Dennoch sieht Peter Szopo, Russland-Experte der Erste Asset Management, langfristig Chancen für Anleger. „Es ist kurzsichtig anzunehmen, dass russische Aktien nun für immer auf ihrem derzeit niedrigen Bewertungsniveau verharren: Es gibt eine realistische Chance auf eine konjunkturelle Erholung noch in diesem oder im kommenden Jahr, getrieben durch einen schwächeren und damit wettbewerbsfähigeren Rubel, mögliche fiskalische Anreize der russischen Regierung und eine stärkere Weltwirtschaft“, erklärt Szopo.
Die derzeit negativen Auswirkungen auf die russische Wirtschaft erfolgen laut Szopo vor allem über die Finanzmärkte: So habe sich der Rubel gegenüber dem Währungskorb US-Dollar/Euro im Vergleich zum Vorjahr um fast 7 Prozent abgeschwächt. Zum anderen setzten die fallenden Börsenkurse der Wirtschaft zu: Die russische Börse verlor in US-Dollar gemessen 14 Prozent an Wert seit Jahresbeginn. Im Vergleich dazu entwickelte sich der MSCI Emerging Markets Index seitwärts. Außerdem lasteten der Anstieg der Renditen mit einer Verschiebung der Zinskurve um 250 bis 300 Basispunkte seit Jahresbeginn und der Kapitalabfluss von mehr als 50 Milliarden Dollar allein im ersten Quartal 2014 auf der russischen Wirtschaft. „Darunter wird vor allem der Unternehmenssektor – zumindest kurzfristig – leiden“, so Szopo. „Mit steigenden Zinsen und fallenden Aktienkursen verlieren Anleihen und Aktien, die beiden Hauptinstrumente für die Unternehmensfinanzierung, für Investoren gleichermaßen an Attraktivität.“
Aktienmarkt mit massivem Bewertungsabschlag, aber auch mit Potenzial
Der massive Bewertungsabschlag, den es bereits vor dem Ausbruch der Ukraine-Krise gegeben hat, hat sich noch verstärkt. Derzeit notieren die russischen Aktien nur noch mit dem 4½fachen ihres Gewinns, was einem Abschlag von 60 Prozent gegenüber der Vergleichsgruppe der Emerging-Markets-Börsen entspricht. Die Dividendenrendite beträgt in Russland 4 Prozent und liegt damit fast 50 Prozent über dem Vergleichswert der Schwellenländermärkte. „Die niedrigen Bewertungen allein werden keinen Umschwung auslösen, aber sie deuten auf das Potenzial für eine Neubewertung des Marktes hin, wenn sich die politischen Spannungen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise wieder lösen“, betont Szopo.
Rubel-Abwertung bietet langfristig auch Chancen
Auf kurze Sicht hat die Rubel-Abwertung negative Auswirkungen durch höhere Inflation, schwächere Inlandsnachfrage und erhöhte Unsicherheit. Russland, das hauptsächlich Rohstoffe gegen US-Dollar verkauft, kann nicht von höheren Exportvolumina profitieren. Doch langfristig wird sich der schwächere Rubel positiv auf die russische Wirtschaft auswirken, weil er die Gewinnmargen der exportorientierten Rohstoffindustrie stützt und eine Importsubstitution auslöst, also die Nachfrage nach inländischen Produkten erhöht. Beide Effekte erhöhen die Investitionstätigkeit und stützen die inländische Produktion.
Begrenzte geldpolitische Optionen
„Die Krise erwischte Russland ohnehin auf dem falschen Fuß“, sagt Szopo. So kämpfe das Land schon seit 2012 mit schwachen Konjunkturindikatoren und einer Inflationsrate, die sich hartnäckig über dem Ziel der Zentralbank von 5 Prozent hält. Die Hoffnung aus dem vergangenen Jahr, dass die russische Zentralbank im Laufe der ersten Jahreshälfte 2014 ihren Leitzins senken kann, um das Wachstum zu unterstützen, habe sich zerschlagen. Im Zuge der Ukrainekrise wurde der Zins sogar von 5,50 Prozent auf 7,50 Prozent angehoben. Es ist fraglich, ob die Straffung der Geldpolitik die beste Antwort auf das ist, was im Grunde ein Angebotsschock für die russische Wirtschaft war. „Es ist unwahrscheinlich, dass die russische Zentralbank vor dem Herbst die Zinsen wieder senkt, da die Inflation auf mittlerweile 7 Prozent im April gestiegen ist und auch der Rubel abwertete“, sagt der Experte.
Auf fiskalischer Seite besteht Handlungsspielraum
Auf fiskalischer Seite herrscht nach Ansicht von Szopo hingegen ein größerer Handlungsspielraum. Aufgrund des schwachen Rubels und robuster Rohölpreise könnten die Steuereinnahmen in diesem Jahr die Erwartungen um 30 Mrd. US-Dollar übertreffen. Auch wenn dieser Überschuss zum Teil durch niedrigere Nicht-Öl- Einnahmen sowie durch den Wegfall von Privatisierungserlösen abschmelzen wird, profitiert die Budgetpolitik davon, dass die öffentlichen Finanzen nahezu ausgeglichen sind und die Staatsverschuldung nur 13 Prozent des BIP beträgt. Selbst der Internationale Währungsfonds IWF, der nicht als Freund fiskalischer Geschenke gilt, schlägt in diesem Fall vor, dass „temporäre und gezielte diskretionäre fiskalpolitische Maßnahmen im Falle einer schweren und anhaltenden Wirtschaftskrise in Betracht gezogen werden“ könnten.
Über den Fonds ESPA STOCK RUSSIA
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