Die Aufwertung Saudi-Arabiens zum MSCI Emerging Market Status: Was bedeutet das für Anleger?

Die Entscheidung des Indexanbieters MSCI, Saudi-Arabien in seinen Schwellenmarktindex aufzunehmen, dürfte den Aktienmarkt des Königreichs – und möglicherweise auch der übrigen Länder der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) – nach Meinung von Bassel Khatoun und Salah Shamma von Franklin Templeton Emerging Markets Equity grundlegend verändern. In diesem Artikel erläutern sie, welche Konsequenzen die Ankündigung MSCIs für Saudi-Arabien und die Region insgesamt haben könnte, nachdem der Indexanbieter FTSE das Land bereits im März neu eingestuft hatte. Franklin Templeton | 27.06.2018 10:34 Uhr
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Die Entscheidung MSCIs, Saudi-Arabien in seinen Schwellenmarktindex aufzunehmen, stellt eine Anerkennung der positiven Veränderungen dar, die der Kapitalmarkt des Landes während der letzten fünf Jahre durchlaufen hat.

Unserer Meinung nach stellt Saudi-Arabien eine höchst interessante Wachstumsstory dar, und wir sehen die Aufnahme in den MSCI Emerging Market (EM) Index als angemessene Belohnung für die Verbesserungen, die an der Infrastruktur des Aktienmarkts vorgenommen wurden, so dass dieser inzwischen eher den internationalen Standards entspricht.

Die Aufnahme Saudi-Arabiens in den Schwellenmarktindex, die in zwei Phasen im Mai und August 2019 stattfinden wird, dürfte den Kapitalmarkt des Königreichs grundlegend verändern und positive Auswirkungen auf die MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) insgesamt haben. Aus unserer Sicht ist dies die bedeutendste Reform-Story eines Schwellenlandes seit China.

Die Geschwindigkeit, in der Kapitalmarktreformen in Saudi-Arabien umgesetzt wurden, ist beeindruckend. Die Kapitalmarktaufsicht (Capital Market Authority, CMA) und die Wertpapierbörse (Tadawul) des Landes haben die Initiative zur Modernisierung der Aktienmarktinfrastruktur des Königreichs und zur Verbesserung des Zugangs für Anleger angeführt, indem sie flexible Beteiligungsgrenzen erlaubt und einen zweitägigen Abwicklungszyklus für Transaktionen eingeführt haben.

Der Schritt von MSCI folgt auf die zu Beginn dieses Jahres von FTSE Russell getroffene Entscheidung, den saudischen Aktienmarkt innerhalb der FTSE Russell Global Equity Index Series mit Wirkung zum März 2019 als „sekundären Schwellenmarkt“ einzustufen.

Die Reformerfolge Saudi-Arabiens

Die Börse des Königreichs umfasst bereits heute Auslandsanlagen in Höhe von ca. 9 Mrd. USD. Der neue Schwellenmarktstatus dürfte Saudi-Arabien erhebliche weitere Kapitalzuflüsse aus dem Ausland bescheren, die sich langfristig auch in den umliegenden Ländern positiv bemerkbar machen könnten.

Die besser werdenden Fundamentaldaten dürften Anleger ebenfalls anlocken. Eine Kombination aus höheren Ölpreisen und niedrigeren Defiziten haben einen Anstieg der Staatsausgaben nach sich gezogen, was wiederum dem nicht ölbezogenen Bruttoinlandsprodukt (BIP) Auftrieb verliehen (Finanzministerium Saudi-Arabiens, Budget Performance Report, 2018) und das Wachstum der Unternehmensgewinne beschleunigt hat.

Die Aufnahme Saudi-Arabiens in den MSCI EM Index sollte dazu beitragen, die von uns seit jeher als wesentliche Abkopplung betrachtete Diskrepanz zu beseitigen, die zwischen dem BIP-Beitrag dieser Region und ihrer Vertretung in internationalen Aktienindizes besteht. Unseren Analysen zufolge macht die MENA-Region derzeit über die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Katar und Ägypten lediglich 1,56 % des MSCI EM Index aus (EFG Hermes). Durch die Aufnahme Saudi-Arabiens könnte dieser Anteil am Index deutlich steigen. Anfänglich werden auf Saudi-Arabien alleine 2,6 % des Index entfallen. Mit dem anstehenden Börsengang des staatlichen Ölunternehmens Saudi Aramco könnte sich die Gewichtung des Landes unseren Schätzungen zufolge auf mehr als 4 % nahezu verdoppeln. Darüber hinaus halten wir es für wahrscheinlich, dass Kuwait schon bald in die Fußstapfen Saudi-Arabiens treten und von MSCI ebenfalls auf Schwellenlandstatus heraufgestuft werden könnte.

