Betrachtet man die Entwicklung der Emerging Markets seit 2015 zeigt sich jedoch ein wechselhaftes Bild. „Damals war die Sorge bezüglich der Emerging Markets gross, die Anleger zogen sich aus dem Markt zurück. Als die Märkte den Tiefpunkt erreichten, waren die Aktien extrem attraktiv bewertet und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Investoren zurückkehren und eine starke Erholung anstossen würden.“
Interessante Investmentoptionen
Diese Rückkehr fiel schliesslich mit einer Phase geringer Liquidität zusammen, was zu deutlichen Anstiegen bei Währungs- und Aktienkursen in kurzer Zeit führte, erklärt der Experte. „Die Volkswirtschaften der Schwellenländer profitierten bald von einem antizyklischen Wirtschaftsumfeld im Vergleich zu den Industrieländern.“ Während im Westen die Zentralbanken die Zinssätze bis auf null gesenkt hatten und Geld druckten, um die Deflationsgefahr abzuwenden, hatten die Schwellenländer mit Inflation zu kämpfen und erhöhten die Zinsen. „Einige Emerging Markets haben schliesslich den Preisanstieg kontrolliert und allmählich begonnen, die Zinsen wieder zu senken – mit positiven Auswirkungen auf das Konjunkturklima und die Entwicklung der Unternehmen“, weiss Nogueira.
Entsprechend positiv, auch im globalen Vergleich, entwickelten sich Schwellenländeraktien bis Januar dieses Jahres. „Dann reagierten die Anleger zunehmend auf die Kombination aus Zinserhöhungen in den USA, eine weniger expansive Geldpolitik in Europa und die Angst vor den Folgen eines Handelskriegs. Seitdem gaben die EM-Aktienmärkte um rund 18 Prozent in US-Dollar nach“, sagt Nogueira. „Daraus ergeben sich neue, interessante Kaufmöglichkeiten – trotz eines auf den ersten Blick schwierigen Umfeldes.“
Russische Wirtschaft solide, Sonderfall Brasilien
Betrachte man beispielsweise Russland, zeige sich, dass viele Anleger sich um die internationalen Sanktionen sorgten. „In Wahrheit haben diese bislang aber nur sehr wenig Wirkung gezeigt, da die westlichen Regierungen Russland nicht wirklich schaden wollen. Die Sanktionen sollen Staub aufwirbeln und richten sich in der Regel gegen bestimmte Unternehmen.“ Entscheidend sei letzten Endes Russlands Abhängigkeit von Öleinnahmen. Solange der Rohölpreis über 60 US-Dollar je Barrel notiere, dürfe sich das Land weiter eines positiven Haushalts erfreuen.
Ein Sonderfall in den Emerging Markets sei Brasilien, da das Land mit seiner geschlossenen Wirtschaft an chronischen Problemen kranke. „Durch den ausgeprägten Protektionismus sind eine ganze Reihe von Unternehmen in Branchen entstanden, in denen das Land nicht wettbewerbsfähig ist, wie Stahlerzeugung und Automobilbau. Brasilien verbraucht 90 Prozent dessen, was es produziert, und exportiert lediglich die verbleibenden zehn Prozent, die sich beinahe auf Embraer-Flugzeuge und einige Rohstoffe beschränken“, erklärt der Experte. Die brasilianische Konjunktur hänge vor allem vom Investitions- und Konsumklima im Land ab. „Die Zinsen sinken, das Vertrauen kehrt zurück und die Zahlen sind wieder ermutigend. Brasilien stellt aktuell eine attraktive Alpha-Quelle dar, besonders falls im Oktober ein marktfreundlicher Präsident gewählt werden sollte“, prognostiziert der GAM-Experte.
China – attraktive Bewertungen
Auf China, das grösste und wichtigste Schwellenland, blickten die Analysten seit Monaten mit einiger Skepsis, über eine mögliche Kreditklemme und eine harte Landung der Wirtschaft wurde viel geschrieben. „Beide Szenarien sind bislang jedoch nicht wahr geworden und es ist auch nicht wahrscheinlich, dass dies noch passiert“, sagt Nogueira. „Das hat den sehr einfachen Grund, dass die chinesische Regierung die Informationen kontrolliert. Als die A-Aktien Kurseinbrüche erlitten, forderte die Regierung die Broker schlicht auf, Aktien zu kaufen – was diese auch taten.“ Und eine Kreditklemme könne nur dann entstehen, wenn alle gleichzeitig „zum Ausgang rennen“ sollten, was Chinas Regierung nicht zulassen werde. „Ausserdem ist China ein Land mit enormen Devisenreserven, die eine wirkungsvolle Waffe gegen wirtschaftliche Probleme darstellen.“ Das Reich der Mitte habe sich zur konsumorientierten Volkswirtschaft entwickelt, was sich in der Zusammensetzung der lokalen Aktienindizes zeige. „Ein Handelskrieg würde der Wirtschaft natürlich schaden, aber nicht fundamental. Vielmehr haben die Spannungen dazu geführt, dass die Aktienkurse gesunken sind und überaus attraktive Bewertungsniveaus erreicht haben.“