Gröschls Mittwochskommentar: 11/2023

Der wöchentliche Blick auf die Märkte, (Geo-)Politik, Known Unknowns und andere wichtige Entwicklungen. Verfasst von e-fundresearch.com Gastautor Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH. Markets | 15.03.2023 11:42 Uhr
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH / © e-fundresearch.com & interfoto
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Kann sich noch jemand an die Zeichentrick-Serie Es war einmal der Mensch erinnern? Wenn ja: Fein! Zeigt sie Euren Kindern! :-) Wenn nicht: Kann man nix machen! ;-) Jedenfalls werden wir heute aus gegeben Anlass zurückblicken auf einen für den Homo Börsianikus nicht unwesentlichen Moment in der Geschichte, nämlich auf das Jahr 2008 und rundherum. Natürlich ist Geschichte immer subjektiv, weil von den Siegern geschrieben und von persönlichen Erinnerungen verzerrt, aber die grobe Richtung werden wir schon erwischen!

Wer die große Knollnase sowohl damals als auch heute war, steht dabei außer Frage, hat doch der damalige CFO von Lehmann, im Jahr 2007 als Chief Administrative Officer bei der Silicon Valley Bank angeheuert (Danke Ronnie! :-)), nur diesmal hat er die Kurve nicht mehr gekriegt. Aber lassen wir den bärtigen Maestro rekapitulieren, was damals geschehen ist und warum wir eine Finanzkrise dieses Ausmaßes diesmal wohl nicht sehen werden, wobei sich die Geschichte in mehreren Aspekten zwar reimt, aber doch ein bisserl eine andere werden dürfte.

Anfangen tut´s damit, dass damals zwar wilde Vermutungen existiert haben, was passieren könnte, wenn man die eine oder andere größere andere Bank gehen lässt, aber keine nennenswerten Erfahrungen. Nun, we learned it the hard way. ;-) Die Bereitschaft das nochmal auszuprobieren, dürfte unter den relevanten Personen relativ gering sein, sonst hätte der POTUS nicht gleich höchst selbst alles Mögliche versprochen. Bisserl sauer aufstoßen tut, dass die Herde der mittelgrauen Schafe, sei es vorsätzlich oder durch Blödheit, nach wie vor relativ groß ist und man die Aufweichung des Dodd-Frank Acts wohl wieder zurücknehmen und ins Gegenteil verkehren wird. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der fundamentale Unterschied zu damals ist aber, dass wir es 2008 und drumherum mit einem riesen Berg an Assets zu tun gehabt haben, dessen Werthaltigkeit zumindest diskutierbar war. Stichwort Sub-Prime ABS. Wer weiß noch was Revers Option ARMs waren? :-) Es befanden sich also bei fast allen Banken gewaltige Positionen in Strukturen verpackter (Immobilien)Kredite, wobei hier der Fantasie bei der Komplexität (CDO², CDO³ und so) kaum Grenzen gesetzt waren. Allen gemein war, dass der Diversifikationseffekt in der Risikobetrachtung weit (with hindsight ;-)) höher gewichtet war als die Qualität der darunter liegenden Assets. Als die ganze Sache dann den Bach hinunterzugehen begann und die Substanz der Forderungen in Frage gestellt werden musste, kam es zu einem Vertrauensverlust zwischen den Banken (und nicht in erster Linie zu einem Bankrun durch die Einleger, die haben erst nach und nach begriffen, was da eigentlich vorgeht).

Es wurde also die Bonität der Gegenpartei in Frage gestellt und die Kreditlinien untereinander gekappt. Damit konnten viele Banken ihren kurzfristigen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen und fast aus wär´s gewesen, wenn dann nicht doch von überall Garantien daher gekommen wären. War ziemlich spannend damals. Der Unterscheid ist diesmal, dass – soweit das jetzt von mir beurteilt werden kann :-) – ein paar wenige mittelständische, also wohl nicht systemrelevante Banken, die Zinsentwicklung falsch eingeschätzt haben, sich also verzockt haben, und deshalb ins Straucheln gekommen sind. Nicht geändert hat sich, dass der Fallout sozialisiert wird, die Deposits nachgedruckt werden und der Bankkunde einmal mehr gelernt hat, dass er ruhig höchstes Risiko gehen kann, wenn er sein Kapital veranlagt, weil, wenn´s daneben geht, zahlt´s eh die Allgemeinheit. Unterm Strich ned so leiwand, find ich, aber bitte…

Soweit so mittel. Den mit Abstand unglücklichsten Job hat jetzt allerdings die FED, die zweifelsohne die Zinsen weiter erhöhen muss bzw. sicher nicht senken kann, weil die Inflation, der grundsätzlich recht widerstandsfähigen Wirtschaft entsprechend, weiter erhöht bleibt, sie sich auf der anderen Seite aber mit einem leicht angeschlagenen und hoch aufgeregten Aktienmarkt konfrontiert sieht. Sticht sie den Markt ab, hat das in den USA – im Gegensatz zu Europa – eine relativ direkte Auswirkung auf die Vermögenssituation der Steuerzahler, die dann kalte Füße bekommen und aus ist´s mit dem Soft- bzw. No-Landing Szenario. Bekommt sie die Inflation nicht unter Kontrolle, führt das über einen anderen Pfad zum selben Ergebnis.

Dürfte also nicht einfach werden hier die eine, richtige Abzweigung zu erwischen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie in der Black-Out Periode bis zum nächsten FOMC-Meeting am 22. März den Markt auch noch völlig allein lassen muss und er im eigenen Saft bratend sich in den wildesten Spekulationen ergehen kann. Dass bei zu viel des Nachdenkens ohne frischen Input in den seltensten Fällen was G´scheites rauskommt, dürfte den meisten aus eigener Erfahrung bekannt sein….

Also bleiben wir gespannt! :-)

Liebe Grüße

Florian

Florian Gröschl, Geschäftsführer und Miteigentümer der Absolute Return Consulting GmbH

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