Was wir derzeit erleben, ist der Übergang dieser Region von der Peripherie in den Kern des Schwellenmarktuniversums. Unserer Einschätzung nach bietet dies geeigneten Anlegern zusätzliche Anreize, in die MENA-Region insgesamt zu investieren.

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Zunehmende Auslandsinvestitionen und Liquidität

Selbst nach den jüngsten Kapitalzuflüssen halten Ausländer lediglich 1,8 % der Tadawul (Tadawul Market Report, 31. Mai 2018). Im Vergleich dazu sind Ausländer zu 14,0 % am Markt der VAE (13,8 % in Abu Dhabi und 14,3 % in Dubai) und unseren Berechnungen zufolge zu 9,2 % am Markt von Katar beteiligt. In dieser Hinsicht hinkt Saudi-Arabien also noch hinterher. Wir gehen davon aus, dass die Beteiligungen ausländischer Anleger im Vorfeld der offiziellen Aufnahme Saudi-Arabiens in den MSCI EM Index deutlich zunehmen dürften.

Indizes haben inzwischen einen sehr starken Einfluss auf die Kapitalströme an den Aktienmärkten.  Angesichts des massiven Kapitals in Höhe von 1,9 Bio. USD (MSCI), das den MSCI EM Index nachbildet (davon 80 % aktiv und 20 % passiv), könnte eine Ländergewichtung von 2,6 % für Saudi-Arabien (MSCI, Juni 2018) einen zusätzlichen Zufluss ausländischen Kapitals in Höhe von 40 Mrd. USD bedeuten, wenn sich diese Benchmark-Gewichtung als richtig erweist (Schätzung auf der Basis von Daten von EFG Hermes). Dies ist vor dem Hintergrund der bisherigen Kapitalströme in die Tadawul beispiellos. Unseren Analysen zufolge könnte sich der Markt, dessen Kapitalisierung derzeit bei ca. 536 Mrd. USD liegt, durch den Börsengang von Saudi Aramco möglicherweise um weitere 50 Mrd. USD vergrößern (Bloomberg). Dies ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor, wenn man berücksichtigt, dass die Nettokapitalzuflüsse zum saudischen Markt während der letzten zehn Jahre (Zeitraum von Dezember 2008 – Dezember 2017) mit insgesamt ca. 1,9 Mrd. USD (EFG Hermes) lediglich einem Bruchteil dieses Betrags entsprechen.

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Historische Präzedenzfälle heraufgestufter Aktienmärkte

Die bisherigen Erfahrungen mit anderen Ländern, die in den MSCI EM Index aufgenommen wurden, sind ebenfalls ermutigend. Unsere Analysen lassen auf ein erhöhtes Interesse der Anleger am Aktienmarkt in den ein bis zwei Jahren vor der Heraufstufung schließen. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, konnten sowohl Russland als auch Malaysia, Katar, die VAE und Pakistan in der Zeit vor Erreichung des Schwellenmarktstatus deutlich zulegen. In den 20 Ländern, die seit 1994 auf MSCI EM-Status heraufgestuft wurden, haben die Märkte in dem letzten Jahr vor ihrer effektiven Aufnahme (Morgan Stanley Research, August 2014) in den MSCI EM Index eine mittlere Rendite von +55 % erzielt.

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Wir gehen davon aus, dass die Neuinvestitionen in Saudi-Arabien vorwiegend aus anderen im Index vertretenen Schwellenländern stammen werden, wobei die größten Länder hier derzeit China, Korea und Taiwan sind. Die übrigen MENA-Länder sind nur geringfügig im MSCI EM Index vertreten, sodass die umliegenden Länder wohl kaum eine bedeutende Finanzierungsquelle für Saudi-Arabien darstellen werden – zumindest in der näheren Zukunft.

Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass die Aufnahme in den MSCI EM Index in der Tat eine Neubewertung der MENA-Märkte auslösen könnte, während sich Anleger nach Chancen in der Region außerhalb Saudi-Arabiens umsehen. Wir gehen davon aus, dass die Folgewirkungen auf die Nachbarländer des Königreichs aus längerfristiger Sicht erheblich sein könnten.

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Die Bedeutung des wirtschaftlichen und sozialen Wandels

Saudi-Arabien ergreift derzeit umfassende Maßnahmen, um wirtschaftliche Reformen durchzusetzen. Unserer Einschätzung nach fällt der neue von MSCI gewährte Schwellenmarktstatus mit zahlreichen fiskalpolitischen Reformen zusammen, die das Königreich bereits umgesetzt hat, um seine Wirtschaft zu diversifizieren und sein Haushaltsdefizit zu verringern.

