Die weitere Entwicklung in Europa

AXA Investment Managers stellt Ihnen einen Kommentar zur weiteren Entwicklung in Europa von Chris Iggo (London), CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers, zur Verfügung. Erfahren Sie mehr hier: AXA Investment Managers | 16.12.2011 11:35 Uhr
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AXA Investment Managers: Kommentar zur weiteren Entwicklung in Europa

Chris Iggo (London), CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers:

„Das Problem der meisten Demokratien besteht darin, dass die Regierungen nur jeweils über ein recht kurzes Zeitfenster verfügen, um ihre Wahlversprechen einzulösen. Was sie den Wählern im Wahlkampf versprechen, müssen sie dann binnen weniger Jahre halten. Das bedeutet in der Regel vermehrte Ausgaben, um Arbeitsplätze zu schaffen sowie Straßen, Schulen und Krankenhäuser zu bauen, die im Vorfeld der Wahlen angekündigt wurden. Häufig liegen diese Ausgaben weit über der Finanzierungskapazität der betreffenden Volkswirtschaft. Also müssen die Regierungen – in der Hoffnung, wiedergewählt zu werden – Schulden machen. Hinter diesem Motiv muss die Realität künftiger Schuldenberge für Steuerzahler und Wähler zurückstehen. Mit diesem Problem soll sich doch jemand anders befassen. Das Schuldenmachen heute kommt zwar aktuell Wählerschaft und Politikern zugute, schafft jedoch ein ernstes Problem für die Steuerzahler und Politiker von morgen. Wenn die Politiker Glück haben, übernehmen die Finanzmärkte als Hüter und Verwalter des Finanzvermögens der Gesellschaft die Finanzierung dieser Schuldenberge zu vertretbaren Konditionen – allerdings nur, wenn die Schulden auf lange Sicht beherrschbar sind. Die Laufzeit einer dreißigjährigen Anleihe übersteigt in den meisten Fällen die Dauer eines aktiven Politikerlebens, so dass Vertrauen für das Funktionieren einer demokratischen Marktwirtschaft unerlässlich ist.

Viele Länder haben einen Kurs der Instabilität eingeschlagen

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass dieses Vertrauen bereits geschwunden ist. Viele Länder scheinen mittelfristig einen Kurs der Instabilität eingeschlagen zu haben. Das bedeutet, dass entweder die künftigen Steuerzahler eine weitaus größere Schuldenlast zu schultern haben oder die Sparer heute einen Teil ihres Vermögens einbüßen. Der Markt ist doch nicht das unfehlbare System gegenseitiger Kontrolle, das man sich gemeinhin erhofft hatte: Er ließ zu, dass in einigen Ländern die Schulden kontinuierlich stiegen, ohne dafür eine höhere Risikoprämie zu verlangen. Grund war ein unangebrachtes Vertrauen in das politische System. Das galt jedenfalls für die Eurozone, wo die Schaffung einer Währungsunion ohne gleichzeitige politische und fiskalische Union das Kreditrisiko über lange Zeit verschleiert hatte.

Strengere Regeln als Lösung

Wenn das politische System kein Vertrauen schafft und die „Anleihehüter“ es auch nicht immer ganz hinkriegen, böten sich strengere Regelungen als Lösung an. Darauf läuft jedenfalls die Vereinbarung hinaus, die letzte Woche in Brüssel von den Staats- und Regierungschefs der 26 EU-Mitgliedstaaten getroffen wurde. Man einigte sich auf eine deutliche Verschärfung der bestehenden Vorschriften, um sicherzustellen, dass langfristige haushaltspolitische Stabilität nicht von den Kaprizen einzelner Politiker unterminiert wird. Es wird also schärfere Regelungen geben, Druck durch die anderen EU-Mitglieder sowie Überwachung und Sanktionierung auf EU-Ebene. Das sind zwar weitergehende Maßnahmen als der ursprüngliche Stabilitäts- und Wachstumspakt, stellt aber bei Weitem noch keine echte Fiskalunion dar. Aber vielleicht ist es ein kleiner Schritt hin zu engerer haushaltspolitischer Kooperation – ein Ziel, das nach einhelliger Meinung der Euro-Befürworter unabdingbar ist.

