Eigentlich wollt ich heut, mangels anderer wirklich neuer Erkenntnisse ein Thema ausbreiten, das zwar beim ein oder anderen inzwischen ein bisserl die Grausbirnen aufsteigen lässt, aber ob der Omnipräsenz eines ist, mit dem wir uns auch auf operationeller Seite noch weiter auseinandersetzen werden müssen. Richtig, es geht um die Nachhaltigkeit bzw. der Darstellung derselben in den diversen Portfolios. Nun wissen und können wir inzwischen ganz gut sagen, wer die Guten, wer die Bösen und warum die einen dort und die anderen da auf der Liste stehen. Dass die Kategorisierung über weite Strecken mehr dem Regulatorium, denn der Realität geschuldet ist, ist dabei evident. Wir bewegen uns zwischen Taxonomie, SFDR, Paris aligned und diversen nationalen Eco-Labels durch einen Dschungel von Vorschriften, der selbst für den gelernten Österreicher, der sich ja normalerweise über Regeln freut, ein bisserl schwierig ist. Aber sei´s drum, es fragt uns eh keiner. ;-)
Hat es in den letzten Jahren als Investitionsaufgabe durchaus gereicht, sich compliant zu der einen oder anderen Vorgabe aufzustellen und waren die Investoren zufrieden, wenn man als Erklärung für die Out- oder Underperformance diverse Sektoren (sehr beliebt waren da zB. Energie auf der einen und Tech auf der andren Seite), die man entweder haben musste oder nicht haben durfte, ins Treffen geführt hat, muss/wird sich das zunehmend ändern. Wenn wir – und das ist zu befürchten – weiter Benchmark getrieben durch den Ozean der (Performance)Tränen steuern müssen, wird es eine nachvollziehbare Erfolgsbeurteilung brauchen, die sich nicht nur auf das Einhalten von Nachhaltigkeitsstandards bezieht, sondern die hinkünftig Äpfel mit Äpfeln vergleicht und nicht Äpfel mit Zwetschkenknödeln. Erschwerend kommt hinzu, dass die strengsten ESG Benschmarks, wie zB. Paris aligned BMs, nicht dazu angetan sind, die Unternehmen zu fördern, die sich möglicherweise von einem niedrigeren Startniveau auf einem Verbesserungspfad befinden, sondern die bevorzugen, die eh schon super sind. Es kommt hier also (wieder einmal ;-)) zu einer Regulariums bedingten Kapitalfehlallokation.
Hab ich eine Lösung? Natürlich nicht. :-) Aber vielleicht können wir mit vielen kleinen Schubsern den Schwarm in die richtige Richtung nudgen und es fällt der kollektiven Finanzmarktintelligenz dann irgendwo doch was ein, wie man aus einer ganz vernünftigen Grundidee am Ende nicht nur ein G´schäft machen kann (das hat ja die letzten 10, 15 Jahre schon mal ganz gut geklappt ;-)), sondern auch was Sinnvolles überbleibt, das die Guten belohnt und die mittel Guten entlarvt.
Apropos entlarven – und nun kommen wir doch noch zum tagesaktuellen Thema – nicht nur im (US Regionalen)Bankensektor geht die Flut langsam, aber sicher zurück und wir beginnen zu sehen, wer das Badehoserl anhat und wer die letzten Jahre im (künstlichen) Liquiditätsmeer dann doch eher nackert geschwommen ist. Wobei man sich das Meer hier eher wie die Nordsee oder den Neusiedlersee, in dem man ja schon länger nicht mehr ohne schwimmen kann, vorstellen muss, weil´s schon einer gewissen Wassertrübung bedarf, um sich so lang verstecken zu können. Auch der Private Equity Markt dürfte sich bei genauerem Hinsehen eher als FKK-Strand darstellen und sich mit der zurückgehenden Liquidität durchaus schwer tun.
Hier darf ich, der Einfachheit halber aus einem Morning Mail der Goldmänner zitieren: Private equity portfolio companies are facing a perfect storm of macroeconomic trends right now. 16 private equity-backed companies filed for bankruptcy during the first 75 days of 2023, on pace for the most since 2010. With higher interest rates, portfolio companies might face a challenging road ahead if they want to refinance. Wäre ja auch ein bisserl komisch gewesen, wenn wir im Public Equity Sektor zum Teil Bilanzen sehen (Danke Bernhard. :-)), die uns kalte Schauer über den Rücken schicken, wenn wir dort, wo die Transparenz niedriger ist und die laufende, öffentliche Kursbildung und mithin die Problem-Früherkennungsvisibilität fehlt, weniger Saustall hätten, oder?
Wir sehen also, die Spannung reißt nicht ab! :-)
Alles Gute!
Florian
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH
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Florian Gröschls obiger Kommentar stellt eine Markteinschätzung aufgrund von selbstentwickelten Systemen und persönlichen Erfahrung dar. Keinesfalls ist obiger Kommentar eine Empfehlung oder Meinung der ARC und/oder Florian Gröschl, Positionen welcher Art auch immer einzugehen.