MFS-Portfoliomanager über Videospielebranche: "Eine disruptive Kraft erwacht"

"Für die Videospielebranche ist das Spiel noch lange nicht aus. Sie entwickelt sich parallel mit den neuesten technologischen und demografischen Trends", meint Robert M. Almeida, Institutional Equity Portfolio Manager bei MFS Investment Management, in einem aktuellen Gastbeitrag. Markets | 21.03.2018 11:46 Uhr
Robert M. Almeida, Institutional Equity Portfolio Manager, MFS Investment Management / ©  MFS
Robert M. Almeida, Institutional Equity Portfolio Manager, MFS Investment Management / © MFS
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
"Schon immer haben neue Technologien gesellschaftlichen Wandel ausgelöst. Die Eisenbahn, das Auto, der Kühlschrank, das Fernsehen und zuletzt das Internet und mobile Endgeräte haben unser Leben verändert. Heute sorgen diese Technologietrends für neue Konsummuster in allen Branchen – und bedrohen die Gewinne vieler Unternehmen weltweit. Im Growth Equity Team bei MFS haben wir das Thema „kreative Disruption“ genau im Blick – denn es hat enorme Auswirkungen darauf, wie wir investieren. Beispiele gibt es viele. Unserer Meinung nach schafft die kreative Disruption zweierlei Alphaquellen: das Identifizieren von Unternehmen, die Veränderungen bewirken können (mögliche Disruptoren) und der Verzicht auf Firmen, denen diese Disruptoren gefährlich werden können.

Wenn sich Branchen stark verändern, hat das oft mit neuen Konsummustern zu tun.  Seit einigen Jahren beobachten wir in diesem Zusammenhang die internationale Videospielebranche. Man schätzt, dass der Markt 2017 etwa 108 Mrd. US-Dollar Volumen hatte (Newzoo, Schätzung des Marktvolumens der internationalen Videospielbranche im Jahr 2017, April 2017). Die Branche ist etabliert. Bereits 1972 brachte Atari Pong auf den Markt, einen der ersten Videospiel-Knüller. Heute kann sie enorme Veränderungen bewirken, und zwar vor allem aus zwei Gründen: Erstens erlaubt das Internet Videospielanbietern direkte und rentablere Kundenbeziehungen. Zweitens ist die Beliebtheit von Videospielen als Freizeitbeschäftigung exorbitant gestiegen, sodass sie eine ernstzunehmende Konkurrenz für die Sektoren Werbung, Unterhaltung und Sport geworden sind. Betrachten wir einmal die Folgen der digitalen Disruption genauer.

Die Entwicklung der Spielebranche: Von Pong zu Candy Crush Saga

Die Videospielebranche erzielt weltweit Umsätze – in Asien, Nordamerika und anderen Regionen (Abbildung 1). Nach dem Erfolg von Spielen wie Pong Ende der 1970er-Jahre floss immer mehr Geld in die Branche. Fortschritte in der Konsolentechnologie ermöglichten kreativere Spiele und mehr Kundenorientierung.

Die meiste Zeit war die Entwicklung und Vermarktung von Videospielen eine teure und risikoreiche Sache. Niemand wusste, wie lange ein Spiel gefragt und am Markt sein würde.  Jedes Jahr drehte sich das Glücksrad erneut. Welche Spiele würden erfolgreich sein, welche würde floppen? Daher war auch das Marktumfeld für Entwickler und Verkäufer von Spielekonsolen unsicher. Deshalb haben wir bei MFS diese Geschäftsmodelle mit einem Abschlag bewertet, zumal ihre Aussichten schwer zu prognostizieren waren. Nach unserem Maßstab waren Videospielanbieter keine Qualitätsunternehmen. Mit ihren stark schwankenden und unterdurchschnittlichen Erträgen und ihren hohen Risiken passten sie nicht zu uns.  

Abbildung 1: Umsätze der Videospielebranche nach Regionen Quelle: Newzoo, Global Games Report, April 2017. Die Prozentangaben sind Schätzungen.
Abbildung 1: Umsätze der Videospielebranche nach Regionen Quelle: Newzoo, Global Games Report, April 2017. Die Prozentangaben sind Schätzungen.

In den letzten Jahren gab es allerdings eine wichtige Veränderung: internetfähige Spielkonsolen. Über sie kann man komplette Spiele herunterladen anstatt teure CDs kaufen zu müssen, und nach der Veröffentlichung gibt es online Ergänzungen und Aktualisierungen. Eine weitere wichtige Veränderung war die zunehmende Beliebtheit von kostenfreien mobilen Spielen wie Candy Crush Saga, für die man aus dem Spiel heraus für wenig Geld zusätzliche Funktionen und andere Verbesserungen kaufen kann. Derartige Verkaufsmöglichkeiten stören nun das jahrzehntelang vorherrschende Entwicklungs-, Marketing- und Vertriebsmodell.

Das digitale System ist noch nicht perfekt, aber wir glauben, dass direkte digital herunterladbare Inhalte erheblich rentabler sind, um Spiele zu entwickeln und direkt an den Endkunden zu vertreiben. Es sorgt für eine engere Kundenbeziehung und mehr Kundennähe, sodass die Spiele länger am Markt bleiben. Beim Online-Vertrieb digitaler Produkte ist der Gewinn je Dollar Umsatz etwa 20 Prozentpunkte höher als beim Verkauf eines Produkts für die Offline-Konsole. Die Unternehmen liefern direkt an den Endverbraucher und müssen keine verpackten Spiele-CDs über den Einzelhandel vertreiben. Die Produktentwickler können zielorientierter arbeiten. Deshalb haben sich die Finanzkennzahlen von Unternehmen mit diesem Geschäftsmodell erheblich verändert. Die Cashflows sind stabiler und besser prognostizierbar.

Fazit

Investoren sollten nie vergessen, dass nichts so beständig ist wie der Wandel. Wer nicht mit der Zeit geht, wird wahrscheinlich irgendwann Fehler machen. Videospiele sind dafür ein gutes Beispiel. Sie sind heute völlig anders als noch vor fünf oder zehn Jahren. Deshalb sollte man die Branche aus einem neuen Blickwinkel betrachten. Die digitale Technologie stellt die alten Umsatzmodelle in allen Konsumbereichen in Frage, sowohl im traditionellen Einzelhandel mit seinen Ladengeschäften als auch bei den Produktherstellern selbst. Heute stellen sich Unternehmen die Frage, mit welchen Medien Inhalte gesehen und genutzt werden. Aus unserer Sicht ist die Videospielbranche interessanter geworden. Einige Unternehmen haben hochrentable Modelle mit hohen und stabilen Cashflows entwickelt, die langfristiges Wachstum versprechen und lange tragfähig sein können."

Robert M. Almeida, Institutional Equity Portfolio Manager bei MFS Investment Management


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