Japan: China-Exporteure bevorzugt

John Hatherly ist Head of Global Analysis bei M&G. Im folgenden Interview zur Entwicklung des japanischen Aktienmarktes verrät er, warum er einen starken langfristigen Aufschwung für Japan erwartet. Nachfrage aus China ist für die japanischen Unternehmen der wichtigste Impuls, bringt Hatherly die Situation auf den Punkt. Markets | 07.06.2005 09:39 Uhr
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Der japanische Topix-Index ist in den letzten zwölf Monaten um fast 10 % gefallen (in Euro).  Im Vergleich dazu ist der MSCI Asia Pacific ex Japan um 7 % gestiegen. Auch im jüngsten Vergleich mit dem MSCI World Index oder dem S&P 500 liegt Japan bedeutend zurück.  Was sind die Gründe hierfür und wie sind die Performance-Aussichten für die kommenden zwölf Monate?

Nach Bloomberg ist der Topix-Index in Euro in den zwölf Monaten bis zum 16.05.2005 tatsächlich um 6,9 % gestiegen. Dieses Ergebnis lag zwar immer noch weit unter den Erträgen aus anderen asiatischen (und auch europäischen) Märkten, fiel aber immerhin besser aus, als der 1,5-prozentige Rückgang des S&P 500 Index, der auf derselben Grundlage basiert. Nichtsdestotrotz muss man fairerweise sagen, dass die Performance des japanischen Aktienmarktes etwas enttäuschend war, besonders für ausländische Investoren, die Millionen von Dollars investiert haben. Grund dafür war die nur schleppende wirtschaftliche Erholung, die damit einherging, dass die japanischen Investoren nicht akzeptieren wollten, dass sich die Bedingungen am Aktienmarkt tatsächlich zum Besseren gewendet hatten.

Die Hausse-Situation für japanische Aktien ist in vielerlei Hinsicht mit der in Deutschland vergleichbar. Die wirtschaftlichen Aussichten sind nicht berauschend, aber es werden weitreichende Änderungen im Unternehmenssektor vorgenommen, die zu Gewinnsteigerungen und zu einer verbesserten Cashflow-Situation führen. Japanische Unternehmen sind sehr liquide, ihre Gewinnmargen sind (dank der Kosteneinsparungen) hoch, und sie beginnen, sich auf die Steigerung der Renditen für ihre Aktionäre zu konzentrieren. Wie in Deutschland auch wird umstrukturiert und von den schnell wachsenden Überseemärkten profitiert. Außerdem beginnt man damit, Dividenden zu erhöhen (mit einem durchschnittlichen Gewinn-zu-Dividenden-Verhältnis von 4) und Aktien zurückzukaufen. M&A-Aktivitäten nehmen ebenfalls zu. Trotz dieser vielversprechenden Entwicklungen sind die Aktienbewertungen verhalten. All dies sollte für einen starken langfristigen Aufschwung sprechen.

Die Werte kleiner und mittelständischer japanischer Unternehmen haben sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt (gemessen in der „zweiten Sektion“ der Tokioter Börse).  Wird sich das Interesse der Investoren im Jahr 2005 von den kleineren auf größere Unternehmen verlagern?

Die klein- und mittelständischen Unternehmen in Japan wurden im Laufe der Erholung am Aktienmarkt, die im April 2003 begann, komplett neu bewertet. Insgesamt sind wir heute neutraler in unserer Beurteilung von Small Caps und Blue Chips, aber wir sehen immer noch hervorragende Gelegenheiten in beiden Kategorien. Der M&G Japan Smaller Companies Fund ist in seinem Ansatz hochselektiv und auf die Identifikation günstiger Unternehmen von hoher Qualität oder wachsenden Unternehmen ausgelegt, deren Bewertungen nicht ihrem Gewinnwachstumspotenzial entsprechen. Diese Unternehmen sind meist nicht ausreichend analysiert worden, sodass der Weg frei ist für Fondsmanager, die genügend Energie und Weitsicht aufbringen, um diese Gelegenheiten aufzuspüren. Für selektive Investoren gibt es immer noch viel Potenzial.

Das Wirtschaftswachstum in Japan liegt derzeit bei mageren 0,8 % und die Inflationsrate ist negativ bei 0,2 %.  Wie beurteilen Sie die japanische Wirtschaft momentan?  Welche Entwicklung halten Sie für die nächsten zwölf Monate für wahrscheinlich?

