Gröschls Mittwochskommentar: 40/2023

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 04.10.2023 10:30 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto

Hurra! Wir sind Nobelpreisträger! Schon wieder und dann auch noch gleich ein Österreichisch-Ungarischer, der in Bayern forscht, was die Sache eigentlich noch schöner macht. :-) Schade nur, dass das hierorts jetzt nicht, wie zB in den USA und Israel, zu erhöhten Geldflüssen in die relevanten Forschungsgebiete führen und das nächste Nvidia vielleicht auf europäischem Boden stehen wird. Aber wir haben ja eh ASML, das muss wohl für die nächsten Jahre reichen… Anyways, tasächlich wäre Europa eh dabei, solange man unterm Radar schwimmt. Danach fehlt´s aber an bürokratie-armen Räumen und behinderungsfreien Entwicklungsmöglichkeiten, und - dabei tun wir uns leider im Gegensatz zu den US-Kollegen in allen Bereichen wirklich schwer - ein vernünftiges Eigenmarketing. Offensichtlich gibt es auch im deutschprachigen Raum Top-Wissenschaftler und Top Universitäten!

But now to something completely different. ;-) Wir scheinen nun bei den langen Zinsen, spät aber doch die fünfte Phase des Ablebens erreicht zu haben und unser Schicksal akzeptiert zu haben. Nicht, dass wir´s nicht g´sagt hätten, dass es unweigerlich dazu kommen muss, aber sei´s drum. ;-) Die Frage ist, wie geht´s jetzt weiter? Wären wir in normalen Zeiten, in denen Anpassungen graduell vonstattengehen, dann irgendwann das Niveau erreicht ist, an dem alle raus müssen, käme es nun wohl zu einem Kapitulations-Move und gut wär´s. Leider haben wir nach fünfzehn Jahren diskutierbarer Zentralbankpolitik ein bisserl die längerfristige Perspektive verloren und es wird, auch wenn eine Verschnaufpause bei 3% bei den Deutschen 10-jährigen und 5% beim US-Gegenstück, wohl aus technischen Gründen drinnen sein kann, wahrscheinlich noch ein Stückerl weitergehen. Sagen wir bis 4,5% in GER und 6,5% in den USA oder so. :-)

Warum muss das so sein? (wenn´s nicht doch anders kommt und ich dann sicher auch dafür eine plausible Erklärung liefern kann. *lol*) Weil, selbst wenn die Inflation weiter in den Sturzflug übergeht und wir tatsächlich bald wieder bei 2% herumgrundeln (was durchaus zu bezweifeln ist, weil´s Punktlandungen in der Ökonomie nur ganz selten gibt.), müssten die Zentralbanken erst aggressiv die Zinsen senken und wieder deutlich in den expansiven Bereich kommen. Selbst wenn das dann passiert, weil realiter die Zentralbankpolitik ex definitione nur von einem Policy Error zum nächsten stolpern kann, sollten wir doch gelernt haben, dass eine Termstructure auch dazu da ist, zukünftige Risiken abzubilden und die bestehen wahrlich nicht nur in der zu erwartenden Inflation.

Natürlich ist es schwer zu begreifen, dass die Zukunft mit – zum überwiegenden Teil – schwer zu prognostizierenden Risiken behaftet ist, wenn ich jetzt schon weiß, dass ich zB Tesla die nächsten 74 Jahre halten kann, weil´s so lange Gewinne machen wird, bis sich meine Investition gerechtfertigt hat. Bitte, Tesla steht hier nur deshalb, weil´s jeder kennt, es gibt durchaus auch noch ein paar andere Werte mit recht sportlichen Bewertungen da draußen. Vor 74 Jahren war Europa ein Trümmerhaufen, wir hatten gerade den zweiten Weltkrieg innert von 30 Jahren hinter uns und die die noch da waren, hatten keinen Plan, wie´s weiter gehen sollte. Dass es seitdem nur eine Richtung gegeben hat, war so glücklich wie historisch ohne Präzedenz. Dass es auch anders geht, sich zwar die handelnden Personen verändert haben aber die Ideen vielfach wenig angepasst wurden, und diese leider immer noch tauglich sind, als Grundlage für Fürchterlichkeiten zu dienen, sehen wir seit Februar 2022 ante portas. That said, soll mir jetzt noch einer erklären, er findet es eh super dem deutschen Staat (oder irgendeinem anderen ;-)) auf 30 Jahre für 3,2%(oder halt den Schnaps mehr je schurkiger es wird) pa Geld zu borgen. :-)

Im gleichen Fahrwasser könnten sich wohl auch der Aktienmarkt noch ein bisserl normalisieren, wobei´s insbesondere an den Ecken interessanter werden dürfte, wo es irgendwann Refinanzierungsbedarf gibt. Plötzlich – und auch das ist inzwischen wahrscheinlich auch in die windigste Tech-Bude durchgedrungen – geht´s nicht mehr nur darum, ob ich meine Leistung/mein Produkt grundsätzlich an den Kunden bringen kann. Investitionen müssen sich nicht nur selbst, sondern auch ihre Finanzierungskosten, die es wieder gibt, verdienen. Diese wiederum richten sich nicht nur nach der Fristigkeit (je länger, desto höher ;-)), sondern auch danach, wieviel Risikoprämie der Markt fordert. Man braucht da kein großer Mathematiker zu sein, um zu erkennen, dass sich manche Dinge die nur auf Hoffnung(und geschenktem Geld) gebaut sind, mittelfristig wohl nicht mehr rechnen werden… Der Rest steht im Prospekt! :-)

Glück auf!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.

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