Aktien Japan: Das Marktrauschen ausblenden

Das Kalenderjahr 2018 war für Anleger in den meisten Anlageklassen ein schwieriges Jahr, und japanische Aktien waren keine Ausnahme: Der Topix-Index fiel in der Lokalwährung um fast 18% – die schwächste jährliche Entwicklung seit der globalen Finanzkrise. Zum Teil war dies auf die erhöhten Erwartungen nach dem sehr guten Jahr 2017 zurückzuführen, als die Kurse von risikobehafteten Kapitalanlagen durch die berauschende Kombination aus globalem Wirtschaftswachstum und tiefen Zinsen unablässig nach oben getrieben wurden. GAM | 14.02.2019 13:58 Uhr
Ernst Glanzmann & Reiko Mito, Investment Director, GAM Investments / © GAM Investments
Ernst Glanzmann & Reiko Mito, Investment Director, GAM Investments / © GAM Investments
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Auswirkungen der Handelskonflikte

Ebenso wie in den USA litten Wachstumsaktien im Oktober am stärksten unter der heftigen Korrektur am japanischen Aktienmarkt. Angesichts der Aussicht auf steigende Anleihenrenditen stellten sich Investoren die Frage, ob es wirklich klug ist, Positionen in den teuersten Sektoren des globalen Aktienmarktes zu halten. Obwohl es verlockend erscheint, kurzerhand zu erklären, dass Japan lediglich von externen Entwicklungen mitgerissen wurde, wäre dies jedoch eine starke Vereinfachung. Wir können unmöglich schlussfolgern, dass die Handelskonflikte zwischen den USA und China keinerlei Auswirkungen auf die japanische Wirtschaft oder die Rentabilität japanischer Unternehmen haben werden. Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge ist Japan jedoch erheblich weniger anfällig für die Folgen dieser Entwicklungen als viele andere Schwellen- und Industrieländer (siehe Abbildung). 
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Es überrascht daher nicht, dass der IWF vor kurzem seine Prognose für das japanische Wirtschaftswachstum für das Jahr 2019 um 0,2% angehoben hat, während die Prognose für die Industrieländer insgesamt um 0,1% gesenkt wurde.   

Japanischer Aktienmarkt in 2018 zu Unrecht abgestraft?

Anfang 1995 – fünf Jahre nachdem japanische Aktien gemessen an den Kursindizes ihren Höchststand erreicht hatten – notierte der Markt nach wie vor mit einem prognostizierten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 56 (Thomson Reuters I/B/E/S-Schätzungen (Januar 2019)), wohingegen sich das prognostizierte KGV des US-Marktes auf einem vernünftigeren Niveau von 12,5 (Thomson Reuters I/B/E/S-Schätzungen (Januar 2019) bewegte. Als sich die globalen Aktienmärkte im Jahr 2009 von der Krise erholten, wurde Japan immer noch mit einem massiven Aufschlag (32) gegenüber den USA (142) gehandelt. In den letzten Jahren hat sich diese Dynamik jedoch drastisch umgekehrt. Das prognostizierte KGV von US-Aktien ist jetzt höher (15,4) als im Jahr 2009, wohingegen der japanische Markt mit einem erheblichen Abschlag (11,7) notiert. Aufmerksamen Marktteilnehmern dürfte nicht entgangen sein, dass Japan vor 2018 eine schwungvolle Hausse erlebte, die mehr als fünf Jahre andauerte. Was könnte diese dramatische Veränderung der relativen Bewertung verursacht haben? 

Interessant ist hierbei, dass die Ermittlung von Bewertungen in der Vergangenheit eher eine Kunst als eine Wissenschaft darstellte. Japanische Aktien wurden – vor allem in der «Blasenbildung» in den 1980er Jahren eher durch starke psychologische Einflüsse wie Intuition, Instinkt und Herdenverhalten (und ähnliche Faktoren) getrieben. Einer der Gründe dafür war die hohe Quote von gegenseitigen Unternehmensbeteiligungen, die den japanischen Aktienmarkt früher kennzeichnete. Im Jahr 1990 betrug diese Quote zum Beispiel 35 Prozent. Bis 2017 war sie jedoch auf 9,5 Prozent gesunken und dürfte sich dank der verbesserten Corporate Governance in den nächsten Jahren weiter verringern. Unserer Meinung nach ist dies der richtige Zeitpunkt für eine Orientierung der Marktkurse an aggregierten Bewertungen, die sich auf das Wachstum und die Qualität der Gewinne beziehen. Auf dieser Basis erscheinen japanische Aktien höchst attraktiv. (Vgl. Nomura Institute of Capital Markets Research und Nikkei Asian Review (Juni 2018))

Bemerkenswerterweise war das prognostizierte KGV des japanischen Aktienmarktes Mitte 2013 erheblich höher (14) als heute. Das bedeutet effektiv, dass die Kurse japanischer Aktien im Großteil der Hausse von 2012 bis 2017 nicht mit dem Wachstum der Unternehmensgewinne mithielten, während die Anleger US-Unternehmen in dieser Zeit für vergleichsweise schwächere Leistungen übermäßig belohnten.    

