BLOG - ETF-Branche: Nachhaltige Produkte überdenken

Vergangene Woche habe ich unsere Lipper-Datenbank nach globalen oder regionalen ETFs mit nachhaltigen Anlageuniversen durchsucht. Das sind Produkte, die bei ihren Investments nicht nur ökonomische, sondern beispielsweise auch ökologische, soziale und ethische Kriterien berücksichtigen. Funds | 05.07.2010 14:23 Uhr
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Meine Trefferliste fiel mit gerade einmal zwei Produkten mager aus. Und diese - der FTSE 4 Good IBEX ETF und der iShares DJ Euro Stoxx Sustainability 40 (DE) haben nur geringe verwaltete Volumina. Das hat mich angesichts des Megatrends zu nachhaltigen Investments verwundert.

Bei genauerer Betrachtung ist das aber gar nicht so erstaunlich. Denn die meisten institutionellen Anleger haben eigene Definitionen für nachhaltige Investments. Diese sind in der Regel strenger als die der Indizes, die nachhaltigen ETFs zugrunde liegen und in der Regel auf dem Best-in-Class-Ansatz basieren.

Bei diesem Ansatz kommen alle in dem jeweiligen Anlageuniversum vertretenen Branchen für die Auswahl in Frage. Was zählt, ist, dass ein Unternehmen im Vergleich zu seinen Wettbewerbern gut dasteht. Dies führt dazu, dass sich auch Unternehmen aus Branchen, die per Definition nicht nachhaltig sind, in den Portfolios der Anleger wiederfinden - zum Beispiel Ölkonzerne. Was dies zur Folge haben kann, zeigt der Fall BP sehr eindrücklich: Die meisten Researchanbieter stufen BP als nachhaltigstes Unternehmen der Ölindustrie ein. Daher ist der britische Konzern in fast allen gängigen nachhaltigen Best-in-Class-Indizes, die auch Großbritannien berücksichtigen, enthalten.

Im Bereich der nachhaltigen ETFs auf einzelne Branchen ist die Auswahl größer als bei den globalen beziehungsweise regionalen Indizes. Beispielsweise gibt es Produkte auf Indizes zu den Themen erneuerbare Energien, Wasser und die Abfallbeseitigung - und zwar von mehreren Indexanbietern. Aber auch diese Produkte konnten sich bis heute nicht bei den Anlegern durchsetzen.

Ein erster Grund dafür könnten auch in diesem Bereich die Auswahlkriterien für die einzelnen Indexkomponenten sein. Zweitens sind im Segment der ETFs nur wenige Privatanleger aktiv, gegenüber denen sich solche Themen gut vermarkten lassen. Drittens beinhalten auch nachhaltige ranchenindizes für Anleger mit strengen Anlagegrundsätzen erhebliche Restrisiken. Denn viele Unternehmen stellen zwar nachhaltige Produkte her, ihre Produktionsbedingungen oder Lieferanten arbeiten jedoch nicht nachhaltig. Das spiegelt sich regelmäßig in Skandalen aufgrund von Kinderarbeit oder umweltschädlicher Abfallentsorgung wider, insbesondere in den Entwicklungsländern. 

Um die Attraktivität von ETFs für weitere Anlegergruppen zu erhöhen, sollten die Indexanbieter ihre Auswahlkriterien strenger fassen. Schließlich ließen sich Branchenselektion und Best-in-Class-Ansatz bei der Indexentwicklung problemlos kombinieren. Entsprechende Basiswerte könnten bei institutionellen und Privatinvestoren zu einer höheren Akzeptanz führen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Auswahlkriterien für einfach und transparent sind, damit die Investoren den Ausschluss oder die Aufnahme eines Unternehmens in den Index nachvollziehen können.

Ein weiterer Ansatz wäre, dass die europäischen Anbieter dem Beispiel der USA folgen. Dort gibt es schon seit einiger Zeit ETFs, die nach den Grundsätzen bestimmter Glaubensrichtungen investieren. In Europa beschränken sich entsprechende Produkte bislang auf den muslimischen Glauben. Warum versuchen die europäischen Anbieter nicht, sich gläubige Katholiken als Kundengruppe zu erschließen? In den USA bietet KLD dafür entsprechende globale und regionale Indizes an.

Insgesamt erscheint es mir sinnvoll, dass die ETF-Branche den Megatrend nachhaltige Investments adoptiert. Denn ETFs können eine große Zahl von Anlegern schnell erreichen, wenn die angebotenen Produkte deren Wertvorstellungen entsprechen. Damit könnte sich der Megatrend Nachhaltigkeit zu einem weiteren Wachstumstreiber für die ETF-Industrie entwickeln.

 


Für den Inhalt der Kolumne ist allein der Verfasser verantwortlich. Der Inhalt gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder, nicht die von Thomson Reuters.

 


Über den Autor Detlef Glow, MBA (UoW):
 
Glow begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Thomson Reuters - Lipper. Seit Anfang 2007 ist er dort Leiter der Fondsanalyse für Zentral-, Nord- und Osteuropa. Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanger für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.

 


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