Nachholbedarf bei heim. Kapitalmarktkultur

Das im Zuge der Finanzkrise und einzelner Unternehmensskandale besonders in Österreich gesunkene Vertrauen in den Kapitalmarkt erfordert Gegenmaßnahmen des Gesetzgebers, so das Fazit führender Kapitalmarktexperten bei einer Podiumsdiskussion zum Thema. Raiffeisen Capital Management | 24.11.2010 10:56 Uhr
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Das im Zuge der Finanzkrise und einzelner Unternehmensskandale besonders in Österreich gesunkene Vertrauen in den Kapitalmarkt erfordert entschlossene Gegenmaßnahmen des Gesetzgebers, so das Fazit führender Kapitalmarktexperten bei einer von Metrum Communications, APA-Finance und dem heimischen Aktienforum veranstalteten Podiumsdiskussion zum Thema. Großen Nachholbedarf in Österreich orten die Experten unisono bei der Schaffung eines kapitalmarktfreundlichen Klimas und eines Bewusstseins für die Funktion des Kapitalmarkts in breiten Bevölkerungsschichten.

Eine wichtige Rolle kommt dabei neben der Gesetzgebung des Medien zu, wie eine Studie der Ruhr-Universität Bochum und der Humboldt-Universität zu Berlin zeigt. Die im Rahmen der Studie durchgeführten Befragungen von Privatanlegern in den Jahren 2003/04 und 2007/08 zeigen, dass Privatanleger vor allem über Medien Informationen für Anlageentscheidungen beziehen.

75 Prozent der befragten Anleger messen Medien als Informationsquelle eine hohe Bedeutung bei. Informationen von den Unternehmen selbst liegen weit abgeschlagen an zweiter Stelle, nur 44 Prozent der Befragten halten etwa Geschäftsberichte für wichtige Informationsquellen. "Als wir die Ergebnisse zum ersten Mal gesehen haben, waren wir schon überrascht", berichtet der Co-Studienautor Prof. Edgar Ernst bei der Diskussion, "der Privataktionär sieht das Unternehmen aus der Brille der Presse."

Während institutionelle Investoren die detaillierten Informationen im Geschäftsbericht sehr wohl nutzen, können Privatanleger mit der Flut an Information oft nichts anfangen, erklärt Ernst. Hier wäre eine größeres Verständnis der Bevölkerung für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge aber auch eine zielgruppengerechte Kommunikation wichtig.

Bei einzelnen schwarzen Schafen könnte die Informationsflut auch durchaus Taktik sein: "Ich unterstelle, dass sich einige Unternehmen hinter zu langen Geschäftsberichten verstecken", meint Cube Invest-Chef Alexander Proschofsky. "Wir sehen hier eine Fehlentwicklung, dass viel zu viel aus dem anglo-amerikanischen Rechtsdenken bei uns eingeflossen ist. Kommunikation wird oft als Absicherungsinstrument gegen Aktionärsklagen gesehen", erklärt Metrum-Chef Mick Stempel.

Die Informationsüberladung sei aber auch Folge immer strengerer Publizitätsvorschriften. Noch mehr Regulierungen und Informationspflichten kann hier nicht die Lösung sein, waren sich die Diskutanten einig. "Zu viel Regulierung und zu viel Information ist für Privataktionäre letztlich schlecht", erklärt Stempel, "Transparanz ist zwar gegeben, aber die Information oft nicht verständlich. Eine einfache Guidance für Privatanleger fehlt."

Statt mehr Regeln müssten die bestehenden Vorschriften besser und sinnhafter durchgesetzt werden, so das Fazit der Experten. Derzeit gehe es etwa bei Prüfungen der Aufsicht zu stark um die Kontrolle von Formalismen, so Mathias Bauer, Chef von Raiffeisen Capital Management.

Entscheidend wäre statt neuer Regeln die Schaffung einer Börsenkultur und eines kapitalmarktfreundlichen Klimas in Österreich, so die Experten. "Österreich ist eines der kapitalmarktfeindlichsten Länder", so Proschofski. Ein besonderer Dorn im Auge ist den Diskutanten dabei die geplante Besteuerung von Aktiengewinnen in Österreich. "Bei dieser neuen Steuerregelung wird es bald keine Aktienanleger mehr in Österreich geben", glaubt Proschofski, "offensichtlich gibt es in Österreich einen politischen Willen, dass bald gar keine Aktionäre mehr vorhanden sind"

Bereits jetzt sei die zu beobachtende Liquiditätsentwicklung der Wiener Börse "eine Katastrophe", so der AT&S-Vorstandsvorsitzende Andreas Gerstenmayer. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden Unternehmen nicht nur physisch den heimischen Standort verlassen und Arbeitsplätze ins Ausland mitnehmen, sondern auch andere Börsenplätze wählen und Kapital aus Österreich abwandern lassen, so Gerstenmayer.

Problematisch sind für Bauer auch Einstellung und "Wording" vieler Politik zum Kapitalmarkt. "Im Zusammenhang mit Kapitalmärkten ist von Politikern und in Medien oft von ´Casino´ und ´Spekulanten´ die Rede". Die bedeutende Rolle der Kapitalmärkte zur Finanzierung von Staaten und Unternehmen und damit Schaffung von Arbeitsplätzen wird selten thematisiert.

Eine Wurzel des Übels ist für die Diskutanten die mangelnde wirtschaftliche Bildung. Österreich ist hier im Vergleich mit vielen Ländern Schlusslicht, so Bauer. Auch die "kapitalmarktunfreundliche Gesetzgebung" ist für Proschofski eine Spätfolge der fehlenden Aktienkultur- und Bildung in Österreich: "Österreich ist historisch spät auf den Aktienzug aufgesprungen. Daher gibt es jetzt auch einen anderen Wissenstand in der Generation, die jetzt an der Macht sitzt und Gesetze macht". Gefragt sind neben dem Gesetzgeber auch Unternehmen und Medien, um die komplexen Sachverhalte der Kapitalmärkte einer breiten Schicht näher zu bringen, so Gerstenmayer.

Kritisiert wurde auch das mangelnde Bewusstsein von Verantwortung vieler Akteure. "Vielen Managern von Unternehmen fehlt das Bewusstsein, dass der Aktionär der Eigentümer ist, dem der Manager verantwortlich ist", glaubt Proschofski. Auch institutionelle Finanz-Anlegern wie Fonds, Versicherungen und Pensionskassen, sollten ihre Verantwortung wahrnehmen und statt nur Aktien zu halten auch durch Stimmrechtsausübung die Unternehmen mitgestalten, fordert Bauer. Aber auch die Privatanleger sollten sich ihrer Verantwortung aktiv Informationen einzuholen und Entscheidungen zu treffen stärker bewusst sein, so die Experten.

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