EZB-Sitzung: Steht die Inflationswende bevor?

Welche Faktoren die Inflationsentwicklung beeinflussen und was das für Anleger bedeutet, lesen Sie im Investmentkommentar von Darren Williams, Director of Global Economic Research, AllianceBernstein (AB): AllianceBernstein | 23.04.2018 10:41 Uhr
Darren Williams, Director of Global Economic Research, AllianceBernstein (AB). / ©  AB
Darren Williams, Director of Global Economic Research, AllianceBernstein (AB). / © AB
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Die jüngsten Wirtschaftsdaten haben den Druck auf die Europäische Zentralbank gemindert, auf der Ratstagung am 26. April eine Änderung der Zinspolitik zu verkünden. Die „schwächere“ Kerninflationsrate vom März dürfte jedoch nach dem Sommer wieder ansteigen. Es bleibt also keine Zeit für Selbstgefälligkeit.  

Nach unserer Einschätzung befinden wir uns derzeit an einem Punkt struktureller Änderungen, die die Inflation nach oben drücken werden. Handelskriege wie der zwischen den Vereinigten Staaten und China und eine populistische Agenda bei einigen europäischen Parteien könnten die Inflation zusätzlich ankurbeln. Die Europäische Zentralbank steckt hier in einer Zwickmühle: Einerseits muss sie weiterhin vorrangig verhindern, dass die quantitative Lockerung reibungslos dem Ende zugeht, es also nicht zu einem Taper-Tantrum kommt. Zugleich besteht die Gefahr, dass sie zu spät auf eine steigende Inflation reagiert.  

Es wurde viel geschrieben, warum die Inflation in den vergangenen Jahren so niedrig war. Oft wird vergessen, dass die Inflation schon länger auf einem geringen Niveau verharrt. So liegt die Kerninflationsrate in den entwickelten Ländern derzeit bei rund 1,4 Prozent, kaum ein Unterschied zu den durchschnittlichen 1,5 Prozent der vergangenen 20 Jahre. Die nominale Inflation lag von 1998 bis 2017 im Durchschnitt bei 1,7 Prozent, nur leicht unter dem aktuellen Wert von 1,9 Prozent.  

Die Tatsache, dass die Inflation bereits so lange niedrig ist, weist auf strukturelle Faktoren hin. Globalisierung, technologischer Wandel, Demographie und Verschuldung haben alle ihren Beitrag geleistet. Doch dies ist dabei sich zu ändern. Nicht so sehr im Technologiebereich: Internet, Automatisierung und Robotik werden noch auf Jahre hinaus preisdämpfend wirken. Aber die restlichen Faktoren sind im Umbruch. 

Globale Bedingungen haben sich geändert 

Demographische Trends haben in den vergangenen Jahrzehnten stets inflationsmindernd gewirkt. Das liegt daran, dass das Verhältnis von Menschen im arbeitsfähigen Alter (Produzenten) zur Gesamtbevölkerung (Verbraucher) in der entwickelten Welt seit den 1960er Jahren stetig gestiegen ist. Doch nun haben wir in den Industriestaaten einen Wendepunkt erreicht: Dieses Verhältnis fällt und bewirkt wiederum konstanten Inflationsdruck.   

Auch die Globalisierung hat die Inflation im Zaum gehalten. Der Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation im Jahr 2001 war hierbei besonders wichtig. Dadurch ergoss sich ein Strom billiger Arbeitskräfte auf den Weltmarkt. Das dürfte sich in dieser Größenordnung kaum wiederholen.   

Hinzu kommt, dass die globalisierungsfreundliche Politik vermehrt durch populistische Maßnahmen zurückgeschraubt wird. Handels- und Einwanderungsbeschränkungen machen wieder Schlagzeilen. In Zukunft könnten wir sogar die Erosion von Institutionen erleben, welche die Inflation niedrig gehalten haben, wie etwa unabhängige Zentralbanken und Haushaltsregeln. Stattdessen könnte es eine Politik der Umverteilung und hoher Lohnabschlüsse geben. All dies könnte sich zu einem hohen Inflationspotenzial addieren.   

Inflationsdruck wächst 

In den Jahren unmittelbar nach der globalen Finanzkrise haben staatliche Haushaltskonsolidierungen und der Abbau von Unternehmensschulden die Nachfrage erheblich geschwächt – und damit die Inflation herunterdrückt. Die Großzügigkeit der Zentralbanken ist jedoch definitiv vorüber. Dennoch ist die Welt hochverschuldet – und die Regierungen lockt weiterhin der Sirenengesang der Monetarisierung.   

Demographische Trends, Populismus und Verschuldung dürften allesamt auf absehbare Zeit Inflationsdruck auslösen. Doch ob dies genügen wird, um den deflatorischen Effekt des technologischen Wandels aufzuwiegen, ist schwierig zu beantworten.  

Zugleich lehrt uns die Geschichte, dass wichtige Wendepunkte der Inflation meist mit Richtungswechseln in der Geldpolitik zusammenhängen. Das offensichtlichste Beispiel ist die Einführung von ungedecktem Papiergeld in den Zwischenkriegsjahren. Zuvor war Inflation ein fast unbekanntes Phänomen. 

In den vergangenen Jahren ist es immer klarer geworden, dass wir die Inflation nicht so gut verstehen wie wir dachten. Dies sollte uns eine Warnung sein, wenn es darum geht Timing und Umfang vorherzusagen. Dennoch ist klar, dass sich das strukturelle Umfeld in Richtung mehr Inflation bewegt. Und weil der zyklische Inflationsdruck ebenfalls wächst, wäre es gefährlich für Anleger einfach anzunehmen, die Inflation sei auf Dauer besiegt.   

Darren Williams, Director of Global Economic Research, beim Asset Manager AllianceBernstein (AB)

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