Michael Hasenstab: Die echten globalen Risiken von heute

Auch wenn sich einige Beobachter womöglich sorgen, dass der aktuelle weltweite Konjunkturzyklus auf sein Ende zusteuern könnte, sieht Michael Hasenstab, CIO von Templeton Global Macro, die momentan zu beobachtende Verlangsamung des Wachstums als zyklische konjunkturelle Abschwächung – und nicht als das Ende des Zyklus. Was ihm größere Sorgen bereitet, ist die politische Anfälligkeit, die er in der heutigen Weltwirtschaft erkennt. Ihm zufolge stellt die zunehmende Fragmentierung der Welt aufgrund populistischer politischer Tendenzen ein ernsthaftes Problem dar. Franklin Templeton | 15.02.2019 12:31 Uhr
Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer, Templeton Global Macro / © Franklin Templeton
Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer, Templeton Global Macro / © Franklin Templeton
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Eine Welt voller Extreme

Ich werde häufig gefragt, wo ich die größten Risiken innerhalb der Weltwirtschaft sehe. Heute würde ich sagen, dass dies die extreme politische Landschaft ist, die in vielen Teilen der Welt vorherrscht. Zunehmende Frustration aufgrund von Faktoren wie etwa Immigration und Einkommensungleichheit hat dem Populismus Auftrieb verliehen – sowohl am linken als auch am rechten Ende des Spektrums. Dies kann eine äußerst gefährliche und fiskalpolitisch unhaltbare Wirtschaftspolitik nach sich ziehen. Diese populistische Politik verspricht kurzfristig sehr viel, ist auf lange Sicht jedoch nicht tragbar. Stattdessen kann sie Regierungen eine enorme Schuldenlast aufbürden. Wir haben eine solche Dynamik immer wieder beobachten können. In den USA haben wir Handelsspannungen mit China und die Unfähigkeit des Kongresses, einen Haushalt zu verabschieden. Die Streitigkeiten im Vereinigten Königreich im Zusammenhang mit dem Brexit und dem Umgang mit diesem Thema liefern ein weiteres Beispiel. Und dann ist da noch die zunehmende Beliebtheit von Parteien, die gegen die Europäische Union und das Establishment ankämpfen, sei es in Deutschland, Italien oder Belgien, oder auch die Ablehnung der von Präsident Emmanuel Macron vorgestellte Vision eines integrierten Europas durch die Franzosen.

Was mir Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass es in einer zunehmend fragmentierten Welt, in der sich zahlreiche Länder nach innen orientieren, schwierig sein wird, einen potenziellen weltweiten Schock in den Griff zu bekommen. Es wird immer schwieriger werden, eine koordinierte politische Reaktion zu erzielen, wie sie beispielsweise unter den weltweiten Zentralbanken stattgefunden hat, um die globale Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 hinter uns zu lassen.

Relativierung des langsameren globalen Wachstums

Das globale Wachstum und die US-Wirtschaft scheinen sich in einem zyklischen Abschwung zu befinden. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass dies das Ende des Zyklus sein wird. China hat in den vorangegangenen Quartalen seine Produktionspläne beschleunigt, um potenziellen Zollerhöhungen, die ursprünglich für den 1. Januar angesetzt waren, zuvor zu kommen. Inzwischen ist dieses Tempo wieder gedrosselt worden, so dass das Land auf ein niedrigeres Produktionsvolumen zurückgekehrt ist – ein Effekt, der sich auch in anderen Ländern bemerkbar macht. Wir glauben nicht, dass den USA oder der Weltwirtschaft eine Rezession unmittelbar bevorsteht. Nachdem zahlreiche Anreizmaßnahmen umgesetzt wurden, insbesondere in den USA, lässt sich bei der Investitionsdynamik teilweise eine Abkühlung beobachten. Aber im Hinblick auf die US-Wirtschaft kann nicht von einer starken Überhitzung die Rede sein: wir haben keine Überinvestitionen und keinen Aufbau von Überkapazitäten beobachtet, die durch eine Rezession bereinigt werden müssten. Alles in allem sehen wir keine wirtschaftlichen Bedingungen, die auf eine massive Rezession hindeuten, sofern es nicht zu gravierenden Schocks an den Finanzmärkten kommt.

Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir uns 2019 von dem synchronisierten globalen Wachstum der jüngsten Jahre hin zu einem von den USA angeführten Wachstum verlagern werden. Die US-Wirtschaft zeichnet sich derzeit auch weiterhin vor allem durch einen außerordentlich straffen Arbeitsmarkt aus. Die USA haben das Niveau der Vollbeschäftigung überschritten, während gleichzeitig sowohl die legale als auch die illegale Einwanderung durch die aktuelle Regierung eingeschränkt wurden. Dies sollte üblicherweise zur Folge haben, dass die Löhne aufwärts tendieren – und genau das haben wir auch beobachten können. Höhere Löhne stützen wiederum den Konsum, der die treibende Kraft für die US-Konjunktur darstellt. Wir gehen davon aus, dass starke Arbeitsmärkte, steigende Löhne und ein robuster Konsum der US-Wirtschaft 2019 weiteres Wachstum bescheren werden.

Die veränderte Rolle Chinas

Chinas Rolle in der Welt verändert sich unserer Einschätzung nach derzeit grundlegend, wobei die nach innen gerichtete Außenpolitik der USA dazu beiträgt, diesen Wandel voranzutreiben. Auch wenn sich das Wachstum in China verlangsamt, sind wir der Meinung, dass das Land über die finanzpolitischen Instrumente verfügt, um eine starke Konjunktureintrübung zu verhindern, sofern exogene Finanzschocks ausbleiben. In Anbetracht dessen halten wir das Szenario einer unmittelbar bevorstehenden harten Landung in China, vor der sich alle zu fürchten scheinen, für unwahrscheinlich.

Dieses veränderte Umfeld schafft eine neue Dynamik und ein wirtschaftliches Vakuum für bestimmte Länder in Lateinamerika, Afrika und Asien. China macht sich daran, diese Lücke zu schließen und in Ländern, die von den USA abgeschottet wurden, eine wichtigere Rolle zu übernehmen. Dies betrifft insbesondere Länder, bei denen die USA nicht gewillt waren, finanzielle Unterstützung zu bieten. Daher gehen wir davon aus, dass der wirtschaftliche Einfluss Chinas in der Welt zunehmen wird.

Chancen in Schwellenländern

Angesichts dieses komplexen globalen Umfelds konzentrieren wir uns auf die Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitik einzelner Länder, da diese die wirtschaftlichen Aktivitäten unserer Einschätzung nach letztendlich bestimmen wird. Die große Frage, die sich stellt: gelingt es einem Land, eine kurzsichtige populistische Politik abzulehnen und stattdessen eine längerfristige Vision zu verfolgen? Für Länder, die hierzu in der Lage sind, eröffnen sich aus unserer Sicht erhebliche Chancen. Zwei Beispiele hierfür sind Argentinien und Brasilien, wo die Regierungen trotz des anhaltenden politischen Drucks und der jüngsten Abverkäufe in den Schwellenländern eine verantwortungsbewusste und orthodoxe Politik verfolgen. Wir sind davon überzeugt, dass ein Engagement in ausgewählten Schwellenländern für die Diversifizierung eines Portfolios sehr wichtig ist, da seine Wertentwicklung stärker vom Alpha eines einzelnen Landes und weniger vom Beta des breiten Marktes abhängt.

Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer, Templeton Global Macro

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