Die langfristigen Chancen für Thailands Wirtschaft und den dortigen Markt beurteilt er optimistischer.
Die Verhängung des Ausnahmezustands in der thailändischen Hauptstadt Bangkok wird die Situation nicht verändern und könnte sogar noch stärkeren Widerstand hervorrufen. Nach unseren auf verschiedene Berichte gestützten Erkenntnissen sympathisieren immer mehr einfache Soldaten mit den Rothemden. Auch die Autorität von Premierminister Abhisit Vejjajiva wurde durch die Ausschreitungen sicherlich beschädigt. Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte General Anupong Paochinda äußerte, dass „eine Parlamentsauflösung die Antwort sein sollte“. Abhisit meinte, er sei bereit, das Parlament noch vor Jahresende aufzulösen. Das ist für die Opposition jedoch nicht akzeptabel – vor allem, da sie den Eindruck hat, dass er auf Zeit spielt, um mehr Geld in den ländlichen Raum zu pumpen und sich zusätzliche Unterstützung zu sichern. Es gibt tatsächlich wenig Hinweise darauf, dass die verschiedenen Kräfte Wege finden, wie sich die regierenden Parteien elegant aus der Affäre ziehen können. Außerdem wurde gemeldet, dass die thailändische Wahlkommission gerade empfohlen hat, Abhisits regierende Demokratische Partei wegen des Vorwurfs der Annahme illegaler Wahlspenden strafrechtlich zu verfolgen. Das hätte ein Gerichtsverfahren zur Folge, das im Falle eines Schuldspruchs zu einer Auflösung der Partei und zur Amtsenthebung führen würde. Eine solche Entwicklung würde Neuwahlen nach sich ziehen.
Die Forderung nach Wahlen löst jedoch nicht das längerfristige Problem, das in der Spaltung der Gesellschaft in eine regierende urbane Elite und die Massen auf dem Land besteht. Es sind Maßnahmen erforderlich, ohne die ein Wahl-sieg der auf die Rothemden ausgerichteten Parteien vermutlich dazu führen würde, dass die als regierungsfreundlich und königstreu geltenden Gelbhemden auf die Straße gehen, und umgekehrt. Wir rechnen mit weiteren Unruhen.
Auf den Tourismus entfallen rund 6 bis 7% des thailändischen BIP und das Land dürfte sein für 2010 gesetztes Ziel von 15,5 Millionen Besuchern vermutlich verfehlen.1 Zwar hat der Tourismus keine wesentlichen direkten Effekte auf das BIP, doch die indirekten Auswirkungen sind höher, da schätzungsweise 20% der Arbeitsplätze in Thailand direkt oder indirekt vom Tourismus abhängen.2 Die Arbeitsmarktlage in Thailand ist derzeit nach wie vor angespannt.
Fortgesetzte Demonstrationen und politische Unsicherheit werden Anreizprojekte verzögern und Einkommen im länd-lichen Raum und Verbrauchervertrauen beeinträchtigen. Unseres Erachtens könnte dies die BIP-Wachstumsrate des Landes auf 2 bis 3% drücken. Thailands Behörde für Fiskalpolitik schätzte die volkswirtschaftlichen Kosten der tödlichen Zusammenstöße des letzten Wochenendes für Thailand für dieses Jahr auf entgangene Einnahmen von 1,58 Milliarden US-Dollar. Die Exporte dürften jedoch robust bleiben, solange der globale Wirtschaftsaufschwung anhält.
Die Bedeutung des Königs und seines Amtes ist nicht zu unterschätzen, da er traditionell die höchste moralische Au-torität im Land ist. Sein Status und sein Image wurden immer wieder eingesetzt, um Abweichler zu demotivieren. Doch vor kurzem deutete Thailands Außenminister Kasit Piromya an, der aktuelle Aufruhr sei „Teil des Prozesses zur Entwicklung einer offeneren und demokratischeren Gesellschaft“ und diese Gesellschaft sollte sich für die Diskussion der Rolle der Monarchie öffnen.
Die aktuelle politische Krise in Thailand stellt für Aktien kurzfristig ein enormes übergreifendes Risiko dar, was für das Land aber weder neu noch unerwartet ist. Seit die absolute Monarchie in Thailand 1932 abgeschafft wurde, hat es rund 20 erfolgreiche oder fehlgeschlagene Staatsstreiche, zahlreiche Unruhen und mehrere Verfassungsänderungen gegeben. Wir investieren seit fast 15 Jahren in Thailand und in dieser Zeit ist es dort immer wieder zu makroökonomischen und politischen Turbulenzen gekommen. Die Serie politischer Probleme – von der Asienkrise 1997 bis zu den jüngsten Ängsten um die Verschlechterung des Gesundheitszustands des thailändischen Königs im letzten Jahr – hat die langfristigen Wachstumsaussichten für Thailand nicht beeinträchtigt. Unsere Investmentphilosophie und unser Anlageverfahren betonen die Bedeutung einer langfristigen Investmentperspektive. Unternehmen werden in der Regel auf der Basis eines fünfjährigen Anlagehorizonts bewertet.
Insbesondere Anlagen im Finanzdienstleistungssektor – wie Banken, die sich mehr auf den Binnenmarkt konzentrieren – und im Energiesektor sind Bereiche, die sich nach unseren Erwartungen langfristig gut entwickeln sollten, wenn sich die Wirtschaft erholt. Bis letzte Woche gehörte Thailand seit Anfang 2010 zu den ertragsstärksten Aktienmärkten Asiens ohne Japan.3 Der thailändische Baht und thailändische Anleihen präsentierten sich ebenfalls stark. Trotz zahlreicher politischer Ungewissheiten in der Vergangenheit konnten etliche von Thailands Blue-Chips Unternehmen ihrer Vergleichsgruppe aus stabileren Ländern der Region schlagen. Der Aktienmarkt ist mit einem geschätzten KGV von 11,6, einem KBV von 2,1 und 3% Rendite nach wie vor reizvoll bewertet.4 Der Thailand Stock Exchange (SET) Index gab vom 9. bis 12. April 3,5% ab, der MSCI Thailand Index 4,3%.5 Diese jüngste Marktkorrektur ist gering ausgefallen im Verhältnis zu der Volatilität, die die Schwellenmärkte alltäglich aufweisen – auch ohne spektakuläre Nachrichten.
Die thailändische Börse ist wegen des thailändischen Neujahrsfestes Songkran vom 13. bis 14. April geschlossen. Das gibt beiden Parteien eine Atempause und Bedenkzeit. Thailändische Politiker sind bekannt für ihre flexible Haltung und hier geht es um Kompromisse. Es steht zu hoffen, dass die Führer beider Seiten die Zeit zu Verhandlungen und zur Entschärfung der Lage auf den Straßen nutzen. Gelassenheit ermöglicht allen Beteiligten, klare Gedanken zu fassen – eine Eigenschaft, die Politiker ebenso besitzen sollten wie Investoren.
1 Quelle: Thailändische Tourimusbehörde, Stand Ende März 2010.
2 Quelle: Nationales Statistikamt Thailands, Stand Ende März 2010.
3 Quelle: MSCI, Stand 9. April 2010.
4 Quelle: Factset, Stand Ende März 2010.
5 Quelle: Factset, Stand 13. April 2010.