Gipfelvereinbarung ist kein Allheilmittel

Vor diesem Hintergrund dürften sich die jüngsten Ereignisse insgesamt leicht positiv für die Märkte erweisen, da die schlechten Nachrichten bereits weitgehend in die Risikoprämien eingeflossen sind. Die Gipfelvereinbarung ist jedoch weder das Allheilmittel, das Europa wieder auf den Pfad haushaltspolitischer Stabilität führen wird, noch versetzt es der Einheitswährung den Todesstoß. Die Vereinbarung ist insofern als positiv zu bewerten, als dass sie Einigkeit auf höchster politischer Ebene demonstriert. Sie signalisiert, dass sich die Rettung des Euro lohnt und dass den politischen Instanzen auf einzelstaatlicher Ebene nicht immer zu trauen ist. Insofern wird es auf EU-Ebene eine Vorvereinbarung zur einzelstaatlichen Haushaltspolitik geben, einzelstaatliche Regelungen werden strukturelle Haushaltsdefizite auf 0,5 Prozent des BIP begrenzen, gegen Haushaltssünder soll der EuGH bei Überschreitung einer Defizitgrenze von 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung automatisch Sanktionen verhängen. Der politische Wille geht dahin, die Vorschriften ausreichend zu verschärfen, um die Politiker zur Senkung der Defizitfinanzierung und der öffentlichen Schulden anzuhalten. Wenn auch nicht immer offensichtlich, so ist man doch fest entschlossen, Staatspleiten und einen Zusammenbruch der Eurozone abzuwenden.

Außerdem gibt es frisches Geld. Die EZB hat neue Mittel bereitgestellt, um das europäische Bankensystem über die nächsten zwei bis drei Jahre zu finanzieren. Hinzu kommen weitere Mittel vom IWF, um die Schlagkraft des Rettungsschirms zu verstärken. Insofern gibt es ausreichend Geld im EFSF/ESM, um die am stärksten angeschlagenen Länder beim fiskalischen Anpassungsprozess zu unterstützen. Das mag zwar nicht genug sein, um auch mit dem schlimmstmöglichen Fall fertig zu werden – ein Scheitern Italiens und Spaniens bei der Finanzierung über den Markt – aber es handelt sich um beträchtliche Summen, die sich als völlig ausreichend erweisen könnten, vorausgesetzt dass alle anderen Faktoren im grünen Bereich bleiben.

Letztendlich lediglich eine Einigung über Eckpunkte

Doch letztendlich handelt es sich lediglich um eine Einigung über Eckpunkte bei einem weiteren Gipfeltreffen. Noch bleibt viel zu tun, bevor in Europa tragfähige Rahmenbedingungen geschaffen sind. So muss das Abkommen von allen beteiligten Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Dann müssen die einzelstaatlichen Gesetze entsprechend geändert werden. Ferner muss noch im Einzelnen geklärt werden, wie genau die fiskalische Kontrolle im Euroraum aussehen soll. Dabei kann viel schiefgehen: Rating-Herabstufungen, Regierungswechsel, Meinungsverschiedenheiten zu Umsetzung und Lastenverteilung. Die Märkte werden äußerst empfindlich auf jeglichen Hinweis reagieren, dass die Vereinbarung aus der Bahn läuft. Ich glaube kaum, dass wir in Kürze einen anhaltenden Rückgang der Risikoprämien auf europäische Staatsanleihen erleben werden. Zudem hat der Gipfel nur wenig zur Lösung des fundamentalen Wachstumsproblems beigetragen.

Großbritannien hat sich isoliert

Das Ergebnis des Gipfels war insofern ironisch, als dass das größte EU-Land, das nicht Mitglied der EWU ist, sich weigerte, den neuen EU-Vertrag zu unterstützen. Vordergründig ist die möglicherweise striktere Regulierung von Finanzdienstleistungen der Grund für das britische Veto. Um weitere mit Steuergeldern finanzierte Bankenrettungen zu vermeiden, macht es natürlich Sinn, die Geschäfte der Banken stärker zu kontrollieren. Und wo finden diese überwiegend statt? In London. Und welches Land profitiert am meisten von den Aktivitäten in Londons Finanzzentrum? Großbritannien. Damit hat die britische Regierung das Land potenziell von der künftigen Entwicklung der anderen 26 EU-Mitglieder isoliert. Das mag auf kurze Sicht von geringer Relevanz sein, doch schon die nächste Generation der Briten könnte sich schmerzhaft der Isolation von einem Staatenverbund gewahr werden, der die Vorteile einer weitaus stärkeren und tieferen fiskalischen Integration und wirtschaftlichen Zusammenarbeit genießt. Überdies könnte dies ganz allgemein Folgen für die Beziehung Großbritanniens zur EU haben und unter Umständen zu einem Ausstieg des Inselreichs führen. Dabei wäre Großbritannien im Hinblick auf die Gesetze und Verordnungen am einheitlichen Markt sowie die Finanzaufsicht sicherlich benachteiligt.

