Weisenhorn: „Sturm im Wasserglas ist vorbei“

Auf Sicht der letzten drei Jahre liegt der Weisenhorn Europa unter den besten Europa-Aktienfonds. Und das obwohl der letzte Sommer alles andere als positiv für Fondsmanagerin Elisabeth Weisenhorn verlaufen ist. Schuld waren u.a. Dividendenwerte. Funds | 15.04.2005 14:25 Uhr
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„Dividendenwerte haben uns geschadet“

e-fundresearch: Frau Weisenhorn, im letzten Frühjahr und Sommer verlor ihr Fonds stark. Zwischen März und August 2004 gab der Fonds um 21 Prozent nach, der MSCI Europe Index dagegen nur 6 Prozent. Trotzdem liegt der Fonds auf Sicht der letzten 3 Jahre mit einer durchschnittlichen Jahresperformance von 5,8 Prozent in seiner Vergleichsgruppe weit vorn. Was ist eigentlich geschehen? Elisabeth Weisenhorn: Das stimmt, der letzte Sommer war nicht leicht für uns. Wir waren in einer Reihe kleinerer Unternehmen investiert, die vom Markt fälschlicherweise abgestraft worden. Es war außerdem ein verstärkter Favoritenwechsel weg von kleineren Werten hin zu großen dividendenstarken Titeln festzustellen. Das hat uns in der Performance sehr wehgetan. Wir sind damals aber bei unserer Strategie geblieben und damit jetzt wieder erfolgreich. Allein 2005 hat der Fonds um 17 Prozent zugelegt, der MSCI Europe nur sieben. Der Sturm im Wasserglas ist vorbei.

„Dividendenmode muss man differenziert sehen“

e-fundresearch: Geht der Trend hin zu Dividendenwerten ihrer Meinung nach eigentlich weiter?

Elisabeth Weisenhorn: Ich denke das ist eher eine Mode-Erscheinung und sehe das sehr differenziert. Wenn ein Unternehmen gut verdient, kann es entweder investieren oder ausschütten. Während eine hohe Dividende auf den ersten Blick gut aussieht, nimmt man sich als Unternehmen mit einer zu hohen Ausschüttungsquote zukünftige Ertragskraft weg.

Generell hängt die Thematik aber stark mit der Value vs. Growth Diskussion zusammen. Daran beteiligen wir uns aber nicht, da wir Blend-Investoren sind. Sieht man sich einige österreichische Aktien an, etwa Böhler Uddeholm, so wird man aber schon nachdenklich: Machen die guten Wachstumsraten dieses Value-Wertes die Aktie jetzt zu einem Growth-Titel oder ist es einfach nur eine überbewertete Value-Aktie?

Strategie bleibt unverändert

e-fundresearch: Seit letzten Herbst und besonders seit Jahresbeginn zieht die Performance des Weisenhorn Europa wieder an. Was machen Sie jetzt anders?

Elisabeth Weisenhorn: Eigentlich nichts. Unsere starke Gewichtung von europäischen Mid Caps bzw. im Versicherungssektor hat uns sicher geholfen. In letzter Zeit haben wir unseren Anteil an Blue Chips von 50 auf 33 Prozent des Fondsvolumens reduziert. Der Rest unserer derzeit 80 Titel teilt sich gleichmäßig auf Mid und Small Caps auf.

Deutschland interessanter als Österreich

e-fundresearch: Sie sind nur mit 0,4 Prozent ihres Fondsvolumens in Wien investiert. Deutsche Aktien machen dagegen fast 80 Prozent aus. Sind Sie für österreichische Aktien so skeptisch?

Elisabeth Weisenhorn: Diesen lang anhaltenden Aufschwung an der Wiener Börse bzw. in Osteuropa habe ich so nicht vorhergesehen. In Deutschland finde ich aber weiterhin viel mehr interessante Titel.

e-fundresearch: Was finden Sie an deutschen Aktien derzeit eigentlich so interessant? Das BIP-Wachstum ist schwach, die Arbeitslosigkeit hoch?

