DWS CIO Flash: Westminster in Aufruhr

Trotz aller jüngsten Turbulenzen lassen sich nach unserer Einschätzung bereits drei Schlussfolgerungen ziehen, die für die britischen Finanzmärkte nicht besonders verheißungsvoll sind:
1. Die britische Politik ist in Aufruhr. Es wird eine Weile dauern, bis sich der Staub gelegt hat.
2. Wer glaubt, jetzt konkrete Prognosen abgeben zu können, täuscht sich selbst - und seine Leser.
3. Die politische Unsicherheit dürfte anhalten, und zwar nicht nur bei den Brexit-Verhandlungen.
DWS | 19.11.2018 09:42 Uhr
© Pixabay.com
© Pixabay.com
Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Manchmal ist es besser zu schweigen, als sich zu äußern, und damit zu riskieren, die eigene Ignoranz zu offenbaren. Nachdem wir jedoch mit Anfragen überhäuft wurden, uns zu der neuesten Wendung des Brexit-Dramas zu äußern, kommen wir nicht umhin, auch unseren Beitrag zu leisten. Trotz aller jüngsten Turbulenzen lassen sich nach unserer Einschätzung bereits drei Schlussfolgerungen ziehen, die für die britischen Finanzmärkte jedoch nicht besonders verheißungsvoll sind.

1. Die britische Politik ist in Aufruhr

Es wird eine Weile dauern, bis sich der Staub gelegt hat. Es ist immer wahrscheinlicher, dass Premierministerin Theresa Mays Führung innerhalb ihrer konservativen Partei in Frage gestellt wird. Ihre Minderheitsregierung wurde durch eine Reihe von Rücktritten vielleicht sogar fatal geschwächt. Dazu gehört auch Dominic Raab, nach nur vier Monaten nun bereits Mays zweiter Brexit-Sekretär, der aufgibt. Der von der May-Regierung mit Brüssel ausgehandelte Vertragsentwurf war, um es vorsichtig auszudrücken, aus britischer Sicht unglücklich präsentiert worden. Und während es umstritten ist, ob ein anderer Premierminister ein für Großbritannien günstigeres Abkommen hätte aushandeln können, hat Frau May zu wenig getan, um ihre Partei und das Land auf einige unangenehme Fakten vorzubereiten. Das beginnt mit der heiklen Frage, wie Grenzkontrollen zwischen Nordirland und der Republik Irland im Falle eines "no deals" (also ohne Handelsabkommen) vermieden werden könnten. Das Thema wurde nur mithilfe einiger Behelfskonstruktionen gelöst. Die Gegner von May, darunter der ehemalige Außenminister Boris Johnson, nutzten diese offene Flanke umgehend aus und warnen nun davor, das Vereinigte Königreich könne möglicherweise zum "Vasallenstaat" Europas mutieren. (Evening Standard) Auch das Fehlen substanzieller Details über die künftigen Handelsregeln, die sich nach der Übergangszeit ergeben könnten, half nicht weiter. Es scheint gewiss, dass das Vereinigte Königreich, wenn das Unterhaus so etwas wie den jetzt vorgeschlagenen Entwurf ratifizieren würde, viel von seiner verbleibenden Verhandlungsmacht verlieren würde, die es bei künftigen Handelsgesprächen hätte haben können. 

2. Wer glaubt, jetzt konkrete Prognosen abgeben zu können, täuscht sich selbst - und seine Leser.

Zur Unterstützung dieser These zitieren wir den Veteranen der konservativen Partei (Tories), Ken Clarke, der am Donnerstag sagte: "Niemand weiß wirklich, was nun passieren wird. Die eigentliche Abstimmung über diesen Entwurf wird erst in einigen Wochen erfolgen, und es sind noch einige finale Verhandlungen zu führen. Aber im Moment besteht nicht die geringste Chance auf eine parlamentarische Mehrheit." Auf die Nachfrage hin, ob der Deal aufgeweicht werden könnte, fügte Clarke hinzu: "Wie alle anderen von der Premierministerin abwärts, denke ich, ich weiß es nicht. Niemand weiß genau, was als nächstes passiert." 

Wobei wir nur hinzufügen würden, dass es angesichts der bisherigen Negativresonanz nicht verwundern würde, wenn es Mays Entwurf nicht einmal zur Parlamentsabstimmung schafft. 

3. Die politische Unsicherheit dürfte anhalten, und zwar nicht nur bei den Brexit-Verhandlungen. 

Eine wohlwollende Sichtweise auf die Geschehnisse der letzten Woche ist, dass Westminster tatsächlich näher daran herangekommen ist, das zu liefern, was die Wähler vielleicht gewollt haben. Generell war es immer nur eine – wenn auch respektable – Minderheit gewesen, die sich dafür ausgesprochen hatte, die Beziehungen zur Europäischen Union (EU) zügig, also ohne Abkommen, zu beenden. Die Umfragen vor und nach dem Referendum 2016 waren in dieser Hinsicht ziemlich eindeutig. Eine größere Gruppe, rund die Hälfte der Wähler, hat sich weitgehend für den Status quo ausgesprochen, vielleicht mit leicht geänderten Bedingung, insbesondere zur Reisefreiheit. 

