Franklin Templetons David Zahn: "Von Sommerloch keine Spur"

In Europa sorgten in diesem Sommer die politischen Ereignisse für Schlagzeilen, und die Lage ist nach wie vor alles andere als klar. David Zahn, Head of European Fixed Income der Franklin Templeton Fixed Income Group, fasst für Anleger, die gerade aus dem Sommerurlaub zurückgekehrt sind, zusammen, was sich politisch und wirtschaftlich in den letzten Monaten getan hat. Außerdem untersucht er, welche Folgen ein Brexit, ein italienisches Verfassungsreferendum und ein potenzieller Regierungswechsel in verschiedenen europäischen Ländern in den kommenden zwölf Monaten, aber auch die US-Wahlen haben könnten. Franklin Templeton | 12.09.2016 20:12 Uhr
David Zahn, Head of European Fixed Income, Franklin Templeton / ©  Franklin Templeton
David Zahn, Head of European Fixed Income, Franklin Templeton / © Franklin Templeton
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
"Das traditionelle Sommerloch ließ an den europäischen Finanzplätzen in diesem Jahr lange auf sich warten und war dann auch wieder schneller vorbei als sonst. Einige der Ereignisse dieses Sommers dürften unserer Ansicht nach noch eine Weile bestimmen, welche Richtung die Märkte einschlagen. Vor allem die überraschende Entscheidung der britischen Bevölkerung im Juni für den Brexit sorgte im Juli – an den europäischen Märkten normalerweise ein ruhiger Monat – dafür, dass private wie institutionelle Anleger ins Schwitzen kamen. Meiner Einschätzung nach fielen die kurzfristigen Folgen des Referendums nicht so schlimm aus, wie es die „Bleiben-Befürworter“ vorhergesagt hatten. Der britische Einzelhandel ist im Monat nach der Entscheidung gegenüber dem Vorjahr um 5,9% gewachsen.[1] Ferner entwickelten sich britische Unternehmensanleihen – trotz der düsteren [2]Krisenstimmung – gut, was teilweise darauf zurückzuführen war, dass die Unternehmen durch die Stützungsmaßnahmen der Bank of England (BoE) nach dem Votum einen Anreiz für anhaltende Kreditaufnahmen, Investitionen und Neueinstellungen erhielten.

Meiner Meinung nach war die Entscheidung der BoE für eine weitere Zinssenkung im August auf rekordtiefe 0,25% zwar eine wichtige Reaktion auf das Brexit-Votum. Für noch wichtiger halte ich es allerdings, wie die Bank das wiederaufgenommene quantitative Lockerungsprogramm (QE) fortführt.Im August hat die BoE ein neues Kreditförderungsprogramm (Term Funding Scheme) im Volumen von 100 Mrd. Pfund angekündigt, um die Folgen der Niedrigzinsen auf die Privatbanken abzufedern. Diese Maßnahme, die im Grunde der Ausweitung des Programms der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Aufkauf von Vermögenswerten entspricht, gliedert sich ein in einen langfristigen geldpolitischen Ansatz in drei Phasen. Dieser sieht unter anderem den Aufkauf von britischen Unternehmensanleihen im Volumen von bis zu 10 Mrd. Pfund und eine Ausweitung der bestehenden Kaufprogramme vor. Das Volumen der Wertpapieraufkäufe durch die BoE wird damit auf 435 Mrd. Pfund erhöht. Notenbankchef Mark Carney hat kürzlich angedeutet, er habe „kein Interesse“ an negativen Zinsen in Großbritannien. Daher sind eher zusätzliche Stützungsmaßnahmen zu erwarten als weitere Zinssenkungen.

