Franklin Templeton: "Beim Thema ESG geht es nicht um 'ethisches' Investieren"

Julie Moret, Leiterin der ESG-Abteilung und der Gruppe Performance Analysis Investment Risk (PAIR) von Franklin Templeton, erklärt, wie ESG zu einem ganzheitlichen Ansatz für Risikomanagement sowie einem weiterentwickelten Rahmen zur Bewertung von Anlagemöglichkeiten beitragen kann. Franklin Templeton | 08.04.2016 12:00 Uhr
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Julie Moret
Julie Moret

"In der Vermögensverwaltungsbranche ist das Interesse an den Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (ESG) seit dem Start der Principles for Responsible Investments (PRI) der UN im Jahr 2006 stark gestiegen. Mittlerweile haben sich fast 1.400 Unterzeichner mit einem verwalteten Vermögen von 59 Billionen US-Dollar hinter diese Prinzipien gestellt und sich dazu verpflichtet, ESG-Überlegungen in ihre Anlageentscheidungen, ihr Verhalten als Aktionäre und ihre Berichterstattung einzubeziehen.

Im Laufe der Zeit haben Anleger immer wieder innovative Methoden gefunden, um aus neu entstandenen und entwickelten Informationen neue Erkenntnisse zur Unterstützung ihrer Entscheidungen zu gewinnen. Heute wenden sich manche vorausschauende Anleger verstärkt Analysen von Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG) zu, um ihre Researchaktivitäten um zusätzliche Perspektiven zu ergänzen. 

Trotz dieses Wachstums werden ESG-Praktiken jedoch immer noch sehr unterschiedlich interpretiert und umgesetzt. Hinzu kommt eine Neigung in der Anlagewelt, eine verwirrende Ansammlung von häufig gleichbedeutend genutzten Ausdrücken und Abkürzungen zu verwenden, die in manchen Fällen für ganz unterschiedliche Konzepte und Ziele stehen.

Bei Franklin Templeton unterscheiden wir klar zwischen ESG und ethischen oder auf Werten basierenden Investments.  Dabei sind wir nicht der Meinung, dass dies mit Abstrichen bei der Performance verbunden sein muss. Im Gegenteil glauben wir, dass es bei ESG um risikobewusste Geldanlage geht, bei der alle potenziellen Risiken und Triebkräfte für langfristige Renditen gleichermaßen berücksichtigt werden und bei der abgeschätzt wird, inwieweit die Risiken eingepreist sind. Das Vorgehen ist vereinbar mit den Prinzipien für umsichtiges Investieren.

Unserer Ansicht nach sollte die gleiche analytische Strenge, die bei einem Rahmen für Risikomanagement und Anlagebewertung angewendet wird, auch für einen ESG-Rahmen entwickelt werden.

Indem sie eine ESG-Brille aufsetzen, dürften Anleger in der Lage sein, die geschäftlichen Risiken und Chancen für Unternehmen im Zusammenhang mit ESG zu erkennen.

Indem sie eine ESG-Brille aufsetzen, dürften Anleger in der Lage sein, die geschäftlichen Risiken und Chancen für Unternehmen im Zusammenhang mit ESG zu erkennen. Teil davon kann beispielsweise die Bewertung der potenziellen Auswirkungen von ESG-Faktoren auf die langfristigen Geschäftsmodelle von Unternehmen und ihre Fähigkeit sein, sich an Änderungen im ESG-Bereich anzupassen. Mit der Zeit können diese Faktoren Wettbewerbsvorteile schwinden und neu entstehen lassen, und sie haben Einfluss auf die Nachhaltigkeit von geschäftlichem Wachstum sowie die Fähigkeit zur langfristigen Wertschöpfung für Anleger.

Nach der UN-Klimakonferenz im Jahr 2015 in Paris (auch als COP21 bezeichnet) dürfte das Interesse an Methoden zur Verringerung von Kohlendioxidemissionen zunehmen. Langfristig könnte dies Auswirkungen auf Unternehmen haben, die fossile Brennstoffe nutzen und produzieren und dadurch aufgrund neuer Regeln oder Ziele strukturelle Probleme bekommen könnten. Anleger, die in einer ESG-Betrachtung Kennzahlen wie die Kohlendioxidemissionen von Unternehmen oder Ländern, ihre Energieintensität, ihre Reserven oder ihren Energiemix untersuchen, sind möglicherweise besser in der Lage, diejenigen zu identifizieren, die flexibler und anpassungsfähiger sind.

Bei ESG-Analysen dienen nicht nur dazu, Risiken zu identifizieren und zu messen: In unseren Augen können sie auch Anlagechancen erkennbar machen.

Bei ESG-Analysen dienen nicht nur dazu, Risiken zu identifizieren und zu messen: In unseren Augen können sie auch Anlagechancen erkennbar machen. In der ganzen Welt sind bedeutende demografische Entwicklungen wie zum Beispiel Bevölkerungswachstum zu beobachten, die eine Belastung für natürliche Ressourcen wie Wasser darstellen.

