Brexit-Debatte: Quo vadis Britannia?

Wie ist das Verhandlungsergebnis vom vergangenen Wochenende zu bewerten? Wie stehen die Aussichten für die Volksabstimmung? Und was wären die Konsequenzen eines Brexit? Union Investment nimmt die Brexit-Debatte unter die Lupe. Union Investment | 04.03.2016 11:58 Uhr
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Archiv-Beitrag: Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Großbritannien ist ein vergleichsweise spät zur Europäischen Union (EU) bzw. deren Vorläufer gestoßenes Land, dessen Mitgliedschaft nie völlig frei von Konflikten war. Allerdings hat das Ausmaß der Spannungen zwischen London und Brüssel in den vergangenen Monaten zuvor nicht gekannte Ausmaße erreicht. Die britische Regierung unter Tory-Premier David Cameron hat unverhohlen mit dem Austritt des Inselreiches aus der EU gedroht („Brexit“), sollte die Gemeinschaft nicht erhebliche Reformen anstreben und Großbritannien gewichtige Zugeständnisse einräumen.

Auf dem Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs vom 18. bis 20. Februar wurde diese Frage nun behandelt. Darin wurde den Briten in einigen Punkten wie gefordert Entgegenkommen gezeigt. Auf anderen Politikfeldern blieb die europäische Seite (in Form von EU-Kommission und Befürwortern einer stärkeren Integration wie etwa Frankreich) hart. Auf Basis dieser Beschlüsse soll das britische Elektorat nun am 23. Juni 2016 im Rahmen eines Referendums über den Verbleib des Königreichs in der EU entscheiden.

Wie ist das Verhandlungsergebnis vom vergangenen Wochenende zu bewerten? Wie stehen die Aussichten für die Volksabstimmung? Und was wären die Konsequenzen eines Brexit?

Von britischer Seite wurden immer wieder vor allem drei Forderungen adressiert: das Ausmaß der Einwanderung aus EU-Ländern soll gebremst werden, keine weitere Vertiefung der Integration sowie ein Mitspracherecht bei Angelegenheiten der Eurozone. Auf dem jüngsten Gipfel konnte Cameron nach eigenen Worten einen „new deal with Europe“ für das Königreich erstreiten, mit dem er wesentliche Punkte als erfüllt ansieht. Darunter fallen z.B. Maßnahmen wie die Anpassung des Kindergeldes für in Großbritannien lebende Ausländer auf das Einkommensniveau des jeweiligen Heimatlandes. Darüber hinaus wurde eine „Notbremse“ vereinbart. Steigt die Zuwanderung auf ein „außergewöhnliches Maß“, so erhält Großbritannien auf Antrag das Recht Sozialleistungen für diese Personengruppe zu kürzen. Mit diesen Maßnahmen soll der Zustrom von EU-Ausländern auf die Insel verringert werden.

Brexit-Referendum am 23. Juni 2016: "Unfall"-risiko bei ca. 30%

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Darüber hinaus wurde die von Cameron kritisierte Formulierung einer „immer engeren Union“ (Zielsetzung in den EU-Verträgen) präzisiert. Kein Mitgliedsland gemäß der Vereinbarung vom vergangenen Wochenende sei dazu verpflichtet, an einer weiteren Vertiefung der EU teilzunehmen. Vielmehr seien verschiedene Wege der Integration möglich.


Schließlich wurde Großbritannien ein (gegenseitiger) Einspruchsmechanismus für Entscheidungen der Euro-Länder zugestanden. Wichtige Beschlüsse der Eurozone dürfen nicht blockiert werden, gleichzeitig sollen die Interessen der Nicht-Euro-Länder gewahrt werden. Bei Not- und Krisenmaßnahmen werden die nicht an der Währungsunion teilnehmenden neun EU-Länder zudem künftig von finanziellen Verpflichtungen  ausgenommen.

In Summe konnte Cameron zwar Zugeständnisse erzielen, ein britischer „Durchmarsch“ war der Gipfel allerdings nicht. Inwiefern die Beschlüsse ausreichen, um einen Brexit zu verhindern, hängt nun einzig und alleine von der Bewertung durch das Wahlvolk auf der Insel ab. Da der Referendums-Termin erst in einem Vierteljahr ansteht und die Gipfel-Ergebnisse noch frisch sind, sind alle bisherigen Umfragen mit hoher Unsicherheit behaftet und daher mit einem Fragezeichen zu versehen. Erkennbar ist hingegen ein klares Muster in der britischen Bevölkerung: Je größer die Reformen, umso mehr Zustimmung für einen Verbleib in der EU.

Ob der Tory-Premier aber (wie vom Elektorat gefordert) „erhebliche“ Änderungen erreichen konnte, darf unserer Einschätzung nach bezweifelt werden. Entsprechend nehmen die Gegenstimmen bereits zu. Mit dem Londoner Bürgermeister Boris Johnson hat Cameron bereits einen besonders prominenten Widersacher aus dem eigenen Lager zu verzeichnen. Damit ist klar, dass bis zum Sommer heftig um die Brexit-Entscheidung gerungen wird. 

Diese Diskussion dürfte das Pfund belasten. Übrigens: Auch der Euro dürfte nicht ungeschoren davon kommen, da die Auseinander-setzung über die Zukunft der EU auf die Gemeinschaftswährung negativ ausstrahlen sollte.

In wirtschaftlicher Hinsicht ist aufgrund der Unsicherheit ebenfalls mit negativen Auswirkungen zu rechnen. Bis der künftige Kurs klar ist, dürften ausländische Unternehmen sich gut überlegen, ob sie in Großbritannien beispielsweise Geld in den Aufbau von Produktionsstätten investieren und dabei in Kauf nehmen, dass sie über die außenwirtschaftlichen Beziehungen ihres neuen Standorts eher wenig mit Gewissheit sagen können.

Klar ist: Selbst wenn die Briten für den Ausstieg votieren, werden sie nicht schon wenige Tage später die Europäische Union verlassen. Die Statuten sehen vielmehr eine zweijährige Verhandlungsfrist vor, in der Regelungen zum künftigen Miteinander gefunden werden sollen – und wie der weitere Zugang zum europäischen Binnenmarkt aussehen könnte. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Norwegen zum Beispiel, dessen Bevölkerung sich per Referendum gegen eine EU-Mitgliedschaft entschieden hat, genießt über das Abkommen zum Europäischen Wirtschaftraum quasi den kompletten Zugang zum EU-Binnenmarkt – muss sich aber auch dessen Regeln unterwerfen.

Bei Austritt drohen zwei Jahre Unsicherheit mit deutlich negativen wirtschaftlichen Konsequenzen

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