Mehr Finanzierungsoptionen als je zuvor
Wie die im Dezember 2018 veröffentlichte Studie „Capital Formation: The Evolving Role of Public and Private Markets“ zeigt, bewirkt die steigende Verfügbarkeit privaten Kapitals für Unternehmensfinanzierungen eine Verlagerung weg von den öffentlichen hin zu den privaten Märkten. Firmen profitieren dabei von geringeren regulatorischen Anforderungen und können so zumeist größere Kontrolle über die Unternehmensführung bewahren. Für junge Unternehmen ergeben sich durch das Zusammenspiel von leicht zugänglichem Privatkapital (welches im bestehenden Niedrigzinsumfeld nach größeren Renditen sucht) und zunehmend weniger kostenintensiven neuen Geschäftsmodellen so viele Finanzierungsoptionen wie nie zuvor.
Wachstumsunternehmen: Kaum Zugang für Privatanleger
Wie die Recherchen ergaben, bleiben Unternehmen insgesamt länger in privater Hand und nehmen mehr privates Kapital auf als früher. So ist die durchschnittliche Dauer bis zum Börsengang für US-Firmen von rund 3,1 Jahren im Jahr 1996 auf 7,7 Jahre im Jahr 2016 angestiegen. Zudem stieg das durchschnittlich vor dem Börsengang aufgenommene Kapital im selben Zeitraum um mehr als das Achtfache von 1996: 12,2 Mio. USD auf 2016: 97,9 Mio. USD. Dieses Phänomen ist in den USA besonders ausgeprägt, lässt sich aber auch in der Eurozone und dem Vereinigten Königreich beobachten.
Da Firmen erst später in ihrer Entwicklung an die Börse gehen (oder den Exit einfach durch Verkauf an ein großes Börsenunternehmen vollziehen), entgehen Privatanlegern oft Renditechancen, die von schnell wachsenden Unternehmen ausgehen. Bis Unternehmen dann schließlich an die Börse gehen, ist ein Großteil des Werts oft bereits extrahiert worden.
Politische Empfehlungen: Anlegerschutz erhalten, Private Märkte für Altersvorsorge öffnen Die Studie kommt zu den folgenden Empfehlungen, um größere Markttransparenz sicherzustellen und auch Privatanlegern besseren Zugriff zu ermöglichen:
- Höhere Offenlegungs- und Transparenzstandards für private Märkte
Supranationale Regulatoren sollten die Systemrelevanz des aktuellen Booms in den privaten Märkten genau prüfen. Das sogenannte „dry powder“ - die Menge verfügbaren Kapitals in Private Equity-Fonds - ist in den letzten Jahren angewachsen. Darüber hinaus gibt es immer mehr Einschätzungen, dass Bewertungen derzeit hoch sind und die Illiquidität der zugrunde liegenden Investments dabei nicht ausreichend eingepreist wird. - Beibehaltung strikter Anlegerschutzregeln
Gesetzgeber sollten die regulatorischen Anforderungen und Berichtspflichten nicht lockern, um Börsengänge attraktiver zu machen. Dies würde die unternehmerische Vorliebe für private Finanzierungen nicht schmälern, dabei aber die öffentlichen Märkte noch risikoreicher und damit weniger attraktiv für Anleger und Investoren machen. - Zugang zu privaten Märkten für Altersvorsorgende über Finanzintermediäre
Vorsorgende sollten die Möglichkeit erhalten, durch professionelle Vermittler wie etwa Pensionsfonds an privaten Märkten zu partizipieren.
Kapitalmärkte nicht nur für „Insider“
Sviatoslav Rosov, CFA, Director Capital Markets Policy des CFA Institute und Autor der Studie, kommentiert: „Sparerinnen und Sparern wird immer wieder empfohlen, für ihre Altersvorsorge auch auf Aktien zu setzen. Zugleich schieben aber immer mehr Unternehmen einen Börsengang auf oder vermeiden ihn vollständig. Dadurch könnte Privatanlegern die Chance entgehen, von wachstumsstarken Geschäftsmodellen zu profitieren, und der Eindruck weiter befeuert werden, dass Kapitalmärkte nur den ‚Insidern‘ dienen. Wir glauben deshalb, dass es Privatanlegern ermöglicht werden sollte, durch ihre Pensionsfonds oder ähnliche professionelle Vermittler auch in private Märkte zu investieren. Voraussetzungen dafür wären die angemessene und ausdrückliche Anerkenntnis, dass es sich hier um vergleichsweise illiquide Investments handelt, sowie die Verpflichtung zu einem relativ langfristigen Anlagezeitraum für diesen Teilbereich des Anlagevermögens, der zudem von jeglichen kurzfristigen Liquiditätsanforderungen strikt getrennt bleiben muss.“