Credit Suisse Thematic Insights: Kosteneinsparungen durch verbesserte Einhaltung der Medikation

Die falsche oder mangelhafte Medikamenteneinnahme der Patienten ist ein großes Problem für den Gesundheitssektor. Dieser Artikel behandelt die Funktion von digitalen Gesundheitslösungen, die dazu beitragen sollen, die Einhaltung der Medikation zu verbessern und so erhebliche Einsparungen zu erzielen. Credit Suisse | 13.03.2018 20:46 Uhr
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Ein erhebliches Problem und enormes Kosteneinsparungspotenzial

Laut einer breiten Studie (Medscape, 16. Januar 2014) werden in den USA jährlich schätzungsweise 3,8 Milliarden Rezepte für Medikamente ausgestellt, von denen jedoch über 50 % falsch oder gar nicht eingenommen werden.  Selbst bei chronisch kranken Patienten, die regelmäßig ihre Rezepte einreichen, wird nur etwa die Hälfte der Dosen so eingenommen, wie es die Ärzte verschreiben. 

Neben vielen ähnlichen Umfragen führte auch die Fachzeitschrift American Pharmaceutical Revue eine Analyse durch, die auf der Befragung von 800 amerikanischen Erwachsenen basierte (Revue, 31. Januar 2016 ). Während die Auswertungen zwischen den verschiedenen Umfragen leicht variieren, ist die Anzahl der nicht konformen Patienten durchweg erstaunlich hoch. Die mit einer falschen oder Nichteinnahme verbundenen Kosten stellen eine enorme Belastung für den gesamten Gesundheitssektor dar.   

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Die New York Times schreibt, dass die Falscheinnahme oder Nichteinnahme von verschriebenen Medikamenten in den USA «eine unkontrollierte Epidemie» sei und zitiert eine Studie der Fachzeitschrift Annals of Internal Medicine, in der festgestellt wurde, dass 20–30 % der Rezepte nie eingelöst und ungefähr 50 % der Medikamente für chronische Krankheiten nicht wie vorgeschrieben eingenommen werden.

So nimmt zum Beispiel ein Drittel der Patienten mit Nierentransplantationen keine Medikamente gegen Abstoßungsreaktionen ein, 41 % der Herzinfarktpatienten keine Blutdruckmedikamente und die Hälfte der Kinder mit Asthma benutzen ihren Inhalator entweder gar nicht oder unregelmäßig. Viele Gründe für dieses Phänomen wurden diskutiert. Dazu zählen unter anderem die Abneigung gegen chemische Stoffe sowie der Wunsch, Dinge auf «natürliche» Weise zu lösen. Eine weitere Rolle spielen: die Abneigung gegenüber Pillen, die sinnbildlich für Krankheit stehen, Selbstversuche durch Absetzen von Medikamenten mit ausbleibender Verbesserung des wahrgenommenen Gesundheitszustands sowie Medikamentenkosten allgemein.

Schätzungen zufolge liegt der Kostenanteil chronisch kranker Patienten im Schweizerischen Gesundheitssystem bei knapp 80 %. In der Schweiz sind 2,2 Millionen Patienten chronisch krank.

Im Durchschnitt verursachen chronisch kranke Patienten, die ihre Medikamente gar nicht oder falsch einnehmen, viermal so hohe Kosten wie konform handelnde Patienten oder in absoluten Zahlen CHF 52’000 statt CHF 13’000 pro Jahr. Selbst wenn nur 5 % der chronisch kranken Patienten – also 110'000 Personen – ihre Medikamente korrekt einnähmen, würden die Kosteneinsparungen schätzungsweise fast CHF 4 Milliarden pro Jahr betragen. Dadurch könnten Kosten für den gesamten Gesundheitssektor um fast 5 % reduziert werden.