Hat Großbritannien einen Trend ausgelöst?

Wer weiß, ob Großbritannien als Gewinner oder Verlierer aus dieser Situation hervorgehen wird? Unter Umständen hat Großbritannien mit seiner Haltung einen Trend ausgelöst: Gleichgesinnte Länder werden sich jetzt möglicherweise fragen, ob es Sinn macht, immer stärker in einen Staatenverbund integriert zu sein und damit einen Teil seiner staatlichen Souveränität abzugeben. Die City of London könnte durchaus von einer Flucht der Finanzdienstleister aus dem immer stärker regulierten Euroraum profitieren. Es könnte sich aber auch auf weltpolitischer Bühne isolieren. Man stelle sich einmal vor, dass man heute von einer Marsreise zur Erde zurückkehrt. Was würde man dann von einem Land halten, das einerseits einen regelbasierten fiskalischen Rahmen ablehnt, während seine Zentralbank fleißig Geld in die Wirtschaft pumpt, um Staatsanleihen aufzukaufen? Reicht der Inflationszuschlag bzw. der Aufschlag für das Angebotsrisiko bei dreißigjährigen Gilts, die mit 3,19 Prozent rentieren? Das sind zwar 60 Bp. über der Bundesanleihe gleicher Laufzeit, aber ist das genug, wenn Europa sein Ziel haushaltspolitischer Stabilität erreicht?

Die größten Risiken sind kurzfristig politischer Natur

Kurzfristig sind die größten Risiken für Großbritannien politischer Natur. Direkt nach Camerons Rückkehr aus Brüssel zeigten sich Risse in der Koalition. Die Liberaldemokraten sind traditionell europafreundlicher als die Konservativen, denen eher die Geschicke der „City“, des Londoner Finanzdistrikts, am Herzen liegen. Das ist ein tiefgreifender Unterschied. Da die britische Wirtschaft in diesem Winter wahrscheinlich eine technische Rezession erleben wird, könnten sich weitere Risse zeigen, wenn der Druck auf den Schatzkanzler zur Lockerung der Zinszügel steigt. Eine geschwächte Koalition wäre für Gilts und Sterling sicherlich ungünstig.

Volatilität und Ungewissheit werden an den europäischen Anleihemärkten noch eine Weile anhalten, jedenfalls solange, bis die neuen Vereinbarungen umgesetzt wurden. Positiv ist, dass die EZB ihre Zinsanhebungen inzwischen wieder zurückgeführt hat und den Banken reichlich Mittel zur Verfügung stellt. Das mag zwar den Schuldenabbauprozess verlangsamen, aber es versetzt die Banken in die Lage, sowohl die Realwirtschaft als auch die Staatsanleihenmärkte mit Krediten zu versorgen. Wenn bei der Anlegerschaft also der Eindruck Fuß fasst, dass Europa sich – wenn auch stockend – in die richtige Richtung entwickelt, könnte sich bald eine Wende zum Positiven für die Finanzmärkte abzeichnen.

Welches sind die besten Bond-Optionen?

Momentan spricht sicherlich nicht viel für den Kauf von Staatsanleihen aus der Euro-Peripherie, das wird sich aber ändern. Bis dahin bleiben Staatsanleihen von Kernländern sowie Investment-Grade-Unternehmensanleihen die besten Bond-Käufe im Euroraum. Weltweit haben die Entspannung der Liquiditätslage sowie bessere US-Konjunkturdaten zahlreiche Recovery Trades ausgelöst, die vor allem auf Inflationsschutz und hohe Renditen fokussieren. Dabei stehen vor allem in den USA die Zeichen auf Wachstum. In diversen – aber nicht allen – Segmenten des Anleihemarktes sind die Renditen hoch. Ist das wirklich ein zwingendes Zeichen für Zahlungsausfälle?

Neue Ära für Großbritannien

Damit beginnt also eine neue Ära für Großbritannien als europäischem Player. Nicht nur haben wir unser Veto in die Waagschale geworfen, sondern auch unsere beiden (derzeitigen) Top-Mannschaften haben beim Fußball in der vergangenen Woche ihren eigenen Exit hingelegt. Ebenso wie Großbritannien nicht mehr in der Spitzenliga spielt, haben auch Manchester United und Manchester City ihre Plätze in der Champions League eingebüßt (jedenfalls für dieses Jahr) und müssen sich mit der Europa League begnügen. United konnte zumindest am Austragungsort des Finales kicken (das Nationalstadion im rumänischen Bukarest) und ausnahmsweise werden die „Reds“ es diesmal einer anderen Mannschaft überlassen, von Barcelona an die Wand gespielt zu werden.“

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