ETFs: Billiger geht´s nicht

Bei Exchange Traded Funds (ETFs) ist ein Großteil der Kostensenkungen bereits erfolgt, so Bruce Lavine, Europa-Chef der BGI-Tocher iShares. Im Rentenbereich warten derzeit neue Herausforderungen auf die Anbieter. Einen ETF auf den Wiener ATX-Index plant er nicht. Funds | 25.04.2005 12:44 Uhr
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Bruce Lavine ist Europa-Chef von iShares, einer Tochter von Barclays Global Investors (BGI). BGI ist mit einem Marktanteil von 44 Prozent und einem verwalteten Vermögen von 137,9 Mrd. US-Dollar der größte ETF-Anbieter der Welt. Danach folgt State Street Global Advisors mit einem Volumen von 78,2 Mrd. US-Dollar und einem Marktanteil von 24,9 Prozent. Mit 129 ETFs bietet BGI jedoch dreimal so viele Fonds an als State Street.

In Europa hält BGI laut jüngsten Zahlen von Morgan Stanley mit 8,3 Mrd. US-Dollar (Marktanteil 22,4 Prozent) den dritten Platz, hinter der Münchner Indexchange mit 8,4 Mrd. US-Dollar (Marktanteil 22,5 Prozent) und Lyxor International Asset Management mit 8,7 Mrd. US-Dollar (Marktanteil 23,7 Prozent.


Vorteile von ETFs im Überblick

e-fundresearch: Herr Lavine, welche Vorteile weisen ETFs gegenüber anderen Möglichkeiten der passiven Geldanlage wie Indexzertifikaten oder herkömmlichen Indexfonds auf?

Bruce Lavine: ETFs sind von höherer Qualität als Indexzertifikate. Denn im Unterschied zu Zertifikaten stellen ETFs - wie Publikumsfonds auch - ein rechliches Sondervermögen dar. Selbst wenn der ETF-Anbieter Insolvenz anmelden muss, hat der Anleger sein Geld sicher. Anders bei Zertifikaten: Sie gelten als Schuldverschreibungen und sind damit dem vollen Konkursrisiko ausgesetzt. Weiters sind ETFs flexibler, man kann die Anteile auch intraday kaufen oder verkaufen. Dazu kommen noch niedrige Verwaltungsgebühren, eine vollständige Transparenz der Zusammensetzung des Portfolios, die Möglichkeit, die Fonds an verschiedenen Börsenplätzen zu handeln, so wie bei Aktien auch. Weiters sind ETFs besser reguliert als Zertifikate und deswegen sehr einfach miteinander vergleichbar. Gegenüber herkömmlichen Indexfonds haben ETFs den Vorteil, dass man diese shorten, also leerverkaufen, kann.

Kostenunterschiede innerhalb der Assetklassen enorm

e-fundresearch: Bleiben wir bei den Kosten. Während in den USA der MSCI EMU ETF bei BGI 60 Basispunkte kostet, gibt es den iShares Dow Jones Euro Stoxx 50 in Europa schon um 15 Basispunkte. Warum diese großen Unterschiede innerhalb der gleichen Assetklasse?

Bruce Lavine: Die europäischen iShares sind in Dublin domilizierte Fonds, was die Abwicklung innerhalb der EU erleichtert. Der in den USA angebotene MSCI EMU ETF erfordert einen zusätzlichen Aufwand, da es für dieser Index keine börsennotierte Derivate gibt. Weiters ist der Dow Jones Euro STOXX 50 der am meisten gehandelte Index in Europa und setzt sich nur aus 50 Titeln zusammen, was zusätzlich Kosten spart.

ETFs: Billiger geht’s nicht

e-fundresearch: Die im Vergleich zu aktiven Fonds viel niedrigeren Kosten sind ein Hauptvorteil von ETFs. Während der 500 Aktien umfassende S&P 500 als BGI-ETF in den USA nur neun Basispunkte kostet, ist der 50 Titel umfassenden iShares Dow Jones Euro Stoxx 50 fast doppelt so teuer. Gibt es da überhaupt noch Spielraum nach unten?

Bruce Lavine: Ich glaube der Großteil der Kostensenkungen bei ETFs liegt hinter uns. Viel billiger geht es kaum noch. Vergleicht man einen aktiven Europa-Aktienfonds, der im Schnitt 150 Basispunkte pro Jahr kostet, sind wir mit 15 Basispunkten schon jetzt außerordentlich günstig.

