Schwellenländeranleihen in Lokalwährung: Handelsbilanzen auf Erholungskurs

Für 2019 wird ein ausgewogeneres weltweites Wachstum für 2019 erwartet. Insbesondere China dürfte zulegen. Auch die Belastung durch einen starken US-Dollar sollte entfallen. GAM | 27.03.2019 12:11 Uhr
Paul McNamara, Investment Director für Schwellenländeranleihen, GAM Investments / © GAM Investments
Paul McNamara, Investment Director für Schwellenländeranleihen, GAM Investments / © GAM Investments
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Im Jahr 2018 war das sehr ungleichmäßig verteilte Wirtschaftswachstum – in den USA ordentlich, in Europa recht schwach – problematisch für Anleihen in Schwellenländern (Emerging Markets/EM). Die europäische Schwäche lag auch an einigen Sonderfaktoren, die in rascher Abfolge Wirkung zeigten: neue Abgasvorschriften trafen die Automobilindustrie hart, niedrige Rhein-Pegelstände beeinträchtigten das verarbeitende Gewerbe und auch die Proteste der Gelbwesten in Frankreich hatten massive Auswirkungen. Das Fiasko rund um den Brexit tat ein Übriges.

Wir sind davon überzeugt, dass in diesem Jahr mit einer etwas ausgewogeneren Entwicklung zu rechnen ist, sodass sich die Abhängigkeit der Weltwirtschaft von den USA verringert. Der US-Dollar dürfte sich in diesem Jahr auch nicht mehr so stark entwickeln, wovon die Schwellenländer profitieren würden. Verändert sich der US-Dollar gegenüber den Währungen der G10-Länder um 1%, bewegt sich der EM-Währungsindex gewöhnlich um 1,5% gegenüber dem US-Dollar. Ein starker US-Dollar stellt daher ein Problem für die Kurse von EM-Anlagen dar. Ein positiver Aspekt für die nahe Zukunft ist, dass die US-Notenbank (Fed) mittlerweile eine moderatere Geldpolitik verfolgt: Statt drei oder vier Zinserhöhungen in diesem Jahr erwartet der Markt nur noch eine Zinssenkung.

Verlangsamung des US-Wachstums, aber keine Rezession

Dennoch prognostizieren wir für das US-Wachstum eine leichte Verlangsamung bis auf das Trendniveau. Stand das Land in der Vergangenheit am Rande einer Rezession, war dies gewöhnlich das Ergebnis eines zu schnellen Kreditwachstums, infolgedessen entweder die Fed aggressiv die Zinssätze erhöhte, um die Inflation zu drücken und so das Wachstum zu dämpfen, oder die Kreditblase platzte von selbst, da Schulden nicht mehr zurückgezahlt werden konnten. Bei einem US-Kreditwachstum von immer noch unter 10% halten wir die Wahrscheinlichkeit einer Rezession kurzfristig für eher gering. Im vergangenen Jahr erhielt das US-Wachstum zusätzliche Impulse von der sehr expansiven Fiskalpolitik der Regierung Trump. Da der fiskalpolitische Impuls in diesem Jahr schwächer werden dürfte, ist ein Szenario, in dem die Wirtschaft unverändert mit 2,5% wächst, unseres Erachtens am wahrscheinlichsten.

Die hohen US-Haushaltsdefizite, die den US-Dollar allmählich belasten könnten, sollten indes aufmerksam beobachtet werden. Durch die im vergangenen Jahr durchgesetzten Steuersenkungen werden die USA ein bedeutendes Defizit von rund 3% bis 3,5% des BIP ausweisen – auch in Jahren, in denen der Zyklus auf dem Höhepunkt ist und vielleicht mit einem Überschuss zu rechnen wäre. Falls sich die Konjunktur von nun an verlangsamt, würde jede weitere fiskalpolitische Lockerung wohl zu einem schwächeren US-Dollar führen.