Unserer Meinung nach sind Unternehmen, die von der zunehmenden Nachfrage nach effizienten Wasserlösungen profitieren, tendenziell gut positioniert, sich an Veränderungen bei ESG-Themen anzupassen, die erhebliche Bedeutung für ihren langfristigen Erfolg haben können; das Gleiche gilt für Unternehmen, die dauerhaftes Wachstum zeigen, aber gleichzeitig ihren Ressourcenverbrauch verringern.

Integration von ESG


Um mit Risiken vernünftig umgehen zu können, müssen Anlageverwalter in der Lage sein, sie richtig zu messen und zu verstehen. Bei Franklin Templeton wollen wir dafür sorgen, dass nur solche Risiken in unsere Portfolios kommen, die verstanden wurden, bekannt sind und bewusst in den Anlageprozess einbezogen wurden, weil Potenzial für eine Kompensation dafür bestehtUnserer Meinung nach ermöglicht die Kombination von traditionelleren quantitativen Risikokennzahlen wie Tracking-Error oder Beta und eher qualitativen ESG-Risikoanalysen, bei denen beispielsweise die Qualität des Managements oder Reputationsrisiken untersucht werden, eine vollständigere und mehrdimensionale Betrachtung.

Qualität und Verfügbarkeit von ESG-Daten und -Instrumenten nehmen immer mehr zu. Wir glauben, dass dies Vorteile für diejenigen Vermögensverwalter bringen kann, die sich die Zeit nehmen, zu verstehen, was diese Daten bedeuten und wie sie zur besseren Informationsgrundlage für ihre Anlagebewertungen werden können. ESG-Daten können neue Perspektiven ermöglichen, die unter der Oberfläche von Bilanzen und Finanzkennzahlen verborgene Risiken zutage treten lassen.

Risikomanagement gewinnt bei Unternehmen wie Anlegern an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund sind wir der Meinung, dass die Analyse von ESG-Risikofaktoren neben traditionelleren statistischen und quantitativen Risikofaktoren unser Verständnis für die potenziellen Abwärtsrisiken vertieft.  Dementsprechend dürften Anbieter, die heute Zeit investieren, um ihr Anlageresearch so weiterzuentwickeln, dass ein ESG-Rahmen zum Teil ihres Anlageprozesses wird, in Zukunft bessere Erfolgschancen haben.

ESG IN DER PRAXIS

Unten finden Sie eine Zusammenstellung von allgemein anerkannten ESG-Ansätzen. In der Praxis kommen meist mehrere dieser Ansätze zusammen.

  • Negatives Filtern: Ausschluss von Anlagemöglichkeiten auf der Grundlage eines Faktors oder einer Kombination mehrerer Faktoren wie Ethik, Werte oder religiöse Überzeugungen; ebenso Ausschluss wegen Verstößen gegen internationale Standards und Normen.
  • Positives Filtern: Das Gegenstück zu negativem Filtern ist das bewusste Investieren in Unternehmen, die bei ESG-Kriterien gut abschneiden.
  • Austausch: Steht für die regelmäßige Kommunikation mit Unternehmen, in die investiert wird. Dabei geht es um ESG-Fragen wie Führungskräftevergütung, Aktionärsrechte, Diversität oder Offenlegung von Klimarisiken.
  • Integration: Die explizite Aufnahme der Bewertung von ESG-Risiken und -Chancen neben traditionellen Finanzanalysen.
  • Thematische Schwerpunkte: Geldanlagen, die auf der Grundlage von Nachhaltigkeitsthemen wie Wasser, Kohlendioxideinsparungen oder Anpassung an den Klimawandel vorgenommen werden.
  • Einen positiven Beitrag leisten: Geldanlage mit der Absicht, neben finanziellen Zielen einen exakt definierten Satz an gesellschaftlichen oder ökologischen Zielen zu erreichen. Ein Beispiel dafür sind Investitionen in Fonds mit sozialen Wirkungskrediten in Bereichen wie Bildung oder bezahlbarer Wohnraum.

Die Rolle von ESG bei Sharia-konformer Geldanlage

ESG und glaubensbasierte (zum Beispiel Sharia-konforme) Geldanlage fallen beide in das Spektrum der nachhaltigen und verantwortungsbewussten Anlagepraktiken, sind aber unterschiedliche Konzepte. Eine ESG-Betrachtung kann eine breit angelegte Analyse ermöglichen, zu der zusätzlich Sharia-spezifische Aspekte hinzugezogen werden. Die Kombination dieser beiden Betrachtungsweisen ermöglicht genauere Prüfungen, um Unternehmen mit potenziell schwächerer Performance auszuschließen und sich stattdessen auf diejenigen zu konzentrieren, die sich durch überzeugende Geschäftspraktiken und langfristige Wertschöpfung auszeichnen."

Julie Moret
Head of ESG
Director, Performance Analysis and Investment Risk (PAIR)
Franklin Templeton Investments

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