Gröschls Mittwochskommentar: 38/2023

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 20.09.2023 10:59 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto

Heute ist die Fed dran uns mit ihren Einsichten zu erhellen, ob das nach dem dovishen Hike der EZB letzte Woche, eine hawkishe Pause oder ein neutral Hike wird, ist realiter völlig unerheblich. Überrascht wären wir wohl alle, wenn sie mehr als 25bps anheben würden, aber da es ja sonst keine Überraschung wäre, messen wir dem mal eine eher geringe Wahrscheinlichkeit bei. :-) Die Ob & Wann Rezessions-Diskussion hüben wie drüben wird indes munter weitergeführt, noch ist´s allerdings vor allem in den USA nicht soweit. Europa steht da leider auf einem anderen Blatt, aber dazu ein bisserl später.

Die Grundsatzfrage, die wir hier eh vielleicht schon einmal gestellt haben, ist: Kann eine Zentralbank einen Fair-Value Zinssatz erreichen bzw. beschließen, auf dem sie dann längere Zeit verharrt oder stolpert sie – notgedrungen – von einem Policy Error zum nächsten? Abgesehen von den 90er Jahren, wo es Allen Greenspan gelungen ist, den Leitzinssatz über eine relativ lange Periode ziemlich stabil zu halten - wobei wir wissen, was danach kam ;-) - folgten auf Perioden starker Anstiege immer relativ schnell aggressive Senkungszyklen. Es ist das Überschießen also anscheinend systemimmanent. This time it´s different könnte natürlich diesmal stimmen, weil wir auch in den Wirtschaftswissenschaften in den letzten Jahrzehnten dazugelernt haben und weil die Situation am Arbeitsmarkt diesmal eine recht spezielle ist, aber so richtig glauben wir das nicht, oder? 

Der aktuelle Anstieg der Ölpreise rund um den Globus macht die Sache auch nicht leichter, haben diese über den Spritpreis, anders als in Europa, in den USA eine relativ direkte Auswirkung auf die Headline-Inflation. Erschwerend kommt hinzu, dass die Raffinerie-Kapazitäten in den USA (Danke Bernhard! :-)) deutlich zu gering sind, um mit der Nachfrage mithalten zu können, was sich dann nochmal direkt auf die Spritpreise auswirkt. Ob das jetzt der FED am Ende hilft, die Wirtschaft abzukühlen oder aber sich indirekt mittelfristig auch wieder in einem Anstieg der Kernrate abzeichnet, auf den die FED dann reagieren muss, mögen Berufenere beurteilen. :-) Ganz out of the woods sind wir jedenfalls noch nicht.

Die Spekulationen über die Terminal-Rate sind hierorts die gleichen, auch wenn das Umfeld nur bedingt vergleichbar ist. Der Markt scheint nach dem Zinsschritt der EZB letzte Woche und dem eher zurückhaltenden Kommentar von Frau Lagarde anzunehmen, dass es das jetzt bald gewesen sein dürfte und bereitet sich für 2024 schon auf die ersten Zinssenkungen vor. Man geht also davon aus, dass die Zentralbank zu viel getan hat und das wieder korrigieren muss. Das wiederum – und das gilt gleichermaßen für die USA – bedingt, dass sich das längere Ende der Zinskurve erst gar nicht richtig auf den Weg nach oben macht. Könnte es sein, dass wir in den letzten 15 Jahren des gratis Spielgelds und der zeitlich relativ kurzen Phasen der Katastrophen-Klärung verlernt haben, in adäquaten Zeiträumen zu denken? V-Shapes wie nach Brexit, Trump und Covid, nur um hier die größeren Katastrophen zu nennen ;-), könnten sich möglicherweise als die historische Ausnahme herausstellen….

Zum Abschluss noch ein kurzer Blick in die Untiefen der heimischen Innenpolitik, um nicht wieder auf unseren großen Nachbarn schauen zu müssen, denn auch wir haben ökonomisches Unwissen zu bieten. Zum Beispiel scheint kaum einer unserer Volksvertreter zu verstehen, wie das mit der Inflation funktioniert und wer da wieviel Einfluss worauf hat. Soll so sein, es kann ja nicht jeder Karrierepolitiker ein Volkswirt sein. Aber was einem schon die Sorgenfalterln ins sonst ja noch jugendliche Gesichterl zaubern kann, ist die Tatsache, dass man, anstatt den Versuch zu unternehmen, sich selbst und die Bevölkerung zu bilden, wieder in aktionistische Muster verfällt und dem Wahlvieh simple Lösungen in einfacher Sprache anbietet.  Bitte manchmal muss man wohl akzeptieren, dass Zusammenhänge komplex sind und man nicht immer alles versteht und auch der Typ im Internet, der ein (if ;-)) Fernstudium auf der Uni in Ulan Bator absolviert hat, nicht alles weiß, auch wenn´s die Sager von den diversen Politikern untermauern. Der Rest steht im Prospekt… ;-)

Glück auf!

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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