szenarien und Wahrscheinlichkeiten.

Auf den folgenden Seiten werden wir einige Gedanken formulieren. Zusammengefasst erscheinen uns folgende Anmerkungen besonders wichtig:

  • Wir haben an dieser Stelle wiederholt unsere kritische Haltung bezüglich der Schuldensituation vieler Staaten formuliert. Mittelfristig wird daher vor allem eine Frage in den Vordergrund treten: Wie kann Japan, als bereits jetzt mit Abstand am meisten verschuldete Industrienation, diese neuerliche massive Belastung stemmen?

  • Börse ist Psychologie und auch Wirtschaft ist Psychologie. Hinter allen Entscheidungen der Wirtschaft stehen Menschen. Werden diese zurückhaltend in ihren Erwartungen, aus welchen Gründen auch immer, so ist dies die Basis für eine Konjunkturabkühlung. Dieses Verhalten gilt es daher genau zu beobachten.

  • Lassen wir uns nicht blenden vom derzeit intensiv formulierten Wunsch nach dem Ausstieg aus Atomenergie. Dieser ist wenn überhaupt nur in Jahrzehnten möglich, weil der Energiebedarf nicht befriedigbar ist. Die Welt ändert sich nicht von heute auf morgen. Übrigens: Es ist noch kein Jahr her, dass beeindruckt von der Ölkatastrophe am Golf von Mexiko, vom Ende der Tiefseebohrungen die Rede war. Heute redet kaum mehr jemand davon. Der Trend zu nachhaltiger, erneuerbarer Energie ist jedoch gelegt.

  • Zudem dürfen wir nicht vergessen: Die Lage in Libyen und anderen Ländern der Region hat sich in der letzten Woche in keinster Weise gebessert. Die Verschuldungssituation mancher EUROLänder ist ebenso wie vor einer Woche im Wesentlichen ungelöst. Beides geht derzeit in der medialen Wahrnehmung unter, muss aber in den Entscheidungsprozess unverändert voll mit einfließen. Wie wenig Zukunft planbar ist haben die letzten Tage gezeigt. Dennoch hoffen wir, Sie mit unseren Gedanken bei Ihren Geldanlageentscheidungen zu unterstützen. Was morgen ist kann keiner wissen.

Wichtiger ist es, die mittelfristigen Auswirkungen zu erkennen.

IhrAlois Wögerbauer


Gedanke 1Internationale Staatsschuldenthematik – die nächste Stufe !

Bereits vor den dramatischen Ereignissen der letzten Woche war der Staat Japan mit deutlich über 200 % einer jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet und damit der internationale Spitzenreiter. Über 90 % der Staatsanleihen kauft aber faktisch Japan in Form der eigenen Pensions- und Vorsorgekassen selber. Daher konnte man sich auch billigst refinanzieren. Diese Sondersituation ist aber nicht beliebig fortschreibbar.

  • In nur wenigen Jahren werden aufgrund der Überalterung der Bevölkerung die japanischen Pensionskassen zum Verkäufer von Staatsanleihen, weil sie mehr Geld in Form der Pensionen auszahlen müssen, als sie an neuen Beiträgen einnehmen.

  • Müsste sich Japan am Weltmarkt refinanzieren und angenommen dafür dann beispielsweise 3 % bis 4 % Zinsen bezahlen, wäre das finanziell kaum verkraftbar. Selbst wenn man das hohe Auslandsvermögen ins Kalkül zieht bleibt mittelfristig eine schmerzliche Bonitätsdiskussion wohl unausweichlich.

  • Im internationalen Zusammenhang stellt sich somit die Frage: Wie soll der Gelddruckprozess vieler Länder gestoppt werden? Warum sollten die Notenbanken die Zinsen erhöhen, wo doch das Gefüge so labil ist?

  • Zinsen unter der Inflationsrate werden uns daher bis auf weiteres begleiten. Sachwerte als Gegenpol zu den Zahlungsversprechen der Geldwerte werden gesucht bleiben!“.

Gedanke 2Der Markt dieser Tage sagt nichts über die Basistrends aus!

Lassen Sie sich nicht irritieren von den aktuellen Tagesbewegungen. Manches erinnert an die markttechnische Lage nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008. Spekulative Positionen werden aufgelöst, Liquidität ist gesucht, manche Investoren wollen aufgrund der geringen Planbarkeit „aus dem Markt“. Aber: Achten Sie auf die Basistrends!

  • Wir schließen nicht aus, dass der Goldpreis korrigiert, eben weil Gold liquide ist und Investoren auf dieser Position Gewinne haben. Wir sehen eine Schwächephase aber als Kaufchance für viele nach wie vor nicht oder wenig investierte Anleger. Die fundamentale Unterstützung der Goldpreistheorie hat sich in den letzten Tagen verstärkt und nicht verringert – siehe Gedanke 1. Das wird der Markt mittelfristig erkennen.