Das britische Referendum war jedoch nicht der einzige Volksentscheid, der die Anleger die Stirn runzeln ließ. Das schockierende Ergebnis in Großbritannien und die darauf folgenden ersten Turbulenzen wie etwa der Rücktritt von Premier David Cameron ließen auch das für November  wieder ins Rampenlicht rücken. Auch dieses Ereignis könnte über die italienischen Grenzen hinaus folgenreich sein, wenn die Bevölkerung des Landes den Kurs ihres Premiers Matteo Renzi ablehnt, was einen Rücktritt und Neuwahlen zur Folge haben könnte. Für die Europäische Union könnte das italienische Referendum tatsächlich weit reichende Folgen haben.

Verhandelt die britische Premierministerin möglicherweise mit den Falschen?

Im nächsten Jahr stehen in Frankreich und in Deutschland reguläre Wahlen an. Zudem ist die Lage in Spanien nach wie vor unsicher, und auch Italien steht möglicherweise vor Neuwahlen. Somit ist in den kommenden zwölf Monaten in vier der größten Euroländer ein Regierungswechsel möglich.

Die britische Premierministerin Theresa May bringt das in ein Dilemma. Schließlich muss sie entscheiden, wann sie den Startschuss für den Brexit gibt und Artikel 50 des Vertrags von Lissabon aktiviert. Sie wird kaum daran interessiert sein, den zweijährigen Austrittsprozess in Gang zu bringen, ohne zu wissen, mit wem sie verhandeln wird.

Noch unsicherer ist die politische Lage allerdings in Spanien – das Land ist seit neun Monaten ohne handlungsfähige Regierung. Weder die Wahlen im Dezember 2015 noch die im Juni dieses Jahres brachten ein Ergebnis. Zudem scheiterte Premier Mariano Rajoy Ende August mit dem Versuch, eine parlamentarische Mehrheit für eine Regierungsbildung zu erlangen. Spanien droht also eine dritte Wahl. Den Anleihenmarkt allerdings – und das ist bemerkenswert – hat dieses Hickhack im spanischen Parlament bislang offenbar nicht besonders belastet. Außerdem ist das Bruttoinlandsprodukt des Landes in diesen unsicheren Monaten sogar schneller gewachsen – möglicherweise infolge der gelockerten spanischen Fiskalpolitik.

Umschichtungen am Kreditmarkt – und politischer Wandel in den USA

Aufgrund der allgemein angespannten politischen Lage in Europa dürfte die EZB ihr Programm zum Aufkauf von Wertpapieren des öffentlichen und privaten Sektors im Volumen von monatlich 80 Mrd. Euro unserer Meinung nach nicht wie geplant im März 2017 auslaufen lassen.

Ebenfalls mit Argusaugen beobachtet wird die kommende Präsidentschaftswahl in den USA. Zurzeit sehen die Märkte offenbar die Demokratin Hillary Clinton als Favoritin, was viele der letzten Wahlumfragen ebenfalls bestätigen. Sollte jedoch der Republikaner Donald Trump das Rennen machen, dürfte die Volatilität an den Märkten zunehmen."

David Zahn, CFA, FRM
Head of European Fixed Income
Senior Vice President, Portfolio Manager
Franklin Templeton Fixed Income Group

[1] Quelle: Office for National Statistics, Einzelhandelsumsätze in Großbritannien, Juli 2016.

[2] Quelle: Standard & Poor’s. Weitere Informationen zu Datenanbietern finden Sie unter www.franklintempletondatasources.com. Britische Unternehmensanleihen werden abgebildet durch den S&P UK Investment Grade Corporate Bond Index, der darauf ausgelegt ist, die Performance von auf das Pfund Sterling lautenden Investment-Grade-Unternehmensschuldtiteln abzubilden, unabhängig vom Sitz des Unternehmens und dem Emissionsmarkt. Der britische Index für Investment-Grade-Unternehmensanleihen erzielte vom 24. Juni bis 5. September 2016 eine Rendite von 9,4%. Indizes werden nicht gemanagt. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten oder Ausgabeaufschläge sind in den Indizes nicht berücksichtigt. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch ein Anhaltspunkt für die zukünftige Wertentwicklung.

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