Positiver Wandel – Ein Fortschrittsbericht

Nicht nur Unternehmen mit den höchsten Nachhaltigkeitsratings leisten einen Beitrag. Auch diejenigen, die das Potenzial haben, sich zu verbessern, machen einen Unterschied – und sind in der Lage, attraktive Renditen zu erwirtschaften. Pictet Asset Management | 30.03.2023 09:55 Uhr
© Foto von Javier Allegue Barros auf Unsplash
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Versteckte Juwelen

Als sich 2008 der Ölschock abzeichnete, bereitete sich ein mittelständisches Ölunternehmen hoch oben im Norden Europas auf eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe vor. Ohne großes Aufsehen begann das finnische Unternehmen Neste damals schon mit der Produktion von Biodiesel. Statt all seine Ressourcen dafür einzusetzen, möglichst hohe Rohölpreise zu erzielen, erweiterte es seine Kapazität mit neuen Biokraftstoff-Raffinerien im In- und Ausland.

Diese Strategie hat sich ausgezahlt. Die Nachfrage nach dem Biodiesel von Neste steigt und steigt, weil die Regierungen darauf drängen, dass ein immer größerer Anteil des Transportkraftstoffs aus erneuerbaren Ressourcen stammt. Die Produkte von Neste tragen erheblich dazu bei, die Treibhausgasemissionen zu senken – um bis zu 90 Prozent, so das Unternehmen.1 Und neuerdings bietet Neste auch Biokerosin an, als Teil seiner Ausrichtung auf erneuerbare Energien.

Das Unternehmen bewirkt definitiv Gutes für die Welt, aber sein Hauptaugenmerk liegt darauf, die Investoren zufrieden zu stellen – und das gelingt ihm sehr gut. Der Gewinn im Geschäftsbereich Renewables ist gestiegen, während das Ergebnis im Geschäftsbereich Rohölerzeugnisse in den zehn Jahren bis 2021 zurückgegangen ist. Und der Aktienkurs hat sich seit 2008 mehr als verzehnfacht und damit globale Aktien in diesem Zeitraum um fast 600 Prozent geschlagen.

Blick über den Tellerrand

Investoren, die einen strengen ESG-Ansatz verfolgen, schließen häufig Kapitalanlagen in der Erdölindustrie aus. Bei einer derart konsequenten Anwendung der Anlagekriterien haben Unternehmen wie Neste von vornherein keine Chance, auch wenn Neste mehr für den Klimaschutz unternimmt als viele andere Unternehmen mit herausragendem Nachhaltigkeitsprofil. In vielen Fällen haben diese Unternehmen ihr Toprating nur deswegen bekommen, weil sie Dienstleistungen anbieten, die keine signifikanten Emissionen verursachen. 

Aber Nachhaltigkeit geht weit über den Klimawandel hinaus. Die Vereinten Nationen haben 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) definiert, die optimiert werden müssen, um die globale Wirtschaft auf einem gesunden Kurs zu halten. Diese Ziele lassen sich grob drei Kategorien zuordnen: Die erste Kategorie konzentriert sich auf Umweltfaktoren, die zweite auf soziale Faktoren und die dritte auf die Steigerung des wirtschaftlichen Potenzials.

Abb. 1: Maßstab - Beispiel für die Bewertung der SDG-Ausrichtung mit unserem NLP-Tool Mowi

Nur zur Veranschaulichung. SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum), SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) und SDG 17 (Partnerschaften zur Erreichung der Ziele) werden aufgrund ihrer fehlenden Relevanz für Unternehmen im Investmentkontext niedriger gewichtet. Quelle: Pictet Asset Management. Daten vom 31.10.2022.

Über ESG hinaus

Auch Maßnahmen, die auf die Umstellung und Verbesserung abzielen, haben erhebliche Auswirkungen auf Investments. 

Unsere Analyse zeigt, dass Unternehmen, die ihre operative Struktur, Produkte und Dienstleistungen erfolgreich an den UN-SDGs ausrichten, langfristig bessere Anlagerenditen erzielen und sich gegenüber ihren Mitbewerbern einen Bewertungsaufschlag sichern können (siehe Abb. 2 und 3). 

Abb. 2: Bessere Renditen - Durchschnittlicher Cashflow-ROI (CFROI) in Abhängigkeit von der SDG-Ausrichtung, in %

Gemessen am CFROI. Nur auf der Grundlage von CFROI-Verbesserungen. Quelle: Credit Suisse Holt, Schätzungen von Pictet Asset Management, basierend auf der MSCI-ACWI-Population (ohne Finanzwerte). Stand 04.04.2022. 