  • Ähnliches gilt für die Rohstoffbereiche. In manchen Segmenten mag zu viel Spekulation sein. Es kann durchaus sein, dass der Ölpreis aufgrund eines aufkeimenden Konjunkturpessimismus korrigiert. Der Basistrend und die weltpolitische Brisanz sind aber unverändert. Gleiches gilt für die Nahrungsmittelsegmente. Auch hier sind die Langfristtrends intakt. Im Falle einer atomaren Eskalation in Japan müssen wir in diesem Segment sogar eher von einer Verschärfung der internationalen Engpässe ausgehen.

  • Dass langlaufende deutsche Bundesanleihen in diesen Tagen als sicherer Hafen wieder gesucht sind nehmen wir zur Kenntnis und können wir emotional nachvollziehen. Wir schließen uns dieser Bewegung aber nicht an und sehen dieses Segment nicht als strategische Anlagealternative.

Entwicklung von Gold in EUR und USD

Entwicklung von Rohstoffen und Agrar-Rohstoffen

Gedanke 3Aktienmarkt – wann startet die Differenzierung?

Aktieninvestments in Japan spielten in unseren Strategien seit geraumer Zeit keine nennenswerte Rolle. Der Rückgang der letzten Tage ist fundamental gerechtfertigt; Käufe empfehlen wir nicht. Erdbeben sind wirtschaftlich verkraftbar (siehe Kobe Erdbeben im Jahr 1995). Die Folgen atomarer Verseuchung sind aber unkalkulierbar.

Japan macht etwa 7 % der weltweiten Wirtschaftsleistung aus; nur gut 3 % der europäischen Exporte gehen nach Japan. Globale Konzerne wie die Autobauer fangen Produktionsausfälle in Japan durch andere internationale Standorte ab. Der Kursrückgang in Japan ist verständlich. Ist aber ein globaler Rückgang gerechtfertigt?

  • Gerade in Österreich und Deutschland sahen wir in den letzten Tagen Parallelen zu den Zeiten der Lehman-Pleite. Der breite Markt ist schwach. Illiquide Aktien werden unabhängig von der fundamentalen Qualität noch verstärkt abgestraft. Stock-Picker wie wir es sind, leiden unter dieser Entwicklung, sind aber gut beraten, ihre Überzeugungen nicht über Bord zu werfen.

  • Wie lange diese Phase anhält ist nicht prognostizierbar. Die Rückkehr zur Rationalität ist aber sicher – wie in allen anderen Krisen vorher. Wir sehen daher mittelfristig folgende Entwicklungen:



    - Eine Abkühlung der globalen Wirtschaft ist wahrscheinlicher geworden. Wir denken daher, dass auch im Falle einer Börsenerholung zyklische Aktien nicht zu den Outperformern zählen werden.

    - Im Gegenzug sehen wir keinen Grund, die Erwartungserhaltung für ein in unseren Breitengrad regional tätiges Immobilien-Unternehmen, einen Nischenplayer in einem globalen Wachstumssegment, einen dividendenstarken Telekomkonzern oder einen Substanz- und Sachwert aus den Bereichen Öl, Nahrung oder Landwirtschaft zu ändern.

    - Was ist reine Risikoaversion – was ist reale fundamentale Veränderung? Dies ist die zentrale Frage der Aktienanleger in den kommenden Wochen.

Entwicklung des globalen, europäischen und österreichischen Aktienindex

Gedanke 4Portfoliogestaltung im aktuellen Umfeld – wo gibt es Anpassungsbedarf?

Zusammenfassend halten wir daher fest:

  • Wir sehen im Bereich der festverzinsten Anlagen keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Staatsanleihen reizen uns wenig; solide Unternehmensanleihen mit mittleren Laufzeiten sind eine gute Basisanlage;
    Inflationsschutzanleihen machen als Beimischung Sinn.

  • Viele reden über Gold, aber nur wenige Anleger sind investiert. Nachhaltige Schwächephasen betrachten wir aus heutiger Sicht als Kaufchance.

  • Rohstoffinvestments machen in strategischen Portfolios Sinn. Kurzfristige Verwerfungen sind möglich, sogar wahrscheinlich. Massive Übergewichtungen sind vorerst zu vermeiden. Deutliche Kursschwächen sehen wir aber auch hier als Kaufchance, weil viele fundamentale Trends durch die Entwicklung der letzten Tage eher eine Verstärkung als eine Schwächung erleben.

  • Im Aktienbereich ist bis auf weiteres Defensive angesagt. Die persönliche individuelle Aktienquote sollte derzeit nur bis maximal der Hälfte ausgenützt werden. Unsere „Filtereinstellungen“ sind mehr denn
    je aufrecht: Wir schätzen Sachwerte und wir handeln nach dem Motto: „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah“. Zudem: Finanzmarktverwerfungen ändern nichts an Megatrends wie Energie oder Nahrung.

  • Für Panik ist es zu spät und für Optimismus zu früh. Turbulente Marktphasen bieten aber stets auch eine Möglichkeit die Depots an eine sinnvolle mittelfristige Zielstruktur anzupassen.
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