Stabilisierung in Europa, China als wichtiger Treiber für Rohstoffe

Wo könnte das Wachstum zulegen? Leider waren die letzten Daten aus Europa nicht besonders ermutigend. Die Faktoren, die Europa im Jahr 2018 belasteten, setzen dem Kontinent weiterhin zu, auch wenn wir der Ansicht sind, dass sich dies langsam bessern dürfte. Einige Frühindikatoren in Europa, vor allem in Bezug auf den Kreditimpuls, erscheinen relativ positiv. Daher halten wir es für recht wahrscheinlich, dass sich die Produktion in Europa stabilisieren wird.

Die chinesischen Behörden haben sich sehr bemüht, das Kreditwachstum zu bremsen und die allgemeine Verschuldung in der Wirtschaft zu reduzieren. Doch kurzfristig dürfte der starke Anstieg der Kreditvergabe zu Jahresbeginn in eine stärkere Aktivität münden. Das Wachstum in China, insbesondere im Bau- und im verarbeitenden Gewerbe, ist ein wichtiger Impulsgeber für Rohstoffe. China verbraucht 10% des weltweit geförderten Öls und damit etwa halb so viel wie die USA – beim Eisenerz sind es dagegen rund 54%, das 27-fache der USA. China ist weltweit der mit Abstand größte Verbraucher von Kupfer, Nickel, Eisen, Kohle und Zement. Das ist für Südamerika und auch für Länder wie Malaysia und Indonesien von großer Bedeutung.

Positive Aussichten für EM-Handelsbilanzen

Damit kommen wir zu den Aussichten für Schwellenländeranleihen. Die Zahlungsbilanz ist einer der wichtigsten Aspekte für die Währungen der Schwellenländer, da Anleihen in Lokalwährung eine starke positive Korrelation mit Fremdwährungen aufweisen. Der Wechselkurs hat großen Einfluss auf die Inflation. Wenn eine Währung abwertet, steigt die Inflationsrate. Zudem steigen die Zinssätze stark und belasten die Anleihenrenditen. Die Entwicklung der EM-Handelsbilanzen (siehe Abbildung unten) stimmt uns positiv. Wir haben China aus dieser Betrachtung ausgeklammert, da dort internationale Anleger derzeit aus dem Anleihenmarkt ausgeschlossen sind und die Handelsbilanz so enorm groß ist, dass die Entwicklungen in China in der Regel dominieren würden.

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Nachdem sich die Handelsbilanzen der Schwellenländer im vergangenen Jahr, wo lokale Währungen unterdurchschnittlich abschnitten, überwiegend verschlechtert hatten, befinden sie sich nach einer starken Korrektur nun wieder im positiven Bereich. In der Vergangenheit war dies stets ein gutes Zeichen für die Performance. In den ersten zehn Jahren dieses Jahrhunderts, als die Schwellenländer Handelsbilanzüberschüsse auswiesen, erbrachte die Anlageklasse ordentliche Erträge. Ab dem Jahr 2008 begannen die Emerging Markets zu überhitzen und importierten deutlich mehr als sie exportierten. Das Resultat: ein fürchterliches Jahr für die Anlageklasse. Auf die Erholung nach der globalen Finanzkrise folgte 2013 erneut eine Verschlechterung, die in dem «Taper Tantrum» ihren Höhepunkt fand. 2016 und 2017 waren für die Anlageklasse zwei sehr gute Jahre, und nachdem sich die Bilanzen im Jahr 2018 verschlechtert hatten, weisen sie nun wieder Überschüsse aus.

Die letzte Erholung wurde von nicht-asiatischen Volkswirtschaften angetrieben, die auf den höheren Ölpreis weniger empfindlich reagieren. Nun, da der Ölpreis gesunken ist, könnten wir allmählich auch eine Erholung der Handelsbilanzen in Asien feststellen, vor allem wenn China zulegt.