Unternehmen, die Waren und Dienstleistungen herstellen, die in ihren Sektoren das oberste Quintil der Ausrichtung an den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN-SDGs) erfüllen, würden rund 100 Basispunkte mehr Jahresrendite erzielen als diejenigen im unteren Quintil.2 Und diese Unternehmen mit der stärksten Ausrichtung haben geringere Kapitalkosten – die Diskontierungssätze liegen im Schnitt 110 Basispunkte unter denen im unteren Quintil.3 Unternehmen, die sich vom unteren Quintil ins obere Quintil hocharbeiten, können mit einer Verbesserung ihrer Diskontierungssätze und durchschnittlichen Renditen um 50 Prozent rechnen.4 Darüber hinaus könnten Unternehmen im Übergang von einer stärkeren Kundennachfrage und dem Zugang zu neuen Märkten profitieren.

Eine Fülle unabhängiger Studien, die relevante Indikatoren für die SDG-Ausrichtung bewerten, bestätigen unsere Einschätzung. Studien haben ergeben, dass Unternehmen mit dem stärksten Umweltprofil überdurchschnittliche Anlagerenditen erzielt haben. Und Morgan Stanley hat herausgefunden, dass jeder Anstieg der thematischen Reinheit um 1 Prozent einen Bewertungsaufschlag von 1,15 Prozent bewirkt.5 Das ist entscheidend, da thematische Klassifikationen wie Energieeffizienz, finanzielle Inklusion, Gesundheit usw. häufig direkt mit den UN-SDGs zusammenhängen.

Abb. 3: Geringere Kapitalkosten -Durchschnittlicher Diskontierungssatz abhängig von der SDG-Ausrichtung, in % 

Gemessen an den unternehmensspezifischen Diskontierungssätzen von Holt. Nur auf der Grundlage einer Verbesserung des Diskontierungssatzes. Quelle: Credit Suisse Holt, Schätzungen von Pictet Asset Management, basierend auf der MSCI-ACWI-Population (ohne Finanzwerte). Stand 04.04.2022. 

Der Großteil dieser zusätzlichen Renditen fällt während der „Übergangsphase“ eines Unternehmens an, also der Zeitraum, in dem es erhebliche Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG-Ziele macht. Entweder macht es bereits Fortschritte oder ist in einer Position, den Sprung zu schaffen, hat aber noch eine lange Wegstrecke vor sich. Unternehmen, die bereits ein hohes Rating haben, können zwar ihre Bewertungen nach oben treiben, aber der Markt unterschätzt regelmäßig ihre Fähigkeit, weiterhin höhere Renditen zu erwirtschaften. 

Wenn der Markt kein Potenziale erkennt, sind Aktien tendenziell unterbewertet. Eine sorgfältige und detaillierte Bottom-up-Analyse relevanter Unternehmen hilft herauszufinden, wo jeweils der größte Mehrwert herkommt. In einigen Fällen brauchen Unternehmen, die das größte Renditepotenzial aufweisen, Motivation oder Unterstützung bei der Wahl des richtigen Kurses. Außerdem ist es wichtig, dass ein Investor in einen aktiven Dialog mit der Geschäftsleitung des Unternehmens tritt.

Investition in eine nachhaltige Welt

Die SDGs sind ein nuancierter Rahmen, der hilft, das Potenzial eines Unternehmens zu verstehen – ein Mosaik aus Faktoren. Einige SDGs, die für ein bestimmtes Unternehmen relevant sind, sind offensichtlich. Andere vielleicht erst auf den zweiten Blick erkennbar oder sogar gegensätzlich. 

So sind beispielsweise Energieversorger unerlässlich für das Funktionieren von Volkswirtschaften und Gesellschaften in allen Entwicklungsphasen, dafür sind sie aber auch für 40 Prozent der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich.6 Die Umstellung auf nachhaltige Stromquellen wird die Energiearmut reduzieren und die Wirkung der Branche in den verschiedenen Wertschöpfungsketten verstärken. Auch Dienstleistungsunternehmen können Verbesserungen der Wertschöpfungskette bewirken, zum Beispiel Banken, die Finanzdienstleistungen für eine größere Anzahl Menschen in Schwellenländern anbieten können. Auch Unternehmen, die bereits Gutes tun, können auf die Reduzierung negativer externer Effekte hingelenkt werden. Ein Gesundheitsunternehmen hat vielleicht einen ökologischen Fußabdruck, der sich reduzieren lässt. Oder ein landwirtschaftlicher Betrieb, der bereits dazu beiträgt, den Hunger durch Verbesserung der Ernteerträge zu reduzieren, kann ermutigt werden, die durch seine Produktionsprozesse verursachten Umweltschäden zu reduzieren.

Eine Möglichkeit, die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens aus SDG-Perspektive in allen ihren Dimensionen zu versteht, besteht darin, sich durch die Fülle an Finanzinformationen zu arbeiten, die von und über das Unternehmen veröffentlicht werden. An dieser Stelle kann mit der Bottom-up-Analyse der operativen und finanziellen Leistungsfähigkeit in Verbindung mit einer Beurteilung der Möglichkeiten durch technologische Innovation das SDG-Verbesserungspotenzial ermittelt werden (siehe Beispiel in Abb. 1). 

