In der Vergangenheit hatten Präsidentschaftswahlen kaum direkte Auswirkungen auf die Rentenmärkte. Trotz der verstärkten Berichterstattung und der Fokussierung der Medien auf die diesjährigen Wahlen in den USA sind wir der Ansicht, dass das Ergebnis kaum direkte Auswirkungen auf die breiteren Rentenmärkte haben wird. Dennoch gibt es einige Bereiche, auf die wir uns im Vorfeld der für den 8. November angesetzten Wahlen konzentrieren.
Längerfristig wird die Wertentwicklung an den Rentenmärkten letztlich von Fundamentaldaten bestimmt. Vor diesem Hintergrund sind die allgemeinen Kommentare über die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Märkte im Vorfeld einer Wahl meist überzogen. Unserer Ansicht nach haben wichtigere Themen wie z.B. die Ergebnisse der Kongresswahlen für sowohl das Repräsentantenhaus als auch den Senat dieses Mal deutlich weniger Aufmerksamkeit erfahren als die Präsidentschaftswahlen. In Wirklichkeit hätte eine deutliche Veränderung der Kongressmehrheiten für Anleger jedoch sehr viel stärkere Konsequenzen. Der Kongress entwickelt einen Großteil der wichtigen politischen Maßnahmen, so dass jegliche Veränderung der Machtverhältnisse (d.h. ein Repräsentantenhaus und Senat unter Kontrolle der Demokraten) potenzielle Auswirkungen auf sowohl die Steuerpolitik als auch aufsichtsrechtliche Vorschriften haben könnte. Zudem könnten verschiedene Branchen wie z.B. Energie, Gesundheitswesen und möglicherweise auch das Finanzwesen hiervon direkt betroffen sein.
Im Vergleich zu einigen anderen Märkten dürfte die Wahl selbst kaum direkte Auswirkungen auf die Rentenmärkte haben. Dennoch müssen wir die Lage natürlich genau im Auge behalten. Wie bereits erwähnt, könnte ein Durchmarsch der Demokraten im Kongress stärkere Auswirkungen haben, vor allem aufgrund einer Verlagerung der allgemeinen politischen Ausrichtung. Wir halten einen solchen Durchmarsch derzeit zwar für unwahrscheinlich, es ist jedoch eine Entwicklung, die wir genau im Auge behalten müssen, da früher oder später eine entsprechende Reaktion unsererseits gegebenenfalls erforderlich sein könnte. Die Kongresswahlen haben in der Boulevardpresse bislang kaum Beachtung gefunden. Wir konzentrieren uns jedoch verstärkt auf diesen Aspekt, da das Ergebnis stärkere Auswirkungen auf die Märkte und die Wirtschaft insgesamt haben dürfte.
Märkte hegen in der Regel eine Abneigung gegen Unsicherheit, und wir haben in diesem Wahlzyklus bereits mehrere Phasen erhöhter Volatilität erlebt. Zudem gefällt dem Markt das übliche System der gegenseitige Kontrolle innerhalb unserer Regierung sehr gut. Eine vollständige Verlagerung hin zu einer einzigen Partei könnte daher für erhöhte Unsicherheit sorgen.
Sobald die Wahlergebnisse bekannt sind, dürfte auch die Unsicherheit an den Märkten wieder abnehmen. Wir gehen davon aus, dass dies dazu beitragen dürfte, das allgemeine Augenmerk erneut auf die makroökonomischen Fundamentaldaten der Weltwirtschaft sowie der Märkte zu lenken.
Auswirkungen von Defiziten auf die Zinspolitik
Eine Beobachtung, die wir während des vergangenen Jahres gemacht haben, betrifft den Anstieg des US-Haushaltsdefizits. Gleichzeitig hat die Rhetorik in Bezug auf finanzierte Ausgaben (die im Gegensatz zu einer Defizitfinanzierung an eine Umsatzquelle gebunden sind) nachgelassen. Wir halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass die Wahl kurzfristig eine deutliche diesbezügliche Veränderung herbeiführen wird. Zwei bedeutende, hiermit verbundene Themen, die hier künftig auf uns zukommen könnten, sind eine Rückführungsbefreiung (Steuervergünstigung für Personen und/oder Unternehmen in einem Land, die in anderen Ländern erwirtschaftete Einkommen bzw. Erträge zurückführen) sowie ein Anstieg der Infrastrukturausgaben. Eine Rückführung würde erhebliche potenzielle Investitionssummen in die US-Wirtschaft zurückführen. Auch ein Infrastrukturgesetz könnte sich als günstig erweisen, sofern es wirklich dazu beiträgt, das Wachstum anzukurbeln, und nicht lediglich eine defizitfinanzierte Maßnahme darstellt.
Ein weiterer Aspekt, auf den wir uns konzentrieren, ist der Anstieg protektionistischer Strömungen in den USA. Diese Tendenz gibt in der Tat Anlass zur Sorge. Wir sind der Ansicht, dass ein solcher Protektionismus unter dem Strich für das Wachstum und die allgemeine Stärke der Wirtschaft negativ ist. Alles in allem sind ein stärkerer weltweiter Handel und engere Verknüpfungen mit der Weltwirtschaft für das Wachstum der USA günstig. Sollte diesbezüglich ein harter Kurs eingeschlagen werden, würde uns dies dazu veranlassen, unseren allgemeinen Wachstumsausblick für die USA zu korrigieren.
Bezüglich der US-Geldpolitik glauben wir nicht, dass die Wahl selbst wesentlichen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Zinsen haben wird, sofern sich hierdurch nicht eine deutliche Umkehr der fundamentalen Wirtschaftslage ergibt. Nachdem die Unsicherheit im Zusammenhang mit der Wahl einmal vom Tisch ist, dürfte zudem der Weg für eine weitere allmähliche geldpolitische Straffung frei sein. Zudem wird Janet Yellen, die Vorsitzende der US-Notenbank (Federal Reserve, Fed) noch bis 2018 im Amt bleiben. Daher gehen wir davon aus, dass die Fed auch unter dem nächsten Präsidenten an ihrer aktuellen Politik festhalten wird.