MiFID und Investmentfonds

Die am 1. November 2007 in nationales Recht umgesetzte MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) soll eine neue Benchmark für den Finanzdienstleistungsbereich darstellen. Ein Gastkommentar von Dr. Robert Schredl, Bereichsleiter für Recht, Steuern und Compliance bei Pioneer Investments Austria. Funds | 13.05.2008 14:05 Uhr
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Der „universalistische“ Ansatz und das anspruchsvolle Niveau der neuen Regelungen erforderten unter knappsten Fristen nicht nur erhebliche ablauftechnische und organisatorische Anpassungen, sondern griffen auch massiv in Geschäftsmodelle ein. 

Bezeichnend für die Gesamtsituation ist, dass selbst sieben Monate nach Inkrafttreten des WAG, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene, intensive Aktivitäten zur Vereinheitlichung der Rechtsanwendung von MiFID-Regelungen weiter im Gange sind. Aus der Perspektive der Marktteilnehmer führt die Informationsflut aus einem Nebeneinander unterschiedlicher Rechtsquellen*) zu extremer Unübersichtlichkeit und Rechtsunsicherheit. Auch kann aus Vertriebssicht angesichts dieser Flut an Detailregelungen der Blick für wesentliche Bestimmungen leicht verlorengehen.

Für den Bereich des Fondsgeschäftes will ich daher einige besonders markante Regelungen herausstellen: Vorausgeschickt sei, dass das Investmentfondsgeschäft im MiFID Regelwerk eine Sonderstellung einnimmt, da die Verwaltung von Investmentfonds der OGAW RL 85/611 unterliegt. Gemäß Art 2(1) lit h) der MiFID Level 1 Direktive ist  das Investmentfondsgeschäft daher  im Katalog der MiFID Ausnahmen angeführt . Zwar wurde unter Berufung auf diese Befreiung der Versuch unternommen, auch den Fondsvertrieb aus der MiFID herauszureklamieren. Jedoch ohne Erfolg, da diese Ausnahme ausschließlich auf die Tätigkeit der Kapitalanlagegesellschaften abzielt. Marketing und Vertriebsaktivitäten durch Dritte fallen also jedenfalls unter den Anwendungsbereich des WAG. Allerdings gibt es im WAG-Regelwerk für den Vertrieb von Fondsanteilen einige interessante, vertriebsrelevante „Privilegien“:

Vorteil 1: Best Execution bei Fondsorder

Sofern die Orderdurchführung für Zertifikate von im Inland zum Vertrieb zugelassenen Fonds und im Wege des Ersterwerbs (=über die Depotbank des Fonds) erfolgt, sind die „Best Execution“-Bestimmungen nicht anwendbar, d.h. es muss vor Auftragsdurchführung nicht geprüft werden, ob es kostenmäßig am Sekundärmarkt eine günstigere Ausführung gibt. Obwohl die Einbeziehung der Fondszertifkate in das „Best Execution“-Regime vermutlich auch auf EU-Ebene niemals beabsichtigt war, hat Österreich als einziger Mitgliedstaat diese Ausnahme auch ausdrücklich - im Gesetzestext § 52 (1) Z3 letzter Satz WAG 2007 - selbst verankert und daher den missverständlichen Richtlinienwortlaut eindeutig klargestellt.


Vorteil 2: Der vereinfachte Prospekt ist eine angemessene Information über Risiko und Kosten im Sinne im Sinne des § 40 WAG

Gemäß § 6 Abs 4 InvFG ist der vereinfachte Prospekt in der jeweils geltenden Fassung dem Anleger vor Vertragsabschluss gesetzlich verpflichtend kostenlos anzubieten. § 40 Abs 5 WAG stellt im Einklang mit den Regelungen der MiFID-Durchführungsrichtline klar, dass für OGAW Fonds der Inhalt dieses vereinfachten Prospekts gleichzeitig auch als angemessene Information über Risiko und Kosten im Hinblick auf die Informationspflichten des § 40 WAG anzusehen ist. Nach den Erläutenden Bemerkungen zu § 40 Abs 5 kann diese Begünstigung auf alle nicht richtlinienkonformen Fonds angewendet werden, die hinsichtlich des Ppospekts den OGAW-Standard erfüllen.