„Aktive Fondsmanager sind ihr Geld nicht wert“

e-fundresearch: Nicht in allen Assetklassen machen ETFs Sinn, oder?

Bruce Lavine: ETFs bieten in fast allen Assetklassen einen Mehrwert für Anleger, da man damit einen reinen und kostengünstigen Zugang zum Beta des jeweiligen Marktes erhält. Natürlich gibt es Assetklassen, in denen aktives Management mehr Sinn macht als in anderen. Großteils sind aktive Fondsmanager aber ihr Geld nicht wert.

ETF auf den ATX unwahrscheinlich

e-fundresearch: Sowohl auf den Deutschen DAX als auch auf den Schweizer SMI gibt es bereits mehrer ETFs. Gerade aber die seit zwei Jahren boomende Wiener Börse wird außen vorgelassen. Bereits im Jahr 2002 gab es erste Anzeichen, eines ETFs auf den ATX (siehe: „Obersteiner: Es wird uns nicht fad“ vom 6.6.2002). Warum gibt es noch keine diesbezüglichen Fonds?

Bruce Lavine: Wir sind mit dem in den USA erhältlichen MSCI Austria Index Fund der weltweit einzige Anbieter eines Österreich-ETFs. Mit einem Volumen von aktuell 185 Millionen US-Dollar hält dieser sogar mehr Volumen als der MSCI Germany ETF. Generell stellen österreichische Aktien aber nur einen sehr kleiner Teil einer globalen Aktienstrategie dar. Der Boom in den letzten Jahren ist großteils darauf zurückzuführen, dass viel Geld nicht direkt nach Osteuropa fließen wollte.

e-fundresearch: Sie planen also keinen ETF auf den ATX bzw. wollen in nächster Zeit nicht den MSCI Austria in Europa zum Vertrieb zulassen?

Bruce Lavine: Wir würden das theoretisch schon planen. Derzeit sehen wir uns aber nach Produkten um, die ein direkteres Exposure in Osteuropa ermöglichen. 

Herausforderungen bei Renten-ETFs

e-fundresearch: Für viele Investoren, gerade in Österreich, spielen Anleihen eine weitaus größere Rolle als Aktien. Bei Rentenfonds sind die Performance-Unterschiede zwar meist geringer als bei Aktienfonds. Im Hinblick auf das Ergebnis spielen die Gebühren jedoch eine größere Rolle. ETFs, die breite Rentenindizes anbieten, gibt es dagegen noch sehr wenige. Warum?

Bruce Lavine: Anleihen-ETFs sind im Vergleich zu Aktien-ETFs eine noch sehr junge Kategorie. Anlegern gefällt diese Assetklasse ohne Zweifel sehr und weltweit sind auch bereits neun Milliarden US-Dollar in 28 Fonds investiert. Die Herausforderungen bei Renten-ETFs ist es jedoch entsprechende Indizes nachzubilden: So basieren herkömmliche Rentenindizes oft auf nicht handelbaren Kursen eines Anbieters, so genannten indikativen Kursen. Die Einführung der iBOXX Indizes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bei BGI bieten wir bereits seit 2003 zwei Corporate-Bond-ETFs in Euro bzw. USD an.

Nachteile von ETFs im Vertrieb

e-fundresearch: Rund 90 Prozent der börsengehandelten Fonds werden von institutionellen Anlegern gekauft. Warum werden ETFs, obwohl sie so viele Vorteile haben, von Privatanlegern wenig beachtet, während Institutionelle ausgiebig von ihnen Gebrauch machen?

Bruce Lavine: Im Unterschied zu vergleichbaren Produkten zahlen Anbieter von ETFs keine Verkaufsprovisionen an den Vertrieb. Das wird sich zukünftig auch nicht ändern, da wir ansonst keine so niedrigen Kostenquoten bieten könnten. Um Privatinvestoren zu erreichen, müssten Berater auf Basis erfolgsabhängiger Gebühren arbeiten. Bei einer größtmöglichen Übereinstimmung der Ziele zwischen Anleger und Berater, wären ETFs dann die natürliche Wahl. In den USA ist diese Entwicklung eingetreten, in Europa dauert es etwas länger.  


e-fundresearch: Vielen Dank für das Gespräch! 

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