Denn es ist so ziemlich das erste Mal, dass supranationales Recht – nämlich die Richtlinie 2007/16/EG der Europäischen Kommission zur Durchführung der Richtlinie 85/611/EG des Rates (ABl. L 375 vom 31.12.195, S. 3) zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Erläuterung gewisser Definitionen (ABl. L 79 vom 20.03.2007, S. 11) – ohne zusätzliches nationales Goldplating umgesetzt wurde.
Konsistente Umsetzung von EU-Recht
Diese konsistente Umsetzung von EU-Recht erfüllt somit auch die Intention dieser Novelle, nämlich die Herstellung der Wettbewerbsgleichheit für österreichische Investmentfonds – unter Wahrung des Anlegerschutzes und Hintanhaltung von Auslegungsunsicherheiten des Gemeinschaftsrechts – insbesondere mit Luxemburg und Deutschland. Erfreulich ist zudem, dass auch einige jener Bereiche des InvFG, die nicht direkt auf europarechtlichen Vorgaben basieren, im Sinne eines „level playing fields“ mit den genannten Fondsdomizilen angepasst wurden. In diesem Beitrag soll ein kursorischer Überblick über wesentliche rechtliche Änderungen* aufgrund der InvFG-Novelle 2008 gegeben werden. (*Die Änderungen aufgrund der InvFG-Novelle 2008 aus steuerlicher Sicht, werden in einem eigenen Beitrag von Herrn Mag. Zibuschka diesen Donnerstag, den 10.07.2008 auf www.e-fundresearch.com veröffentlicht.)
Öffnung des Spezialfonds für natürliche Personen
Mit der InvFG-Novelle 2008 wurde mit einem langjährigen Dogma gebrochen und Spezialfonds iSd. § 1 Abs. 2 InvFG für natürliche Personen geöffnet, wobei diesbezüglich eine Mindestinvestitionssumme von EUR 250.000,-- pro natürlicher Person vorgeschrieben wird. Damit soll – auch zu Zwecken des Anlegerschutzes – die etwaige Bildung von Anlegergemeinschaften ausgeschlossen werden. Kritisch zu hinterfragen ist die Beibehaltung der maximal zehn Anteilinhaber eines Spezialfonds.
Klarstellungen durch die Eligible Assets-RL
Durch die konsistente Umsetzung der RL 2007/16/EG, auch umgangssprachlich „Eligible Assets-RL“ genannt, kommt es:
- zu einer Präzisierung der Begriffe Wertpapier, Geldmarktinstrument oder liquides Finanzmarktinstrument in § 1a Abs. 3 bis 7 InvFG;
- zu einer Klarstellung, dass etwa Wertpapiere Anteile an geschlossenen Fonds in Vertragsform sowie andere Finanzinstrumente sein können oder dass bei Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten eine entsprechende Liquidität und Bewertbarkeit dann unterstellt werden, wenn sie an einem geregelten Markt notieren oder gehandelt werden;
- zu einem Entfall des Leerverkaufsverbots in § 4 Abs. 4 InvFG über den Einsatz derivativer Instrumente;
- zu einer Klarstellung, dass betreffend Indexfonds (§ 20b InvFG) der Index auch über den Einsatz von derivativen Instrumenten nachgebildet werden kann;
- zur Abbildung der umfangreichen Voraussetzungen für die Bewertung von OTC-Derivaten in § 21 InvFG, oder
- zur Anwendung gleicher Bestimmungen für Kreditderivate und alle anderen derivativen Instrumente, wobei Informationsasymmetrien zu erfassen sind. Der Erwerb von Warenderivaten ist jedoch nicht möglich. Derivate auf Indices, die keine Finanzindices sind, sind grundsätzlich nicht möglich. Wesentlich ist, dass Indices, die sich aus Derivaten auf Waren oder Sachanlagen zusammensetzen, als Finanzindices gelten.
Einführung von Tranchenfonds
Im Rahmen der InvFG-Novelle 2008 kam es zur Einführung sogenannter Tranchenfonds, weshalb nun § 5 Abs. 7 InvFG die Möglichkeit mehrerer Anteilscheingattungen im Hinblick auf Ertragsverwendung, Ausgabeaufschlag, Rücknahmeabschlag, Währung des Anteilscheines oder Verwaltungsvergütung vorsieht. Diesbezüglich ist je Gattung eine gesonderte Wertermittlung notwendig und in den Fondsbestimmungen ist anzugeben, welche Gattungen von Anteilscheinen ausgegeben werden.
Erweiterung des Tätigkeitskatalogs der KAGs
Im Rahmen eine Klarstellung wird in Anlage C, Schema C des InvFG ergänzt, dass die KAG zum Vertrieb eigener Fonds, aber auch zum Vertrieb von Fremdfonds berechtigt ist. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen eines derartigen Vertriebs von Fremdfonds sowie non-OGAW-Fonds, teilweise WAG-Bestimmungen für die KAG zur Anwendung kommen.
Wie diese ausgewählten Beispiele zeigen, führen die Anpassungen und rechtlichen Klarstellungen der InvFG-Novelle 2008 zu einer Anpassung der Rahmenbedingungen für die österreichische Fondsindustrie mit dem europäischen Status quo. Dies ist aus Sicht der Industrie - insbesondere aufgrund der Wahrung des Anlegerschutzes und der Vermeidung von Auslegungsunsicherheiten des Gemeinschaftsrechts – ein wesentlicher Schritt zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen, die zu einer Stärkung des Fondsstandorts Österreich beitragen sollen.
Zum Autor: Dr. Armin J. Kammel ist Bank- und Kapitalmarktrechtsexperte bei der Vereinigung Österreichischer Investmentfondsgesellschaften (VÖIG) in Wien.
Weitere Informationen zum VÖIG finden Sie unter www.voeig.at