Hohe Unsicherheit, niedrige Volatilität

Die Unsicherheit ist groß, während die Volatilität niedrig ist. "Wie kann dieser Widerspruch aufgelöst werden?", fragt sich Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management. Erste Asset Management | 07.10.2016 08:34 Uhr
Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management / ©  Erste Asset Management
Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management / © Erste Asset Management
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Unsicherheiten

Die Unsicherheiten betreffen die hohe weltweite Verschuldung, das niedrige Produktivitätswachstum, die extrem expansiven Zentralbankpolitiken, die Zentrifugalkräfte in der EU, den Aufstieg des politischen Populismus und die Ungewissheit, in welchem makroökonomischen Szenario sich die Weltwirtschaft tatsächlich befindet beziehungsweise befinden wird (Lowflation, Deflation, Inflation).

Die Zukunft ist eben ungewiss. Besonders dann, wenn viele Entwicklungen im Vergleich zur jüngeren Geschichte neu sind: Die Große Rezession stellt eine Zäsur dar. Zurück auf den Boden der aktuellen Entwicklungen zeigt sich ein etwas optimistischeres Bild.

Gutes Wachstum der Weltwirtschaft

In der aktuellen Einschätzung hat der Internationale Währungsfonds ein Wachstum der Weltwirtschaft für 2016 von 3,1% nach 3,2% im Vorjahr veranschlagt. Gegenüber der Einschätzung vom Juli wurde dieser Wert nicht nach unten revidiert. Das alleine ist schon positiv.

Industriestaaten enttäuschen

Zugegeben: Das Wachstum für die entwickelten Volkswirtschaften wurde gegenüber dem Juli-Wert abermals nach unten genommen (um 0,2 Prozentpunkte auf 1,6% für 2016). Im Vorjahr betrug das Wachstum noch 2,1%. Die hochfrequenten Indikatoren wie Industrieproduktion und Umfrageindikatoren deuten aber immerhin auf eine Stabilisierung auf diesem Niveau. Das entspricht dem gefallenen Potenzialwachstum.

Schwellenländer überraschen positiv

Im Unterschied zu den Industriestaaten wurde die Wachstumsschätzung für die Schwellenländer nach oben genommen (um einen Zehntel Prozentpunkt auf 4,2% für 2016). Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das eine Beschleunigung um 0,2 Prozentpunkte.

Die Wachstumsdifferenz zwischen den Industriestaaten und den Schwellenländern weitet sich also wieder aus, wobei die Dynamik in den Schwellenländern stattfindet. Die Rezessionen in Russland und Brasilien laufen aus, die Rohstoffpreise und die Währungen haben sich stabilisiert, die Wirtschaftspolitik in China ermöglich eine graduelle Wachstumsabschwächung sowie einen Umbau der Wirtschaft und in Indien werden beeindruckende Strukturreformen umgesetzt, wobei die Wirtschaft gleichzeitig robust wächst.

Favorisierung von Emerging Markets

In der Asset Allocation spiegelt sich diese Entwicklung wider. Erstens favorisieren wir Staatsanleihen in Schwellenländern sowohl in Lokal- als auch in Hartwährung. Zweitens übergewichten wir in der Länder-Aktienallokation die Schwellenländer.

Zusammengefasst lassen sich aus der Dichotomie zwischen hoher Unsicherheit und niedriger Volatilität drei Risiken ableiten.

TINA

Die Weltwirtschaft wächst bemerkenswert gleichmäßig, d.h. mit niedriger Volatilität. Relative kleine Vertrauensschocks wie jener nach dem Brexit-Referendum oder jener nach der Abwertung der chinesischen Währung können durch expansive Signale der Zentralbanken aufgefangen werden. Die Unsicherheiten haben auf das unmittelbare Wachstum wenig Einfluss. Die Märkte preisen die Unsicherheiten allerdings nicht. Der TINA-Ansatz (There-Is-No-Alternative) dominiert. Solange die Risiken nicht schlagend werden, werden risikobehaftete Wertpapierklassen gekauft, weil die kreditsicheren Staatsanleihen nur sehr niedrige Renditen versprechen.

Liquiditätsfalle

Der Zyklus von Krise – Unterstützung der Zentralbank – Stabilisierung bzw. Verbesserung – Nachlässigkeit gegenüber den Risiken – neuerliche Krise könnte gebrochen werden, weil die Zentralbankpolitiken wirkungslos bzw. sogar kontraproduktiv werden. Die Zentralbank in Japan liefert Hinweise dafür. Sie zeigt zwar ein hohes Engagement, die Deflation zu überwinden, die Maßnahmen vom letzten September (implizites Versprechen, die realen Renditen weiter in den negativen Bereich zu abzusenken) haben aber einen desperaten Beigeschmack.

Politikfehler

Die Geld- und Wirtschaftspolitik könnte das makroökonomische Szenario falsch einschätzen. Wenn sich relevante Teile der Weltwirtschaft in einer säkularen Stagnation befinden, bedeutet das, dass anhaltend negative reale Renditen notwendig sind, um Wachstum zu gewährleisten. (Stärkere) Leitzinsanhebungen in den USA, eine zu frühe Reduktion des Anleiheankaufsprogramms in der EWU könnten eine Rezession auslösen oder zu Marktturbulenzen führen. Zudem könnte staatliche Hilfe für eine systemrelevante notleidende Bank erst zu spät gewährt werden. Darüber hinaus könnten protektionistische Maßnahmen von Präsident Donald Trump einen Handelskrieg auslösen.

Gerhard Winzer, Chefvolkswirt, Erste Asset Management

Hinweis: Dieser Beitrag ist auch im Blog der Erste Asset Management verfügbar

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