Besseres Wissen der behandelnden Ärzte über die Medikamenteneinnahme hilft bei Steuerung der Therapie

Lassen Sie uns zum besseren Verständnis eines weiteren praktischen Problems bei der Einhaltung der Medikation durch Patienten folgendes Beispiel aufführen: Ein Patient kommt krank in die Praxis seines Arztes. Anhand von einigen Tests, unter Berücksichtigung von klinischen Daten und seiner Erfahrung stellt der Arzt die Diagnose und bestimmt die Therapie anhand eines ausgestellten Rezeptes. Was aber, wenn der Patient die Medikamente nie in der Apotheke abholt? Was, wenn er sie abholt, aber dann häufig vergisst, sie einzunehmen? Was passiert, wenn sich der Gesundheitszustand des Patienten verbessert und er die Medikamenteneinnahme entgegen dem Rat seines Arztes einstellt?

In dieser Situation würden die Patienten nicht oder zumindest nicht vollständig von der verordneten Therapie profitieren. Sie bleiben nicht nur krank und verursachen kostspieligere Eingriffe – es ist für den behandelnden Arzt auch nicht möglich, die Wirkung des Medikaments zu beurteilen. Wenn die Behandlung nicht wirkt, weil der Patient die Medikamente heimlich nicht korrekt eingenommen hat, wird der behandelnde Arzt wahrscheinlich beschließen, die gewählte Behandlung abzubrechen. Somit wird die Chance vergeben, eine eventuell wirksame Behandlung fortzuführen. 

Die korrekte Medikamenteneinnahme ist weitgehend eine Sache des Krankheitsbildes: Während sich Krebspatienten häufiger an die vorgeschriebenen Therapien halten (80 %), halten sich Patienten mit einer Raucherlunge nur zu etwa 50 % daran. Der Hauptgrund für diese Diskrepanz liegt in der höheren zu erwartenden Gefahr des Erkrankungsfortschritts, aber auch in der Art und Weise der Verabreichung (Krankenhaus vs. Selbstverabreichung).

Hauptgründe für unzureichende Einhaltung der Medikation

Die häufigsten Antworten, die von Patienten auf die Frage angegeben werden, warum sie ihre Medikamente nicht einnehmen, sind Vergesslichkeit (30 %), dringendere Angelegenheiten (16 %), die bewusste Entscheidung, Dosierungen auszulassen (11 %), Informationsmangel (9 %) und emotionale Gründe (7 %); 27 % der Patienten geben keinen Grund an. Das Risiko einer Nichteinnahme ist besonders hoch, wenn mehrere Einflussfaktoren aufeinandertreffen, wie z. B. kognitive Beeinträchtigungen und die Verabreichung zahlreicher Medikamente bei mehreren chronischen Erkrankungen im Alter (Enhancing Medication Adherence (Springer Healthcare), Bosworth H.B., 2012, Seite 8).

Digitale Lösungen zur Verbesserung der Medikationseinhaltung

Erste Abhilfe kann durch Benachrichtigung des verschreibenden Arztes geschaffen werden, ob Patienten ihr Rezept auch tatsächlich abgeholt haben oder nicht. Mit dem Hintergrund, dass etwa 25 % der Verschreibungen erst gar nicht eingelöst werden, könnte sich diese Information als wirksamere Grundlage für die weitere Behandlung und die Interaktion mit dem Patienten erweisen. 

Darüber hinaus gibt es ein paar einfache, aber sehr nützliche digitale Lösungen, die den Informationsaustausch verbessern. Da Vergesslichkeit der Hauptgrund für unzureichende Medikationseinhaltung ist, können technologische Lösungen, die den Patienten an die Einnahme seiner Medikamente erinnern, sehr hilfreich sein.