Wenn Fundamentaldaten wieder Einfluss gewinnen

Obwohl ein instinktgetriebenes Handeln nahezu zwangsläufig zu Verzerrungen führt, werden fundamentale Verzerrungen im Laufe der Zeit unweigerlich korrigiert. Das trifft nicht nur auf Länder-, sondern auch auf Sektorebene und innerhalb von Sektoren zu. Man denke nur an die explosionsartige Outperformance von Technologieaktien und die unglaublich eng beieinanderliegenden Spitzenreiter am US-Aktienmarkt in den letzten Jahren. Eine ähnliche Dynamik war auch in Japan zu beobachten, und obwohl wir relative Argumente für die Bevorzugung eines passiven Engagements in japanischen Aktienindizes gegenüber ihren US-Pendants (auf KGV-Basis) vorbringen könnten, sind wir überzeugt, dass eine auf Fundamentalanalyse basierende Kapitalanlage bedeutende Wertsteigerungen erzielen kann.  

Unter thematischen Aspekten hat die Wachstumsdynamik in einigen Fertigungssektoren nachgelassen, insbesondere in Bereichen mit Bezug zu Smartphones und Automatisierung. Globale Rezessionsgefahren erscheinen aufgrund des robusten Privatkonsums, der weiterhin von soliden Realeinkommen in den Kernländern getragen werden dürfte, als gering. Aufgrund des knappen Arbeitskräfteangebots dürften die Löhne potenziell steigen. Der niedrigere Rohölpreis dürfte die Inflation zügeln. Im Oktober 2019 soll die Konsumsteuer in Japan von 8% auf 10% angehoben werden. Um den negativen Effekt zu begrenzen, beabsichtigt die Regierung, der Wirtschaft im Vorfeld mit einem Konjunkturpaket sowie mit Maßnahmen wie Einkaufsgutscheinen oder Steuersenkungen bzw. Subventionen für Neufahrzeuge unter die Arme zu greifen. 

Japan an der Speerspitze technologischer Innovationen

Eines der Anlagethemen, die wir für das Jahr 2019 ins Auge fassen, ist die Trendwende im Maschinenbausektor. In letzter Zeit hat diese Branche massiv unter den Sorgen vor einer weltweiten Wachstumsverlangsamung und den Handelskonflikten zwischen China und den USA gelitten. Auf Basis bisheriger Erfahrungen und früherer Trends glauben wir jedoch, dass der Tiefpunkt zu Beginn des zweiten Quartals 2019 oder sogar schon gegen Ende des ersten Quartals erreicht sein wird. Wir beurteilen das strukturelle Wachstum des Maschinenbausektors zuversichtlich, da die Fabrikautomatisierung nicht nur notwendig ist, um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, sondern auch, weil viele Produkte und Elektrobauteile zunehmend diffiziler geworden sind und erstklassige Produktionsverfahren benötigen. Diese Arbeit kann nicht mehr von menschlichen Arbeitskräften erledigt werden – hier ist mechanische Präzision erforderlich.   

Darüber hinaus haben die Hersteller in Bereichen, die direkt von den Handelskonflikten betroffen sind, offenbar notwendige Investitionen zurückgestellt. Wenn sich allerdings unser allgemeines Szenario eines nachhaltigen, soliden Privatkonsums als richtig erweist, werden sie zu höheren Investitionen gezwungen sein, um die Nachfrage der Endkonsumenten zu bewältigen. Aus strategischer Sicht sind wir weiterhin der Ansicht, dass börsennotierte Unternehmen in Japan auf absehbare Zeit jährliche Gewinnwachstumsraten im hohen einstelligen Bereich halten können. Japan befindet sich nach wie vor an der Speerspitze technologischer Innovationen, insbesondere im Bereich Robotertechnik. Wir sind davon überzeugt, dass Zukunftsthemen wie künstliche Intelligenz (KI) und das Internet der Dinge (IoT) auch zukünftig Impulse für neue Geschäftschancen und effizientere Arbeitsabläufe geben. Die Konsumnachfrage sollte dank der Weiterentwicklung von Technologien wie 5G und der Cloud robust bleiben. Trends in den Bereichen Elektromotorisierung, autonomes Fahren und bargeldlose Zahlung – letztere wird vor allem von staatlicher Seite vorangetrieben – dürften sich indes beschleunigen.   

Überverkaufter Markt bietet attraktive Einstiegschancen

Das Wachstumspotenzial der japanischen Unternehmensgewinne wird zwar 2019 voraussichtlich geringer ausfallen als im letzten Jahr. Doch der Gewinntrend von Aktien, die wir als «Leaders» ansehen, ist robust. Im deutlichen Gegensatz dazu erscheint uns der Aktienmarkt überverkauft, insbesondere in den Bereichen Smartphones und Fabrikautomatisierung. Insgesamt scheint der Aktienmarkt eine globale Rezession übermäßig stark eingepreist zu haben. 

Deshalb halten wir eine Höherbewertung des Marktes für sehr wahrscheinlich. Auf Einzelaktienebene sehen wir einige wirklich attraktive Anlagechancen in ausgewählten Unternehmen, die ihre Gewinne unseres Erachtens wiederholt mit einem soliden Tempo steigern können, aber dennoch auf niedrigen Bewertungsniveaus gehandelt werden. Unsere Anlagephilosophie beruht darauf, das von uns als nachhaltig betrachtete Gewinnwachstum führender Unternehmen in Relation zu den vorherrschenden Aktienkursen zu nutzen. Bei dieser Disziplin zahlen sich Geduld und Anlageüberzeugung aus. Kurzfristigen Turbulenzen schenken wir daher keine allzu große Aufmerksamkeit, da solche Verzerrungen unsere Kernkompetenz potenziell untergraben könnten.     

Ernst Glanzmann & Reiko Mito, Investment Director, GAM Investments

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