Eine weitere, kleinere Gruppe, dürften unter der Prämisse für den Brexit gestimmt haben, dass man auf diesem Wege der EU mehr Zugeständnisse abringen könne. Es überrascht nicht, dass solche widerwilligen Brexiteers nicht besonders zufrieden mit den Ergebnissen sind, die May geliefert hat. Wir würden zwar davor warnen, allzu viel in eine einzelne Umfrage hineinzulesen (insbesondere angesichts der mangelnden Zuverlässigkeit britischer Umfragen in der Vergangenheit). Doch sieht es so aus, als würden sich nur 14 Prozent für einen Brexit zu den von der Regierung ausgehandelten Bedingungen entscheiden, und nur 32 Prozent würden es vorziehen, die EU ohne ein Abkommen zu verlassen. Über die Hälfte – 54 Prozent – würde es vorziehen, in der EU zu bleiben. (SkyNews) Dies stimmt im Großen und Ganzen mit dem überein, was man erwartet haben könnte. 

Das Problem ist, dass das parlamentarische System nur eine ungenaue Methode ist, um die Präferenzen der Wähler zu bündeln. Angesichts regelorientierter, unnachgiebiger und zunehmend ungeduldiger europäischer Partner wird durch die Kombination aus waghalsiger Politik und politischem Chaos weiterhin riskiert, ein Ergebnis zu liefern, das nur relativ wenige Wähler zufriedenstellen würde. Und selbst wenn dies vermieden werden könnte, gäbe es für Anleger bedenkliche längerfristige Auswirkungen. Unter Theresa May scheinen die Tories erneut ihren Ruf verloren zu haben, eine kompetente Wirtschaftspartei  zu sein. Über den Brexit hinaus könnten sich die Wahlfolgen als ebenso bedeutsam und nachhaltig erweisen wie die des Schwarzen Mittwochs von 1992, als die Märkte die konservative Regierung zwangen, das Pfund aus dem  Europäischen Währungssystem zu nehmen. Der Unterschied besteht darin, dass die oppositionelle Labour-Partei diesmal mit einer Reihe politischer Programmpunkte aufwartet, welche die britischen Unternehmen und Finanzmärkte wohl zutiefst beunruhigen würden. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus Sicht der Märkte extreme Ergebnisse wahrscheinlicher geworden sind. Dazu gehören sowohl Ergebnisse, die sich als sehr nachteilig für die britischen Finanzmärkte und Wirtschaftsaussichten erweisen würden (d.h. ein chaotischer, harter Brexit), als auch günstigere als wir bisher erwartet hatten. So sieht es beispielsweise nicht mehr so unwahrscheinlich aus, dass das Vereinigte Königreich eine Verlängerung der EU-Mitgliedschaft beantragen könnte, möglicherweise gefolgt von einem zweiten Referendum. Wir haben unseren Kunden früher schon zur Vorsicht geraten, solange die politische Unsicherheit durch den Brexit besteht. Angesichts der jüngsten Ereignisse können wir diese Empfehlung nur wiederholen.

Performanceergebnisse der Vergangenheit lassen keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Investmentfonds oder Wertpapiers zu. Wert und Rendite einer Anlage in Fonds oder Wertpapieren können steigen oder fallen. Anleger können gegebenenfalls nur weniger als das investierte Kapital ausgezahlt bekommen. Auch Währungsschwankungen können das Investment beeinflussen. Beachten Sie die Vorschriften für Werbung und Angebot von Anteilen im InvFG 2011 §128 ff. Die Informationen auf www.e-fundresearch.com repräsentieren keine Empfehlungen für den Kauf, Verkauf oder das Halten von Wertpapieren, Fonds oder sonstigen Vermögensgegenständen. Die Informationen des Internetauftritts der e-fundresearch.com AG wurden sorgfältig erstellt. Dennoch kann es zu unbeabsichtigt fehlerhaften Darstellungen kommen. Eine Haftung oder Garantie für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Informationen kann daher nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für alle anderen Websites, auf die mittels Hyperlink verwiesen wird. Die e-fundresearch.com AG lehnt jegliche Haftung für unmittelbare, konkrete oder sonstige Schäden ab, die im Zusammenhang mit den angebotenen oder sonstigen verfügbaren Informationen entstehen. Das NewsCenter ist eine kostenpflichtige Sonderwerbeform der e-fundresearch.com AG für Asset Management Unternehmen. Copyright und ausschließliche inhaltliche Verantwortung liegt beim Asset Management Unternehmen als Nutzer der NewsCenter Sonderwerbeform. Alle NewsCenter Meldungen stellen Presseinformationen oder Marketingmitteilungen dar.
Klimabewusste Website

AXA Investment Managers unterstützt e-fundresearch.com auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erfahren Sie mehr.

Melden Sie sich für den kostenlosen Newsletter an

Regelmäßige Updates über die wichtigsten Markt- und Branchenentwicklungen mit starkem Fokus auf die Fondsbranche der DACH-Region.

Der Newsletter ist selbstverständlich kostenlos und kann jederzeit abbestellt werden.