Ausblick 2019 - Hasenstab: US-Staatsanleihen stehen vor einem perfekten Sturm

"Alles in allem ist es unserer Ansicht nach wichtig, zu erkennen, dass der Zustand der Welt, an den sich Anleger während des vergangenen Jahrzehnts gewöhnt haben, nicht auf unbeschränkte Zeit Bestand haben wird. Wir gehen davon aus, dass die Renditen auf US-Staatsanleihen 2019 ansteigen und verschiedene Anlageklassen Preiskorrekturen durchlaufen, während die lockere Geldpolitik ein Ende findet. Die Herausforderung für Anleger besteht darin, dass sich der traditionelle Diversifikationseffekt zwischen Anleihen und Aktien bei steigenden Renditen auf US-Staatsanleihen womöglich nicht bewähren könnte", so Dr. Michael Hasenstab, CIO Templeton Global Macro. Franklin Templeton | 03.12.2018 09:51 Uhr
Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer, Templeton Global Macro / © Franklin Templeton
Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer, Templeton Global Macro / © Franklin Templeton
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Ein Jahrzehnt nach dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 haben die Finanzmärkte gerade erst begonnen, die durch das massive quantitative Lockerungsprogramm (QE) der US-Notenbank (Fed) verursachten Verzerrungen der Vermögenspreise zu korrigieren. Das QE-Programm war ursprünglich eingeführt worden, um die Finanzmärkte während der Krise zu stabilisieren. Was jedoch als begrenzter Eingriff zur Stützung der Märkte begann, wurde immer mehr erweitert und entwickelte sich so zu einem fortlaufenden Unterfangen. Hierdurch gelang es, die Anleiherenditen zu drücken und die Kurse von Vermögenswerten in die Höhe zu treiben. Zahlreiche Anleger wurden in risikoreichere Anlagen umgelenkt, während gleichzeitig die Kapitalkosten künstlich niedrig gehalten wurden. Die fortgesetzte quantitative Lockerung hatte jedoch ebenfalls kontinuierliche Preisverzerrungen bei Anleihen und Aktien zur Folge, während gleichzeitig Anreize für eine Hebelung gesetzt wurden. Die Selbstzufriedenheit von Anlegern, die die anhaltend niedrigen Renditen und die Funktion der Fed als „Käufer der letzten Instanz“ als dauerhafte Lösung zu betrachten schienen, wurde belohnt.

Diese Bedingungen sind unserer Einschätzung nach jedoch weder normal noch dauerhaft. Wir gehen davon aus, dass die Abkehr von QE im kommenden Jahr erhebliche Auswirkungen auf sowohl Renten- als auch Aktienmärkte haben dürfte. Erst im vergangenen Herbst (Oktober 2018) konnten wir beobachten, wie die Renten- und Aktienmärkte gleichzeitig in die Knie gingen, während die Zinsen stiegen. Dies mag auf den ersten Blick wie eine Anomalie erscheinen. Da Anleihen und Aktien jedoch gleichermaßen durch die Eingriffe der Fed gestützt wurden, sind sie im Zuge der geldpolitischen Kehrtwende der Fed gegenläufigen Effekten gegenüber auch gleichermaßen anfällig. Dies sind die Arten von Bewertungskorrekturen, die wir erwarten, während die künstlichen Effekte einer ausgedehnten geldpolitischen Lockerung abgebaut werden. Anleger, die nicht auf gleichzeitige Kurskorrekturen bei US-Staatsanleihen und anderen Anlageklassen im Jahr 2019 vorbereitet sind, könnten unbeabsichtigten Risiken ausgesetzt sein.

US-Staatsanleihen stehen vor einem perfekten Sturm mehrerer Faktoren, die Druck auf die Zinsen ausüben