Um langfristig positiven Einfluss zu nehmen, nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für das allgemeine Wohlergehen der Menschen, müssen Investoren ihren Anlagefokus erweitern.

Öffentliche Informationen über ein Unternehmen, sei es Marketingmaterial, Jahresberichte, Investmentresearch oder Presseartikel, geben potenzielle Einblicke, wie es mit seiner Geschäftstätigkeit und seinen Produkten zu den UN-SDGs beiträgt. Angesichts der Menge an Material, das durchforstet werden muss, verwenden wir unser eigenes NLP-Tool (basierend auf der Verarbeitung natürlicher Sprache), um eine systematische und unabhängige Bewertung für jedes Unternehmen im Anlageuniversum zu erstellen. Auf diese Weise lässt sich feststellen, wo Fortschritte erzielt werden können, und es gibt Orientierung für Fundamentalanalysen und die Festlegung potenzieller Ziele für den Dialog mit den Unternehmen.

Einige Unternehmen können besonders vom Engagement der Investoren profitieren, nicht zuletzt jene, die vielleicht noch am Anfang ihres Übergangs stehen oder bei denen Investoren die Manager davon überzeugen können, wie wichtig die Festlegung und die Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen sind. Wer Aktien abstößt, ohne sich die Mühe zu machen, die Unternehmen zum Wandel zu bewegen, verpasst möglicherweise eine große Chance auf Verbesserungen, die in überschaubarem Kostenrahmen erzielt werden können. 

Engagement kann in zweifacher Hinsicht dazu beitragen, ein Unternehmen dazu zu bewegen, sich zu verändern: Zum einen, indem wir ihm helfen, negative Tätigkeiten einzuschränken und auf bessere Alternativen umzusteigen, und zum anderen durch Innovation.

Starke Wirkung

Es ist mittlerweile gang und gebe, ESG-Überlegungen in Investmententscheidungen einzubeziehen. Und Kapital fließt bevorzugt in Unternehmen, die einen positiven Beitrag leisten – alle anderen haben das Nachsehen. Die Sache hat nur einen Haken: Unternehmen in dieser Kategorie sind in der Minderheit, sie sind häufig in spezialisierten Branchen tätig. 

Um langfristig positiven Einfluss zu nehmen, nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für das allgemeine Wohlergehen der Menschen, müssen Investoren ihren Anlagefokus erweitern. Hier sind echte Veränderungen nötig. Und das nicht nur aus Menschenfreundlichkeit. Unternehmen, die den Übergang zur Nachhaltigkeit vollziehen, dürften ihre Investoren mit besseren Renditen belohnen. Einige haben diesen Weg bereits beschritten. Manche haben Potenzial, müssen aber von ihren Investoren an die Hand genommen oder motiviert werden. Und dann gibt es welche, die in einigen Aspekten bereits führend in ihrer Branche sind, aber bei denen in anderen SDG-Dimensionen noch Verbesserungsbedarf besteht. 

Investoren, die dieses Potenzial durch gründliche Fleißarbeit und ein Verständnis der Position eines Unternehmens im mehrdimensionalen SDG-Spektrum erkennen, können attraktive Renditen erzielen. Und tragen außerdem dazu bei, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

[1] https://www.neste.com/products/all-products/renewable-road-transport/reduced-emissions

2] Quelle: Credit Suisse Holt, Schätzungen von Pictet Asset Management, basierend auf der MSCI All Country World Index Population (ohne Finanzwerte).
[3] Gemessen an den spezifischen Diskontierungssätzen von Holt. Basierend auf unserer Analyse kann ein Unternehmen, das sich mit der Zeit von einer Ausrichtung mit geringer Wirkung (die unteren 20 Prozent seines Sektors gemäß unserem SDG-Ausrichtungsindikator) zu einer Ausrichtung mit hoher Wirkung (die besten 20 Prozent seines Sektors bei gleichen Messdaten) verbessern kann, allein durch seinen Geschäftsbetrieb und die Markterwartungen mit einem Anstieg des Aktienkurses um etwa 50 Prozent rechnen. Dieser Wert basiert auf dem Unterschiedsbetrag, der aus der Bewertung von Holt abgeleitet wurde, wenn der CFROI und der Diskontierungssatz um die oben genannten Beträge bei einem globalen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Portfolio ermittelt wurde.
[4] Dieser Wert basiert auf dem Unterschiedsbetrag, der aus der Bewertung von Holt abgeleitet wurde, wenn der CFROI und der Diskontierungssatz um die oben genannten Beträge bei einem globalen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Portfolio ermittelt wurde.
[5] „The Price of Purity: Valuation“, Morgan Stanley Research 01.03.2023. Wir verwenden einen eigenen quantitativen Score, die „thematische Reinheit“, der misst, wie spezialisiert die Aktivitäten eines Unternehmens in einer bestimmten Branche oder einem bestimmten Thema sind. Je höher dieses Rating, desto spezialisierter das Unternehmen.
[6] https://www.iea.org/reports/net-zero-by-2050

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
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