Elisabeth Weisenhorn: Im internationalen Vergleich sind deutsche Aktien immer noch sehr günstig bewertet. Außerdem ist nicht alles ganz so schlecht, wie es oft kommuniziert wird. Die Lohnstückkosten sind in Deutschland seit 1999 um cirka 10 Prozent gefallen, in Italien sind sie um 10 Prozent gestiegen und in anderen europäischen Ländern in etwa gleich geblieben. Außerdem haben kleine Unternehmen oftmals schon viele vom Staat diskutierten Reformen selbst umgesetzt um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wichtig ist für mich aber vor allem, was macht ein Unternehmen besser als das andere und in welchen Märkten ist man tätig. Denn dabei sollte man nicht vergessen, dass die Wertschöpfung vieler deutscher Unternehmen gar nicht im Inland stattfindet sondern anderswo. Auf unserer laufenden Suche nach neuen Investmentideen in Europa, werden wir aber in Deutschland überdurchschnittlich oft fündig.

Eine Vivacon ist etwa in einer innovativen Nische des Immobiliengeschäftes tätig. Im Kerngeschäft kauft diese Firma vorwiegend denkmalgeschützte Objekte von der öffentlichen Hand, Wohnungsbaugesellschaften oder Industrieunternehmen. Nach der Sanierung und Modernisierung werden die Objekte an Eigennutzer und Kapitalanleger verkauft. Häuser und Wohnungen werden dabei rechtlich von Grund und Boden getrennt und damit günstiger weiterverkauft. Ein weiteres Beispiel ist Solarenergie: Mit Solon halten wir hier Anteile an einem der größten Solarmodulproduzenten in Europa. In Zeiten hoher Ölpreise ein lohnendes Investment.

Ziel: Gewinne halten und ausbauen

e-fundresearch: Wie geht es generell mit europäischen Aktien im Jahr 2005 und 2006 weiter?

Elisabeth Weisenhorn: Aus Top-Down-Sicht befinden wir uns gerade in der Mitte des Konjunturzyklus. Das Schlimmste liegt hinter uns, aber das Top ist bereits überschritten. Liquidität sollte aus den Finanzmärkten entweichen und für Investitionen und Konsum genützt werden. Außerdem herrschen Ängste vor Inflation und der nächsten Abschwächung.

Vor diesem Hintergrund rechne ich mit einer wenig volatilen Seitwärtsbewegung bis Jahresende. Für meinen Fonds wäre ich schon froh, die Kursgewinne von derzeit 17 Prozent in diesem Jahr bis Sylvester zu halten bzw. noch zu verbessern. Denn meine Hauptbedenken sind die globalen Ungleichgewichte: Die USA konsumieren zu viel, Asien und Europa dagegen zu wenig.


Über die Person:
Nach über 15 Jahren Tätigkeit in der Deutsche Bank Gruppe, zuletzt als Leiterin für europäische und deutscher Aktienfonds bei der DWS, machte sich Elisabeth Weisenhorn im Sommer 2000 selbständig und beteiligte sich an dem von ihrem Bruder Johann im Jahr 1999 gegründetem Unternehmen Weisenhorn & Partner Financial Services mit Sitz in Wien. Sie startete ihre Karriere zusammen mit ihrem Bruder bei der Firma Fiduka des Börsengurus André Kostolany in München, bevor sie über eine Zwischenstation bei der Bayrischen Hypo-Bank in der Deutschen Bank landete. Die ehemalige Star-Fondsmanagerin bei der DWS, dort war sie etwa für den DWS Investa und den DWS Akkumula zuständig und verantwortete insgesamt knapp 7 Mrd. Euro, wechselte dann aber zur Wirtschaft und studierte VWL. Als geschäftsführende Gesellschafterin von Weisenhorn & Partner ist sie neben dem Fondsmanagement des Weisenhorn Europa (Volumen aktuell: 28 Millionen Euro) als Investment Advisor für den Total Return Long Short Equity Fund "European Pearl Fund" tätig.



Daten per 13.4.2005 in Euro
Quelle:
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