Drei Schlüsselfaktoren führen unserer Einschätzung nach in ihrer Kombination dazu, dass die Renditen auf US-Staatsanleihen ansteigen dürften: der erhöhte Kreditbedarf der US-Regierung, ein Rückgang der Staatsanleihenkäufe durch die Fed und ausländische Regierungen und steigender Inflationsdruck. Der erste Sturm, der sich am Horizont bereits zusammenbraut, ist das wachsende Haushaltsdefizit. Unserer Analyse zufolge wird das Haushaltsdefizit aufgrund der erhöhten Ausgaben der Trump-Regierung, kombiniert mit Steuersenkungen und laufenden obligatorischen Ausgaben, voraussichtlich auf die Marke von 5 % des BIP (Bruttoinlandsprodukt) zusteuern. Hierdurch steigt der bereits hohe Kreditbedarf der Regierung. Der zweite Sturm betrifft die rückläufige offizielle Kaufnachfrage - sowohl im Inland durch die Fed, während diese ihr QE-Programm abwickelt, als auch durch ausländische Regierungen. Hierdurch tut sich eine große Finanzierungslücke auf, die durch preisempfindliche Anleger geschlossen werden muss. Um die Differenz zu überbrücken, müssten diese ihre Käufe gegenüber dem aktuellen Niveau ungefähr verdreifachen. Geringere Kaufvolumina und ein höheres Angebot bedeuten, dass die Renditen steigen müssen, um ein neues Gleichgewichtsniveau zu erreichen.

Diese beiden Faktoren alleine wären wahrscheinlich schon ausreichend, um die Renditen in die Höhe zu treiben. Allerdings zieht noch ein dritter Sturm in der Form von Inflation auf. Der Lohndruck nimmt aufgrund der außerordentlichen Stärke des US-Arbeitsmarkts und des Mangels an sowohl qualifizierten als auch unqualifizierten Arbeitskräften in bestimmten Sektoren zu. Zusätzlich beschränkt wird das Angebot an verfügbaren Arbeitskräften durch die von der Trump-Regierung eingeführten Beschränkungen für sowohl die legale als auch die illegale Einwanderung. Darüber hinaus wurde mit spätzyklischen fiskalpolitischen Konjunkturmaßnahmen, Deregulierung und Steuersenkungen die bereits starke Wirtschaft weiter angeregt. Zudem dürften sektorspezifische Zölle die Kosten für Verbraucher erhöhen. All diese Bedingungen werden unserer Einschätzung nach inflationäre Folgen haben. In Anbetracht des aktuellen Umfelds dürfte die Fed ihre Zinserhöhungen fortsetzen und 2019 den neutralen Satz erreichen. Zusammengenommen bilden alle vorstehend genannten Faktoren einen perfekten Zinsdrucksturm, der unserer Meinung nach im kommenden Jahr für steigende Renditen auf US-Staatsanleihen sorgen sollte.

Europa ist gegenüber zunehmendem Populismus und strukturellen Risiken weiterhin anfällig

Ein weiteres Risiko, das Anleger womöglich übersehen, betrifft die zunehmenden politischen und strukturellen Risiken in Europa. Noch vor fünf Jahren konzentrierten sich europäische Wähler vor allem auf traditionelle Themen wie die Wirtschaft, Haushaltsausgaben und die Arbeitslosigkeit. Heute deuten Umfragen der Europäischen Kommission darauf hin, dass sich Wähler sehr viel größere Sorgen um Themen wie Immigration und Terrorismus machen. Diese Schwerpunktverschiebung spiegelt sich auch in der politischen Landschaft wider. Die Unterstützung für rechtsextreme nationalistische Parteien hat in mehreren Ländern der Eurozone zugenommen, insbesondere in Frankreich, Deutschland, Italien und Österreich. Außerhalb des Euroraums sind Länder wie Ungarn, Polen und die Tschechische Republik noch weiter in Richtung Protektionismus und rechtsextremer Nationalismus abgeglitten. Sie errichten Barrieren und orientieren sich in ihrer Regierungsführung eher am russischen Vorbild als am Ansatz der Europäischen Union (EU). Dies ist im Hinblick auf die europäische Integration aus unserer Sicht ein besorgniserregender Trend, da bei stärker nach innen gerichteten Regierungen eine enge zwischenstaatliche Zusammenarbeit in Krisenzeiten weniger wahrscheinlich wird.