Die jüngsten Daten waren etwas verwirrend. Es gab definitiv Schwächen in der zweiten Hälfte des Jahres 2004, was sich in schwachen Verbraucherausgaben und im Rückgang der Exporte, insbesondere nach China, bemerkbar machte. Nach den heute veröffentlichten Berichten stellt sich die Situation schon besser dar. Das Wirtschaftswachstum betrug im ersten Quartal 2005 5,3 %, dank erhöhter Verbraucherausgaben, einer Erholung des Exports und gestiegener Investitionsausgaben. Die Aufträge für Maschinen haben sich ebenfalls erhöht. Die einzige enttäuschende Nachricht war, dass sich die Deflationsrate auf 1,2 % erhöht hat, was Schlimmes für die Immobilienwerte erahnen lässt.

Das Wirtschaftswachstum in Japan lässt sich nur schwer anhand der Daten eines Quartals vorhersehen, aber die leichte Besserung in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 könnte auf eine weitere Erholung hindeuten. Japan wird wohl kaum in die Rezession zurückfallen. Außerdem werden die Zinssätze wahrscheinlich unverändert bei Null Prozent bleiben.

Wie sehr hängt die japanische Wirtschaft von China ab und wie wirkt sich die derzeit turbulente politische Situation zwischen Tokio und Peking auf den Aktienmarkt aus?

Die Nachfrage aus China, insbesondere nach Anlagegütern, war für die wirtschaftliche Erholung in Japan der wichtigste Impuls. Insbesondere die Exporteure von Maschinen und anderen Produkten, die der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft dienen, haben hiervon profitiert. Darüber hinaus lagerten viele japanische Unternehmen bedeutende Anteile ihrer Produktion nach China aus, womit sie Umstrukturierungen und Kosteneinsparungen in Japan beschleunigen konnten.

Der jüngste Einbruch in den politischen Beziehungen zwischen China und Japan zeigt die tief sitzenden Spannungen zwischen beiden Staaten, die bis in die 1930er, 1940er Jahre zurückreichen, als die japanische Besetzung von Teilen Chinas viel Leid über das Land brachte. China verübelt Japan, dass es seine Kriegsgräuel nicht eingestehen will, während die LDP-Regierung in Japan aufgrund des wachsenden Nationalismus´ immer weniger in der Lage ist, Zugeständnisse zu machen. Dennoch sind sich beide Seiten der Stärke ihrer wirtschaftlichen Bande und ihrer gegenseitigen Abhängigkeit bewusst. Daher ist es unwahrscheinlich, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern deswegen Schaden nehmen. Eine hilfreiche Parallele ist die Betrachtung der Beziehungen zwischen China und Taiwan. Selbst tiefgreifende politische Konflikte konnten die Taiwanesen nicht daran hindern, Milliarden von Dollars in China zu investieren. Für die chinesische Führung hat die wirtschaftliche Entwicklung absolute Priorität.

In welchem Sektor finden Sie, relativ betrachtet, die meisten Anlageideen?

Bei der Beurteilung des japanischen Markts tendieren wird dazu, nicht allzu großen Wert auf Sektoren zu legen. Unsere beiden Fonds, M&G Japan und M&G Japan Smaller Companies, zeigen weit auseinander gehende Portfoliostrukturierungen. Wir nehmen hier eher einen thematischen Ansatz vor. Zu den Hauptthemen gehören Unternehmen, die Anlagegüter nach China exportieren, die über eine hohe Liquidität verfügen und das Potenzial besitzen, Dividendenzahlungen substanziell zu erhöhen, oder über ein Management verfügen, das größeren Wert auf "Shareholder Value" legt. Vor allen Dingen legen wir großen Wert auf eine sorgfältige Aktienauswahl, wobei wir versuchen, die hochwertigen Firmen zu finden, die am Markt missverstanden oder unterbewertet sind.


John Hatherly ist Head of Global Analysis bei M&G. Bevor er 1996 zu M&G kam, war er Head of Research bei Lloyds Private Banking. Er kann über 30 Jahre Börsenerfahrung vorweisen und war in den 80er Jahren Finanzmarkt-Berater von Tony Blair. John Hatherly studierte Geschichte am Queens’ College, Cambridge und ist Mitglied der Association for Investment Management and Research (AIMR).

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