Textilindustrie muss Lieferanten besser kontrollieren

Das Image ist angekratzt: Spätestens seit der Fabrikkatastrophe in Bangladesch steht die Textilindustrie in der Kritik. Medien und Politik werfen der Branche schlechte Arbeitsbedingungen und zu geringe Bezahlung vor. Doch wie reagieren professionelle Nachhaltigkeitsinvestoren auf die Lage? Erste Asset Management | 10.09.2013 12:10 Uhr
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Im Interview spricht Mag. Gerold Permoser, Chief Investment Officer der Erste Asset Management (EAM), über die Folgen für Großkonzerne und Asset Manager und erläutert den Nachhaltigkeitsansatz bei Investitionen des Hauses.

Nach dem Fabrikeinsturz in Bangladesch im Mai steht die Textilindustrie mit ihren Arbeitsbedingungen massiv in der Kritik. Ist das für Sie gerechtfertigt?

Permoser: Die Kritik ist gerechtfertigt, insbesondere bezüglich der Arbeitsverhältnisse in asiatischen Ländern. Dort mangelt es häufig an Sicherheitsstandards und auch an Transparenz, was die Kontrolle der Wertschöpfungskette erschwert. Die mitunter kaskadenartigen Fertigungsprozesse werden unter anderem durch Outsourcing herbeigeführt. Outsourcing wiederum entsteht durch den starken Wettbewerbs- und Kostendruck, der die Löhne auf ein Minimum drückt. Es kommen viele Aspekte zusammen – doch es müssen sich offenbar immer erst Katastrophen ereignen, bis die Öffentlichkeit über die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche debattiert. Börsennotierte Unternehmen mit hohem Reputationsrisiko sind natürlich angreifbarer als anonyme Billigtextilketten. Negative Medienberichte stellen teure Labels vor Reputationsprobleme. Wegen des geringen Anteils der Herstellungskosten an den Verkaufspreisen im Einzelhandel ist jeder Verstoß gegen arbeitsrechtliche Normen dem Konsumenten gegenüber eigentlich nur sehr schwer zu begründen.

Wie können Unternehmen reagieren oder aktiv handeln?

Permoser: Textilkonzerne und Einzelhändler können der problematischen Entwicklung entgegensteuern, indem sie für die Lieferkette eine Due-Diligence-Prüfung einführen. Die Lieferanten können aber natürlich auch gegensteuern, indem ihre Sub- und sogar Sub-Sublieferanten aktiv managen und einem Audit- und Überwachungsverfahren unterziehen. Die spezielle Belohnung von guten Arbeitsbedingungen kann einen positiven Wettbewerb unter Lieferanten auslösen. Gerade für große Markenhersteller ist eine nachhaltige Optimierung der Lieferkette aufgrund des hohen Reputationsrisikos von arbeitsrechtlichen Missständen fast schon Pflicht.

Und was können Asset Manager tun?

Permoser: Ebenfalls eine ganze Menge: So hat die Erste Asset Management als einer der ersten Fondsgesellschaften im deutschsprachigen Raum das „Bangladesh Memorandum“ des „Interfaith Center on Corporate Responsibility“ unterzeichnet. Die US-Institution kritisiert scharf die Zustände in der Textilindustrie Bangladeschs, aber auch deren prominente Kunden aus den Industrienationen. Das Memorandum verfolgt das Ziel den Brandschutz und die Sicherheit in den Textilfabriken des Landes mit ihren vier Millionen Beschäftigten zu erhöhen.

Haben Großunternehmen aus den Fehlern gelernt?

Permoser: Bei vielen Unternehmen scheint es ein Umdenken zu geben: Zahlreiche Textilhandelskonzerne haben das Bangladesch-Memorandum schon unterzeichnet. Textilkonzerne wie Adidas und Puma haben ihre Standards und Arbeitsbedingungen in der Lieferkette kontinuierlich verbessert, dennoch kommt es noch zu Verstößen gegen arbeitsrechtliche Normen. Ein weiterer Ansatzpunkt kann für Asset Manager der unmittelbare Dialog mit den Unternehmen sein. Wir haben in dieser Hinsicht bereits ein klar definiertes Engagement-Programm etabliert. So hat beispielsweise Adidas auf unsere Anfrage reagiert und will nun auf umfassende Transparenz setzen. Puma hat eine Antwort gänzlich verweigert. Der direkte Unternehmenskontakt als Investor und das Nutzen der eigenen Stimmrechte stehen im Mittelpunkt unseres aktiven Aktionärstums (Active Ownership). Über beide Kanäle zielen wir letztlich auf eine verbesserte Zukunftsfähigkeit der Unternehmen ab.

Gibt es weitere positive Beispiele aus der Branche?

Permoser: Ja, man muss nur genau danach suchen. Und darin ist die Erste Asset Management seit vielen Jahren erfahren: So hat das Management unseres Fonds Erste Responsible Stock Global jüngst die österreichische Firma Lenzing zum Unternehmen des Monats gekürt. Lenzing produziert alle drei Generationen industriell erzeugter Zellulosefasern und hat bereits 2002 als erster Fasererzeuger das Europäische Umweltabzeichen erhalten. Das Unternehmen folgt einer Nachhaltigkeitsphilosophie. So verbraucht die Produktion des Stoffes Tencel, eine Zellulosefaser der jüngsten Generation, 20-mal weniger Wasser als die Herstellung von Baumwollfasern.

Wie gehen Sie bei Ihren Untersuchungen vor – wie trennen Sie nachhaltige Unternehmen von den weniger nachhaltigen?

Permoser: Wir analysieren die ESG-Bereiche der Hersteller. Unsere Analyse im Bereich „Environmental, Social and Governance Issues“ beinhaltet Kriterien wie Umweltmanagement, Arbeitsbedingungen oder Transparenz. NGOs, Gewerkschaften und ausgewählte Medien liefern immer bessere Daten zu Arbeitsverhältnissen in der Branche. Wir weisen dann auf Missstände hin und erhoffen uns einen Dialog mit den betroffenen Firmen. Aus den Resultaten ziehen wir Konsequenzen hinsichtlich unserer Fondsportfolios. Langfristig ist es unser Ziel, mit unserem Engagement Einfluss auf die Unternehmen zu nehmen, um weitere Katastrophen zu vermeiden. Manche Bereiche schließen wir sogar grundsätzlich von einem Investment aus: So hat die Erste Asset Management bereits 2011 den Ausschluss von Herstellern „Geächteter Waffen“ aus ihrem Investment-Universum beschlossen. Mit dem Beitritt zum „Bangladesh-Memorandum“ haben wir nun einen weiteren Meilenstein beim ESG-Investment erreicht.

Über Mag. Gerold Permoser: Mag. Gerold Permoser ist seit Anfang April 2013 neuer Chief Investment Officer (CIO) der Erste Asset Management.

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