  •  Smartphone-Apps
  • E-Mail- und Textmitteilungen
  • Geräte zur Fernüberwachung
  • Patientenportale
  • Intelligente Pillen 

Smartphone-Apps bieten Patienten die Möglichkeit, Gesundheitsinformationen zentral zu erfassen und ihren Gesundheitszustand zu überwachen. Daneben werden sie durch Benachrichtigungen an die nächste Medikamenteneinnahme erinnert. Da viele Patienten ihre Smartphones bei sich tragen, können sie leicht auf die Information zugreifen. Geräte zur Fernüberwachung können wertvolle Rückmeldung über den Behandlungsfortschritt übermitteln und frühzeitig Hinweis geben, falls die Behandlung bei Patienten nicht anschlägt. Auch Patientenportale sind sehr wichtig. Wenn die Patienten optimal über eine Behandlung informiert sind, sind sie oft bereit, ihre Medikation besser einzuhalten. 

Die neue digitale Lösung: Intelligente Pillen

Intelligente Pillen, die mit Sensoren und Kameras ausgestattet sind, werden nun erstmals zur Unterstützung von Diagnostik und Verabreichung von Medikamenten eingesetzt. Mithilfe von mit Sensor ausgestatteten Pillen und elektronischen Pillenverpackungen kann erfasst werden, wann der Patient ein Medikament einnimmt oder einen Medikamentenbehälter öffnet. Damit kann die korrekte Medikamenteneinnahme und damit einhergehende Therapie mit größerer Genauigkeit per Fernüberwachung kontrolliert werden und sogar, als Beispiel, der genaue Zeitpunkt der Medikamenteneinnahme aufgezeichnet werden.

Die erste intelligente Pille wurde erst kürzlich von den US-Regulierungsbehörden zugelassen. Allerdings muss der Patient dem Einsatz der intelligenten Pille zustimmen. Es gibt jedoch auch Krankheiten, bei denen sich Patienten der Notwendigkeit der Einhaltung der Medikation sehr bewusst sind, und von sich aus sicherstellen, dass sie sich daran halten. 

Fazit

Wir sind der Meinung, dass die unzureichende Medikationseinhaltung mit ihren enormen Kostenfolgen an vielen Fronten adressiert werden muss. Um eine verlässliche Basis für die weitere Behandlung zu erhalten, aber auch, um den Bedenken der Patienten Rechnung zu tragen, müssen die Gründe für die Abweichung von der ärztlichen Verordnung ausfindig gemacht und korrigiert werden. Dank digitaler Lösungen im Gesundheitsbereich besteht die Möglichkeit, zusätzliche Informationen zu sammeln. Der häufigste Grund für die Falsch- oder Nichteinnahme von Medikamenten, nämlich die Vergesslichkeit, lässt sich ohne Weiteres mit technologischer Hilfe in den Griff bekommen. Andere, wie z. B. die Skepsis des Patienten gegenüber der Behandlung, erfordern mehr Aufklärung und Interaktion seitens des Arztes. Es ist jedoch in jedem Fall entscheidend, eine bessere Kenntnis darüber zu erhalten, ob der Patient die Therapie befolgt oder nicht.

Früher wagten es viele Patienten nicht, ein offenes Gespräch mit ihrem Arzt zu führen – was oft damit einherging, dass Medikamente entweder gar nicht abgeholt wurden oder zwar abgeholt, aber nicht eingenommen oder weggeworfen wurden. Dieses Verhalten ist natürlich sowohl aus medizinischer als auch aus Kostensicht alles andere als optimal. Viele Patienten hingegen würden gerne ihre Therapie besser einhalten, aber oftmals steht ihnen ihre Erkrankung dabei im Wege. Digitale Gesundheitslösungen könnten dabei helfen, die Behandlungsziele zu erreichen und somit auch die Gesundheitskosten zu senken, ohne unangemessenen Eingriff in ihre Privatsphäre.

Dank Einsatz digitaler Gesundheitslösungen dürfte in Zukunft ein gründlicher und ausgewogenerer Dialog zwischen Patient und behandelndem Arzt möglich sein. 

Thomas Amrein, Fondsmanager, Credit Suisse Asset Management 

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