Erfreulicherweise gibt es keine Märkte, die in Bezug auf die Außenhandelsbilanz labil wirken. Ein erfolgreicher aktiver Ansatz bestand im letzten Jahr darin, die Türkei über weite Strecken zu meiden, da sich die Fundamentaldaten des Landes verschlechterten. Auch Argentinien erbrachte schwache Erträge – ein weiteres Land mit einem hohen Außenhandelsdefizit, das zu einer massiven Abwertung der Währung führte. Für Rumänien sind wir nicht sehr optimistisch und sehen in Indien gewisse Anfälligkeiten. Allerdings ist unserer Ansicht nach kein Land so anfällig wie die Türkei und Argentinien im Jahr 2018 waren. Die beiden erlitten im vergangenen Jahr Verluste von jeweils 30% und 40%. Das lag in erster Linie an der Währungsschwäche und wurde durch die Auswirkungen der Währungsschwäche auf die Inflation weiter verstärkt. Wenn das Wachstum beschleunigt, wird zwangsläufig auch mehr importiert: Es gibt nur eine kurze Phase, in der gleichzeitig ein solides Wachstum und robuste Außenhandelsbilanzen bestehen, und wir sind davon überzeugt, dass wir uns derzeit in einem günstigen Umfeld befinden.

Starker US-Dollar und weitere US-Zinserhöhungen aktuell geringe Risikofaktoren

Welche Risiken bestehen aktuell bei Schwellenländeranleihen? Das erste ist der stärkere US-Dollar. Für Anleger, denen dies möglich ist, können Anlagen in EM-Währungen gegenüber dem Euro oder – noch besser – dem kanadischen oder australischen Dollar nach unserer Einschätzung eine hervorragende Möglichkeit sein, dieses Risiko zu beherrschen.

Das zweite Risiko hat ebenfalls damit zu tun: der US-Zinserhöhungszyklus. Sollten die USA weiterhin kräftig wachsen, könnten die Inflationsbedenken zunehmen und zu höheren Zinssätzen führen. Wahlweise könnte die Fed beschließen, dass ihr neutraler Zinssatz etwas höher sein müsste als aktuell. So oder so könnte eine weitere Ausweitung des Zinsunterschieds zwischen den USA und den übrigen Industrieländern zu einem stärkeren US-Dollar führen. Aktuell scheinen diese Risiken unserer Ansicht nach eher gering zu sein. Das schwache Wachstum in Europa bereitet uns viel größere Sorgen als die US-Inflation; dennoch müssen wir diese im Auge behalten.

In puncto Handelskrieg hat die Regierung Trump ihr Augenmerk bislang auf das verarbeitende Gewerbe gelegt, da Arbeitsplätze in diesem Sektor in Länder wie Mexiko und China verlagert wurden. Es ist daher wichtig, die Anfälligkeit eines Landes mit Blick auf den Grad seiner Abhängigkeit von den USA zu betrachten. Länder wie die Tschechische Republik und Ungarn sind sehr stark vom verarbeitenden Gewerbe abhängig, treiben aber wenig Handel mit den USA und wirken daher kaum anfällig. Dann gibt es noch Rohstoffexporteure, die wiederum viel stärker von China abhängig sind. Mexiko weist die größte Abhängigkeit von den USA auf. Allerdings halten wir die Aussichten des Landes in nächster Zeit für recht gut. Das neue Abkommen USMCA, das NAFTA ersetzt, sichert Mexiko rund 80% des Handels im Vergleich zu NAFTA – erheblich mehr, als der Markt erwartet hatte.

Unser Fazit: Das globale Wirtschaftswachstum dürfte sich 2019 auf ein neues Gleichgewicht einpendeln, wobei die USA an Bedeutung verlieren, China und Europa dagegen eine wichtigere Rolle spielen werden. Unseres Erachtens dürfte dies den Höhenflug des US-Dollar bremsen und für den Rest des Jahres ein positives Umfeld für EM-Vermögenswerte sichern.

Paul McNamara, Investment Director für Schwellenländeranleihen, GAM Investments

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