Wir stehen vor der Herausforderung, dass einerseits die Wassernachfrage steigt, andererseits das Angebot aber konstant bleibt. Über die vergangenen hundert Jahre hat sich die Wassernachfrage etwa um den Faktor 7 bis 8 erhöht (ein jährliches Wachstum von zwei Prozent). Mittlerweile entspricht die Nachfrage ungefähr im Schnitt dem erneuerbaren, für die Menschen zugänglichen Süßwasserangebot. Steigt die Nachfrage weiter, ist in vielen Regionen - zumindest in einigen Monaten pro Jahr - mit Wasserknappheit zu rechnen.
Um weiteren Wasserstress zu vermeiden, geht es nun darum, die Wassernachfrage trotz Wirtschaftswachstum nicht mehr zu erhöhen. Aus Investorensicht sind Unternehmen interessant, die Lösungen zur Wassereinsparung bereitstellen. Ein Beispiel ist ein US-amerikanische Unternehmen, das effiziente Bewässerungssysteme für die Landwirtschaft herstellt.
Der Wassersektor entwickelte sich bereits über die vergangenen Jahre sehr gut. Welche Erwartungen haben Sie aktuell für das Segment der Wasseraktien?
Gerhard Wagner: Weltweit wird in die Wasserinfrastruktur im Durchschnitt zu wenig investiert. Deswegen ist in vielen Regionen der Erde die Wasserinfrastruktur in einem schlechten Zustand. Dies führt zu hohen Verlusten und verbesserungswürdiger Qualität bei Trink- und aufbereitetem Abwasser. Wir erwarten hier Initiativen in zahlreichen Ländern, so dass höhere Investitionen in die Wasserinfrastruktur erfolgen.
Es impliziert zwar höhere Wasserpreise, das sollte allerdings verkraftbar sein, da der Wasserpreis pro Haushalt in den meisten Ländern kleiner als ein Prozent des verfügbaren durchschnittlichen Einkommens ist. Wenn die neue US-amerikanische Regierung ein Infrastrukturprogramm auflegt, dann wird sicherlich auch die Wasserinfrastruktur davon profitieren. Deshalb investieren wir gegenwertig vermehrt in US-Wassertechnologieunternehmen, die Lösungen anbieten zur Verbesserung der Qualität der Wasserinfrastruktur.
Bitte begründen Sie konkret, warum Sie Wasserinvestments höhere Wachstumschancen als dem Marktdurchschnitt zutrauen?
Gerhard Wagner: Die Zulieferindustrie für die Wasserinfrastruktur wächst jährlich mit rund sechs Prozent und somit stärker als die globale Wirtschaft. Zusätzlich ist es bemerkenswert, dass sich die meisten Experten einig sind, dass der Wassersektor nicht von neuen technologischen Innovationen („disruptive technologies“) bedroht ist, wie beispielsweise die Autoindustrie. Auch in 20 oder 50 Jahren wird mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit Wasser grundsätzlich ähnlich gereinigt und zu Trinkwasser aufbereitet wie heute. Und da es kein Substitut für Wasser gibt, wird die Wasserinfrastruktur nicht von grundlegenden Veränderungen betroffen sein. Als Investoren schätzen wir den konservativen Charakter der Wasserindustrie. Interessant sind für uns Wasserunternehmen, die einen Beitrag leisten, um die Wassernachfrage vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Diese Unternehmen werden auch langfristig überdurchschnittlich wachsen.