So liegt der diesjährige Haushalt Saudi-Arabiens beispielsweise auf einem Rekordniveau. Wir gehen davon aus, dass die öffentlichen Ausgaben ein Allzeithoch erreichen werden, während das Königreich versucht, seine Wirtschaft zu diversifizieren und seine Abhängigkeit von Öl zu verringern.

Soziale Reformen haben bei der Entwicklung der Region ebenfalls eine bedeutende Rolle gespielt, insbesondere in Saudi-Arabien. Das Erscheinungsbild von Riad hat sich in nur zwölf Monaten grundlegend geändert, nachdem eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen wurden, die soziale Aktivitäten und den Aufbau dieses Teils der Wirtschaft betreffen.

So hat das Königreich kürzlich beispielsweise das bislang geltende Fahrverbot für Frauen aufgehoben, wodurch sie zusätzliche Freiheit genießen, potenziell weiteren Aktivitäten innerhalb des Landes nachzugehen. Darüber hinaus lockert Saudi-Arabien derzeit Gesetze im Zusammenhang mit Sportereignissen, und auch Kinos und Konzert halten im Land wieder Einzug – ein weiterer Beleg für die sozialen Veränderungen, die dort momentan stattfindenden.

Aus allgemeinerer ESG-Perspektive (Umwelt, Soziales, Governance) sehen wir Anzeichen auf Fortschritte in Saudi-Arabien, wenn auch gegenüber einem relativ niedrigen Ausgangsniveau.  Insbesondere die Governance-Standards haben sich aufgrund der zuletzt verabschiedeten Kapitalmarktgesetze weitläufig verbessert. Es bleibt zwar noch viel zu tun, wir gehen jedoch davon aus, dass ein Anstieg der Zahl ausländischer Anleger im Königreich unsere Anstrengungen zur Erzielung von Fortschritten durch aktive Beteiligung als Aktionäre unterstützen wird.

Einige Unsicherheiten bleiben bestehen

Trotz der spannenden Veränderungen gibt es immer noch Bereiche, in denen Unsicherheit besteht. So könnten niedrigere Rohölpreise beispielsweise die kurzfristigen Wachstumsaussichten des Königreichs dämpfen. Die wirtschaftlichen Reformen werden sich fortsetzen müssen, wenn es dem Land gelingen soll, den Ölpreis zu senken, bei dem es einen ausgewogenen Haushalt erzielt. Die Auswirkungen der im vergangenen Jahr durchgeführten Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption stellen einen weiteren Faktor, der nicht außer Acht gelassen werden darf. Es wurden zwar mehrere Schritte unternommen, um Anleger zu beruhigen, es wird für das Königreich jedoch sehr wichtig sein, auch weiterhin am jetzigen Kurs festzuhalten. Darüber hinaus muss schließlich noch jeglicher Anstieg der geopolitischen Spannungen genau im Auge behalten werden, da eine ungünstige Entwicklung die Zuversicht der Anleger dämpfen könnte.

Wie geht es mit Saudi-Arabien weiter?

2018 ist ein historisches Jahr für Saudi-Arabien, und die Aufnahme in den MSCI EM Index scheint der größte bisher erreichte Meilenstein für den Aktienmarkt des Landes zu sein. Die von uns erwartete Zunahme der Kapitalströme in das Königreich hinein sollten für das Anlageumfeld im Vorfeld des Börsengangs von Saudi Aramco äußerst förderlich sein.  Und da die saudische Regierung beabsichtigt, die Anzahl der an der Tadawul notierten Unternehmen bis 2022 von 180 auf 250 zu erhöhen, dürfte dies unserer Einschätzung nach erst der Beginn einer langfristigen Erweiterung und Vertiefung des Aktienmarkts sein.

Auch die Ergebnisse der breiteren wirtschaftlichen und sozialen Reformagenda des Königreichs machen sich allmählich bemerkbar. Da sich das Haushaltsdefizit deutlich verringert hat, obwohl Haushaltsausgaben auf Rekordniveau angekündigt wurden, sind wir der Ansicht, dass sich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten insgesamt weiter verbessern und dass sich dies auch in den Unternehmensgewinnen niederschlägt.

Der neue MSCI-Schwellenlandstatus Saudi-Arabiens ist zweifellos ein großer Gewinn für den Kapitalmarkt des Landes. Das Königreich setzt seinen weithin sichtbaren Wandel fort, und wir sind gespannt, welche Veränderungen als nächstes in Angriff genommen werden.

Bassel Khatoun und Salah Shamma, Franklin Templeton Emerging Markets Equity

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