Michael Biggs, Investment Manager bei GAM, ist davon überzeugt, dass die Wachstumsaussichten für Schwellenländeranleihen auf Lokalwährungen auch für das Jahr 2018 positiv sind: „Zunehmende Devisenreserven und ein stärkeres Wirtschaftswachstum kamen den EM-Währungen in den vergangenen zwei Jahren zugute. Wir gehen davon aus, dass sich diese beiden Trends 2018 fortsetzen werden.“
Steigende Devisenreserven
Solange die Schwellenländer einen Leistungsbilanzüberschuss erwirtschafteten, sei die Gefahr einer andauernden Verkaufswelle bei EM-Debt sehr gering. Der Leistungsbilanzüberschuss seit Anfang 2016 habe für eine Stabilisierung der Kapitalzuflüsse gesorgt. Dies führte zu einem Nettozufluss in die Schwellenländer und zu steigenden Devisenreserven. Die Rally der EM-Währungen verzeichnete lediglich einen kurzen Einbruch durch die Präsidentschaftswahl in den USA 2016. „Die Aussichten für diese Währungen hängen daher von den Aussichten für die Kapitalzuflüsse ab“, erklärt Biggs. Derzeit verzeichneten die Schwellenländer einen sehr geringen Nettokapitalabfluss. „Die Kapitalzuflüsse lagen im Durchschnitt bei 35 Milliarden US-Dollar pro Quartal. Unserer Meinung nach macht es Sinn, dass Kapital von den Industrieländern in die Schwellenländer fließt, in denen das Wachstum und die Kapitalerträge höher ausfallen dürften“, so Biggs weiter.
Gutes Wirtschaftswachstum
Im 4. Quartal 2015 habe das Wirtschaftswachstum der Schwellenländer mit annualisiert 2,7 Prozent seinen bisherigen Tiefststand erreicht. Für das 4. Quartal 2017 rechnet Biggs mit 4 Prozent. Der Wachstumsausblick sei für EM-Debt auf Lokalwährungen besonders wichtig. „Bei starkem Wachstum entwickeln sich Schwellenländer als Risikoanlage tendenziell gut. Für ein pessimistisches Szenario im Hinblick auf Schwellenländeranleihen auf Lokalwährungen müssten erstens die Nettokapitalzuflüsse in Schwellenländern auf null zurückgehen und zweitens das Kreditwachstum in den Schwellenländern auf Stände wie zuletzt in den Jahren 1999 und 2008 fallen“, erklärt Biggs.
Der Experte erwartet, dass das Kreditwachstum und die Kapitalzuflüsse zunehmen werden – entsprechend gut dürften sich die EM-Währungen entwickeln und Anlegern attraktive Renditen bescheren. „Unter diesen Umständen würden wir davon ausgehen, dass 2018 die Rendite von EM-Debt in lokaler Währung von 5 auf 10 Prozent steigt“, schätzt Biggs.
Schwelende Risikofaktoren
Ein stärkerer US-Dollar, eine Verlangsamung des chinesischen Wachstums und der Rohstoffpreise, politische Risiken sowie die derzeitige Übergewichtung der Anleger in EM-Debt stellen jedoch Risikofaktoren dar.
Jüngste Indikatoren deuteten auf eine Lockerung der Kreditbedingungen in den USA hin. „Sollte das Steuerreformpaket umgesetzt werden und wirksamer sein als von uns erwartet, könnte sich das BIP-Wachstum in den USA 2018 der Marke von 3 Prozent annähern. Unter diesen Umständen könnten die Renditen steigen und der US-Dollar zulegen“, erklärt Biggs.
Das verlangsamte Kreditwachstum in China sorgte für einen negativen Kreditimpuls, der die Immobilienverkäufe stagnieren ließ. „Der Anstieg der Immobilienverkäufe hat die Rohstoffpreise gestützt. Es ist noch unklar, wie diese auf schwächere Wohnimmobilienmärkte reagieren werden. Die starke externe Nachfrage und die Entwicklung zu einer konsumentenorientierten Wirtschaft sollten aber eine harte Landung in China verhindern, und eine allmähliche Verlangsamung der Konjunktur wird nicht die EM-Investmentstory behindern“, so Biggs.
Die USA und deren Haltung zum Welthandel bleiben weiterhin ein großes politisches Risiko. Fortschritte bei den NAFTA-Verhandlungen könnten insbesondere auf Mexiko einen tief greifenden Einfluss haben. Sollten die USA jedoch auf stärkeren Protektionismus und höhere Zölle umschwenken, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf alle EM-Währungen. Gleichzeitig könnten die Wahlen in Mexiko, der Reformprozess und die Wahlen in Brasilien, die Ausrichtung der parteipolitischen Programme in Südafrika und die Entwicklungen in der Türkei die Volatilität von EM-Renditen erhöhen.
Laut der unter internationalen Fondsmanagern durchgeführten BAML-Umfrage seien Anleger mittlerweile in demselben Maße in Schwellenländern übergewichtet wie Anfang 2013. „Das Jahr 2013 hat gezeigt, dass es zu einer massiven Verkaufswelle kommen kann, wenn jeder in EM übergewichtet ist. Heute ist die Situation jedoch ganz anders als 2013. Damals verzeichneten die Schwellenländer im vierten Jahr in Folge außergewöhnlich hohe Zuflüsse“, sagt Biggs.
Doch obwohl all diese Risiken zu Volatilität und negativen Erträgen führen können, rät Biggs dazu, sich nicht rein auf Verlustvermeidung zu konzentrieren: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Anlegern dabei attraktive Renditen entgehen, ist hoch.“
Attraktive Bewertungen
Trotz Rally seien die Bewertungen der Schwellenländer um einiges attraktiver als noch zu Anfang 2013. Die EM-Debt-Renditen gingen 2017 das ganze Jahr über zurück. „Mit 6,1 Prozent per Ende Dezember 2017 liegen sie immer noch 70 Basispunkte unter dem seit 2003 herrschenden Durchschnitt von 6,9 Prozent“, sagt Biggs.
Ähnliches gelte für die realen effektiven Wechselkurse. „Obwohl die Schwellenländer zugelegt haben, sind Schwellenländeranleihen in Landeswährung nicht besonders teuer und ganz sicher nicht ansatzweise so teuer wie 2013“, so der Experte. Zwar würden die Renditen mit hoher Wahrscheinlichkeit künftig stärker schwanken als in den letzten zwei Jahren. Diese Volatilität sei jedoch typisch für die Anlageklasse und kein Grund, zu verkaufen. „Das einzige fundamentale Risiko, das wir beobachten müssen, ist das verlangsamte Wachstum in China. Wir gehen vorerst davon aus, dass sich diese Verlangsamung graduell vollziehen wird und halten Anlagen in EM-Debt daher weiterhin für eine interessante Investmentgelegenheit“, schließt Biggs.