Vorteil 3: „Unschuldsvermutung“ für Bestandsprovisionen für Marketingmitteilungen und für Produktschulungen

Wenngleich die „Inducement“-Regelung des § 39 WAG keine fondsspezifische Regelung darstellt, sondern umfassend auf alle Finanzdienstleistungen anwendbar ist, ergibt sich speziell für das Fondsgeschäft eine erhöhte Relevanz, weil gerade Provisionsmodelle im Fondsgeschäft von der kompromisslosen Formulierung des Artikel 26 der MiFID Implemtierungsrichtlinie massiv betroffen sind.
Die erläuternden Bemerkungen zu § 39 Abs 3 WAG verstehen sich als sprachliches Korrektiv des überschießenden Richtlinien-Wortlauts. Es wird demgemäß vermutet, dass die Annahme einer Geldleistung von Dritten durch das Wertpapier-Dienstleistungsunternehmen im Zusammenhang mit der Erbringung von Anlageberatung oder mit allgemeinen Empfehlungen darauf ausgerichtet ist, eine qualitative Verbesserung dieser Dienstleistungen gegenüber dem Kunden zu bewirken, wenn die jeweilige Beratung oder Empfehlung trotz dieser Zuwendung unvoreingenommen erfolgt. Zu den allgemeinen Empfehlungen zählen beispielsweise Marketingmitteilungen oder Finanzanalysen, die sich an eine Vielzahl von Personen richten und sich in allgemein gültiger Form auf Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen, ohne eine persönliche und auf den individuellen Kunden zugeschnittene Anlageempfehlung zu enthalten. Der Vorteil ist auch auf Qualitätsverbesserung der Dienstleistung gerichtet, wenn zum Beispiel der Anbieter zu den Produkten kostenlos Informationen und Schulungen gewährt.

Vorteil 4: OGAW Fonds und sonstige Inlandsfonds ohne besonderen Warnhinweis gemäß § 20a Abs 7 InvFG gelten als nicht komplexe Finanzinstrumente

OGAW-Fondsanteile sind schon per Rechtsdefinition der Richtlinie nicht als komplexe Finanzinstrumente anzusehen und daher jedenfalls auch für „Execution Only“-Transaktionen geeignet. Im WAG-Leitfaden wird zu Punkt 1 festgehalten, dass auch nicht richtlinienkonforme Fonds gemäß § 20 a invFG die Kriterien für nicht komplexe Finanzinstrumente erfüllen können . Nach einheitlicher Branchenmeinung werden § 20a Fonds ausschließlich dann als komplexe Finanzinstrumente eingestuft, wenn deren Prospekt gemäß § 20a Abs 7 InvFG einen besonderen Warnhinweis enthalten muss.

Wie eingangs angedeutet, ist der Implementierungsprozess der MiFID trotz Umsetzung am 1. November 2007 nicht abgeschlossen. Nach wie vor gibt es in der Kommission und in der CESR Aktivitäten mit dem Ziel, eine einheitliche Umsetzung der MiFID sicherzustellen. Auch die Ergebnisse der laufenden Konsultation zu „Substitute Products“ und das aktuelle OGAW-Richtlinienänderungsvorhaben können in Bezug auf Fonds Auswirkungen auf das Regelwerk der MiFID haben. Es wird bei allfälligen Anpassungen wie schon bisher wichtig sein, dass den Besonderheiten des Vertriebs von Investmentfonds ausreichend Rechnung getragen wird.

*) MiFID Richtlinie Level 1 , MiFID Umsetzungsrichtlinie MiFID Verordnungen, CESR Konsultationen , FAQ Katalog der Kommission , das Wertpapieraufsichtsgesetz, Verordnungen der FMA, der Standard Compliance Code der Banken und der WAG Leitfaden


Zum Autor: Dr. Robert SCHREDL ist Bereichsleiter für Recht, Steuern und Compliance bei Pioneer Investments Austria


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