Derzeit lassen sich die politischen und strukturellen Risiken in Europa vor allem in Italien beobachten, wo die sehr gegensätzlichen politischen Parteien, die die Regierungskoalition bilden, in Bereichen wie Euroskeptizismus, Protektionismus und Erhöhung der Haushaltsausgaben eine gemeinsame Basis gefunden haben. Die größte Sorge für Europa betrifft das Risiko, dass sich italienische Schuldtitel unserer Analyse zufolge bei einer Rendite von ca. 3,6 % auf zehnjährige Papiere als nicht länger haltbar erweisen dürften. Auch wenn keine Krise unmittelbar bevorsteht, erscheint es sehr viel weniger wahrscheinlich, dass die EU Italien mit vereinten Kräften rettet, so wie es 2011 im Zuge der Griechenlandkrise der Fall war. 2011 reichte der politische Zusammenhalt gerade noch aus, um die Union vor einem Auseinanderbrechen zu bewahren. Damals aber waren die Staats- und Regierungschefs vor allem auf das größere Wohl bedacht. Heute hingegen teilen sehr viel weniger Machtinhaber diese Denkweise. Alles in allem ist es unserer Einschätzung nach durchaus möglich, dass Anleger das volle Ausmaß der potenziellen Risiken in Europa unterschätzen. Wir gehen davon aus, dass der Euro im kommenden Jahr auch weiterhin gegenüber ungeklärten strukturellen und politischen Risiken anfällig sein wird.

Ausgewählte Schwellenländer sind besser positioniert, um steigende Zinsen wegzustecken

Die Lokalwährungsmärkte der Schwellenländer weisen unter den globalen Rentenmärkten unserer Einschätzung nach die höchste Unterbewertung auf. Es muss jedoch unbedingt beachtet werden, dass die Anlageklasse alles andere als homogen ist. Vereinzelte Länder haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte deutlich verändert. Mehrere Länder haben ihre Wirtschaft diversifiziert, ihre Märkte für auf lokale Währungen lautende Schuldtitel erheblich ausgeweitet, ihre Anlegerbasis im Inland aufgebaut und ihre Widerstandskraft gegenüber externen Schocks erhöht. Andere wiederum weisen nach wie vor dauerhafte strukturelle Ungleichgewichte, unzuverlässige Institutionen und eine anfällige Wirtschaft auf. Es ist von entscheidender Bedeutung, diese Unterschiede genau herauszuarbeiten. 2019 wird es aus unserer Sicht zunehmend wichtig sein, diejenigen Länder zu identifizieren, die idiosynkratisches Wertpotenzial bieten, das weniger stark mit weitläufigen Beta-Risiken (Marktrisiken) korreliert, da die steigenden Zinsen in den USA sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die verschiedenen Länder haben sollten. Länder mit einem Niedrigzinsumfeld oder starkem strukturellen Ungleichgewicht und wirtschaftlichen Schwachstellen könnten gegenüber externen Zinsschocks anfällig sein. Dahingegen dürften Länder mit einer starken Wirtschaft, einer ausgewogenen Leistungsbilanz und vergleichsweise hohen Renditen besser in der Lage sein, Zinsschwankungen von 100 Basispunkten oder mehr abzufedern.

Anleihen und Aktien könnten im Zuge steigender Zinsen positive Korrelationen aufweisen

Alles in allem ist es unserer Ansicht nach wichtig, zu erkennen, dass der Zustand der Welt, an den sich Anleger während des vergangenen Jahrzehnts gewöhnt haben, nicht auf unbeschränkte Zeit Bestand haben wird. Wir gehen davon aus, dass die Renditen der US-Staatsanleihen 2019 ansteigen und verschiedene Anlageklassen Preiskorrekturen durchlaufen, während die lockere Geldpolitik ein Ende findet. Die Herausforderung für Anleger besteht darin, dass sich die traditionelle Diversifizierungsbeziehung zwischen Anleihen und Aktien bei steigenden Renditen von US-Staatsanleihen womöglich nicht bewähren könnte. Wir haben bereits 2018 Phasen gesehen, in denen Risikoanlagen Einbußen hinnehmen mussten, während der „risikofreie“ Zinssatz (die Rendite auf US-Staatsanleihen) anstieg. Diese Art gleichzeitiger Rückgänge bei Anleihen, Aktien und globalen Risikoanlagen könnte sich unserer Einschätzung nach durchaus erneut einstellen, während die Märkte eine beispiellose Ära der Verzerrungen an den Finanzmärkten hinter sich lassen. Dies sind die Arten von Risiken und Chancen, auf die sich globale Rentenwertanleger unserer Ansicht nach 2019 vorbereiten müssen - nicht nur, um sich vor den aktuellen Risiken in mehreren Anlageklassen zu schützen, sondern auch, um nach Möglichkeiten zu suchen, um von einem Anstieg der Zinsen zu profitieren.

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Dr. Michael Hasenstab, Chief Investment Officer, Templeton Global Macro

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