Der Ölpreisverfall im zweiten Halbjahr 2014 sollte unseres Erachtens auf die gesamte Weltwirtschaft wie eine spürbare Steuersenkung wirken und dem globalen Wachstum ähnliche Impulse geben. Die Auswirkungen auf die führenden Zentralbanken sind jedoch alles andere als einheitlich und unterscheiden sich je nach den wirtschaftlichen und geldpolitischen Rahmenbedingungen. Angesichts der mittlerweile kräftigen konjunkturellen Dynamik in den USA könnte dieser zusätzliche Anreiz die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) in Schwierigkeiten bringen, vor allem falls Lohnsteigerungen und sonstiger Inflationsdruck in den USA im ersten Halbjahr 2015 gering bleiben. Zurzeit gehen wir mit dem Finanzmarktkonsens konform, dass die Fed etwa im dritten Quartal 2015 endlich mit einer Anhebung der kurzfristigen US-Zinsen beginnen wird. Dabei ist dieser Schritt in der US-Zinsstrukturkurve wohl zum Teil schon eingepreist. Überschüssige globale Liquidität könnte unseres Erachtens weiter für rege Nachfrage nach länger laufenden US-Schatzpapieren sorgen und einen Aufwärtstrend der längerfristigen US-Zinsen potenziell begrenzen.
Die zyklische Dynamik der US-Wirtschaft, die Verkürzung der Fed-Bilanz und die verbesserte fundamentale Verschuldungssituation des Landes liefern überzeugende Gründe für eine fortgesetzte Rally des US-Dollars. Wir stellen fest, dass die binnenwirtschaftlichen Auswirkungen eines stärkeren US-Dollars begrenzt sind, weil die USA eine vergleichsweise geschlossene Wirtschaft sind. Der US-Dollar legte gegenüber anderen Währungen in relativ undifferenziertem Tempo zu. Unterschiede bei den Wachstums- und Verschuldungskennzahlen anderer Länder fielen kaum ins Gewicht, was beispielsweise der starke Einbruch des mexikanischen Pesos in der zweiten Jahreshälfte 2014 belegt. Diese Situation hat für Anomalien gesorgt, die nach unserer Überzeugung früher oder später korrigiert werden dürften, sobald die Fundamentaldaten dieser Länder wieder stärker in den Fokus rücken.
Der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte die Aussicht auf Wachstumsanreize angesichts der Stagnation der Wirtschaft in großen Teilen der Region unseres Erachtens willkommen sein. Der Preissturz beim Öl könnte jedoch andere Auswirkungen auf die Geldpolitik der EZB haben. Da die Gesamtinflation in der Eurozone, angetrieben durch billigere Energie, Ende 2014 ins Minus drehte, könnte eine solche Entwicklung den Widerstand mancher deutschen Politiker gegen quantitative Lockerungen (QE) aufweichen. Tatsächlich könnte die politische Fähigkeit der EZB, einen QE-Konsens aufrechtzuerhalten, unverhältnismäßig von der künftigen Entwicklung der deutschen Wirtschaftsdaten abhängen, insbesondere nach der enttäuschenden Wirtschaftsleistung Deutschlands im dritten Quartal 2014. Weitere Komplikationen bestehen in Form anstehender Wahlen in Griechenland und Großbritannien, was für potenziell anziehende Volatilität auf den Rentenmärkten der Eurozone in der ersten Jahreshälfte 2015 spricht. Kommen wieder Sorgen um den Fortbestand der Eurozone auf, dürfte die wahlbedingte Unsicherheit in Großbritannien im Zusammenspiel mit dem wachsenden Handelsdefizit des Landes den gewohnten Reiz britischer Staatsanleihen als vermeintlich sichere Häfen begrenzen.
Trotz dieser drohenden potenziellen Widerstände gehen wir für 2015 nicht von einer ausgewachsenen Rezession in der Eurozone aus. Das Wachstum in der gesamten Region könnte sich an der Inflation orientieren und leicht ins Minus rutschen. Diese Indikatoren dürften unserer Ansicht nach aber eher um null schwanken und nicht drastisch einbrechen. Unser Ausgangsszenario für Ende 2015 geht für die Eurozone mehr oder minder von gleich bleibender Wirtschaftsentwicklung aus, ohne größere Zuwächse oder Einbußen. Wir rechnen mit einer weiteren Schwächung des Euro durch dieses stagnierende Konjunktur-umfeld und die voraussichtliche QE-Einführung, beurteilen manche Anleihen aus der Peripherie der Eurozone aber weiter positiv, die unseres Erachtens im Vergleich zu USSchatzpapieren mit entsprechender Laufzeit angesichts des unterschiedlichen Leitzinsausblicks nach wie vor attraktiv wirken.
In Japan dürften die Anreize durch billigere Energie unserer Ansicht nach ebenfalls willkommen sein, vor allem da die zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgten Steuererhöhungen Versuchen zuwider gelaufen sind, das japanische Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Die selbst nach dem spürbaren Rückgang des japanischen Yen seit 2012 und den umfangreichen geldpolitischen Lockerungen der Bank of Japan noch schleppende Konjunkturentwicklung unterstreicht die schwachen Fundamentaldaten des Landes. Ohne maßgebliche Schritte zum Abbau des Schuldenüberhangs und der strukturellen Wachstumshindernisse, für die offenbar der politische Wille fehlt, dürfte künftig aller Wahrscheinlichkeit nach weiter auf neue QE-Runden und Währungsschwäche gesetzt werden.
Mit Blick auf die Zukunft gewinnt das Währungsengagement im Hinblick auf die unterschiedlichen Wachstumsaussichten der zugrunde liegenden Volkswirtschaften und die damit verbundenen Anpassungen der Notenbankpolitik ganz klar an Bedeutung. Beim Durationsrisiko bleiben wir insgesamt neutral, tendieren aber womöglich zu einer Reduzierung, wenn ein potenzieller Anstieg der US-Zinsen näher rückt, und ebenso zu einem entsprechend geringeren Engagement in Spread-Sektoren wie Unternehmens- und Schwellenländeranleihen.
John W. Beck
Senior Vice President, Direktor of Fixed Income, London
Franklin Templeton Fixed Income Group