"Die heutigen Zahlen zum Wirtschaftswachstum in Deutschland und im Euroraum waren okay, das Wachstum war mit 0,3% zum Vorquartal nicht geringer als im dritten Quartal. Eine schwache Industrie und lahme Exporte zum Jahresausklang auf der einen Seite, Robustheit in der Bauwirtschaft und vielen Dienstleistungssektoren auf der anderen. Damit soll es mit dem Blick in den Rückspiegel auch genug sein, denn wie beim Autofahren liegen die größten Gefahren vorne.
Derzeit schreien die Finanzmärkte geradezu „Rezession!“ Es kursiert eine Masse von Grafiken, die Korrelation zwischen üblen Finanzmarktentwicklungen und der künftigen Konjunktur aufzeigen. Dieser Kommentar enthält zwei Beispiele:
- 1. Grafik: Wenn der Ifo-Index dem DAX nur halbwegs folgt, dann wird er in den kommenden Monaten deutlich sinken und mit ihm das Wachstum in Deutschland. Der private Verbrauch dürfte nicht so sehr betroffen sein, dafür aber die Ausrüstungsinvestitionen und die Exporte.
- 2. Grafik: Wenn die Kreditvergabe der Banken im Euroraum nur halbwegs den Bankaktien in den Keller folgt, dann wird sie sich in den kommenden Monaten abschwächen und womöglich in rund einem Jahr wieder schrumpfen. Das wäre ein enormer Rückschritt, denn die Reparatur des „lending channel“ war eine der wesentlichen Errungenschaften von 2014/15. Die EZB würde womöglich noch mehr auf einen schwachen Euro stetzen, und das in einer Zeit, in der viele Notenbanken ähnliche Ideen haben und die Geldpolitik lockern (Japan, China, Schweden) oder nur zögerlich straffen (USA).
Die EZB hat noch eine Menge auf Lager
Nach allem, was man aus der EZB hört, wird ein deutlich tieferer Einlagensatz als -0,3% diskutiert. Die Belastung des Bankensystem wird offenbar als vertretbarer Kollateralschaden angesehen. Auch der Ankauf weiterer Vermögensklassen dürfte geprüft werden. Der Markt für Unternehmensanleihen ist wohl zu klein, aber ungedeckte Bankschuldverschreibungen kommen durchaus in Frage, um den „lending channel“ zu erhalten. Auch mit dem Kauf von Aktien haben Notenbanken – im Rahmen des Portfoliomanagements – durchaus Erfahrung. Die EZB steht sicher nicht kurz vor dem Erwerb von Aktien, der ein enormes Bilanzrisiko bedeuten würde. Man sollte aber den Einfallsreichtum im Frankurter „Power of tower“ nicht unterschätzen. Das lehrt jedenfalls die Vergangenheit."