DekaBank Chefvolkswirt Kater kommentiert Trump-Rhetorik

In einem aktuellen Gastkommentar erklärt Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, warum Trumps verbale Intervention gegenüber Deutschland einen leicht durchschaubaren Versuch darstellt, die Europäische Union zu destabilisieren. DekaBank | 07.02.2017 15:53 Uhr
Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt, DekaBank / ©  DekaBank
Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt, DekaBank / © DekaBank
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Der Vorwurf, Deutschland würde mit dem Euro als unterbewerteter „impliziter D-Markt“ künstliche Exportvorteile haben, ist gleichbedeutend mit dem Vorwurf, dass der Außenhandelsüberschuss von Lousiana einem unterbewerteten „impliziten“ Lousiana-Dollar zu verdanken sei. Deutschland ist Teil einer Europäischen Volkswirtschaft namens Euroland. Der Wechselkurs wie die Geldpolitik dieser Volkswirtschaft wird von allen Regionen gemeinsam bestimmt, nicht von Deutschland. Ohne Deutschland wäre der Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar noch geringer. 

In den Behauptungen der Trump-Administration enthalten ist auch die Vorstellung, dass andere europäische Länder durch den deutschen Export in die USA „ausgebeutet“ würden, was so zu verstehen ist, dass sie selbst nicht genügend exportieren könnten. Das Gegenteil ist der Fall: die hohe Exporttätigkeit in Deutschland bedeutet über die Zuliefererketten in Europa höhere Exporte anderer Europäischer Länder nach Deutschland. Deutschland hat als starke Region in Euroland besondere Verantwortung und zeigt bereits jetzt finanzielle Solidarität mit wirtschaftlich schwächeren Regionen in Euroland, etwa durch die Tolerierung der EZB-Politik und die damit verbundene Bereitstellung von Bonität für die Staatsfinanzen anderer europäischer Länder an den Kapitalmärkten. 

Die Rhetorik der US-Regierung ist eine politische Spaltungsrhetorik, um den Zusammenhalt des Euroraums zu unterminieren. Mit der gleichen Logik müsste die US-Regierung für den Austritt von US-Bundesländern mit Leistungsbilanzüberschüssen aus den USA plädieren oder den Ausschluss von Defizitländern fordern. Die Motivation dieser Spaltungsrhetorik ist klar: Die Einzelstaaten eines auseinandergefallenen Europas würden die USA in Handelsversträgen wesentlich besser gegeneinander ausspielen und dominieren können als die ebenbürtige Europäische Union. 

Schließlich liegt der These die Vorstellung zugrunde, dass der deutsche Exportüberschuss aufhören würde, wenn nur der Euro teurer wäre. Die Reaktion von Leistungsbilanzen auf den Wechselkurs war in Deutschland seit jeher nur kurzfristiger Natur. Gerade in den D-Mark Zeiten ging der positive Außenhandelssaldo bei Aufwertungsschüben nur kurzzeitig zurück, um sich später wieder erneut einzustellen. Ein etwas nachhaltigeres Defizit gab es in Deutschland nur in den 90er Jahren, und das sowohl bei einer starken wie in der Folge schwachen D-Mark (Abb 1). Grund war damals das Konjunkturprogramm der deutschen Wiedervereinigung. Nach der Finanzkrise weitere sich der deutsche Außenhandelsüberschuss deutlich aus, obwohl der Wechselkurs des Euro bis 2015 überdurchschnittlich hoch war.

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Ohnehin sollte man den bilateralen Leistungsbilanzsalden keine allzu große Bedeutung beimessen. Die meisten Privatpersonen weisen ein permanentes Leistungsbilanzdefizit gegenüber dem Einzelhandel auf. Dennoch würde niemand auf die Idee kommen, Strafzölle auf Brötchen zu erheben, bis der Bäcker auch etwas bei seinen Kunden kauft. Genauso verhält es sich mit Volkswirtschaften. In einer arbeitsteiligen Weltwirtschaft darf man gar nicht den Anspruch erheben, dass der Handel zwischen einem beliebigen Paar an Ländern ausgeglichen sein sollte. Auch hohe Salden in die eine oder die andere Richtung können einen für alle Beteiligten optimalen Zustand darstellen, wenn sie durch Standortvorteile und die Wünsche der Konsumenten zustande kommen. 

Das Problem der USA besteht darin, dass sie mit den allermeisten ihrer Handelspartner ein Defizit verzeichnen. Man sollte die notorisch hohen Leistungsbilanzdefizite der USA deshalb aus einem anderen Blickwinkel betrachten, die mit den Wechselkursen wenig zu tun haben. Sie sind die Folge einer in der Summe zu geringen Sparneigung: die Amerikaner geben einfach mehr aus als sie selbst erwirtschaften. Solange private Haushalte, Unternehmen und der Staat systematisch mehr Güter und Dienstleistungen in Anspruch nehmen als die US-Volkswirtschaft selbst produziert, kann der Nachfrageüberhang nur durch Importe aus dem Ausland geschlossen werden. 

Daraus ergeben sich Möglichkeiten für die Regierung Trump, den negativen Leistungsbilanzsaldo zu korrigieren. Sie kann Maßnahmen ergreifen, welche die Ersparnis in den USA steigern. Der US-Staatshaushalt hatte im Jahr 2016 ein Defizit von immer noch knapp fünf Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Schon die Korrektur auf die Hälfte würde rechnerisch ausreichen, das Leistungsbilanzdefizit des Landes auszugleichen. Dazu müsste die Regierung Trump allerdings auf das geplante Konjunkturprogramm verzichten. Denn sofern es wieder defizitfinanziert ist, treibt es den Leistungsbilanzsaldo nach oben und über seine konjunkturstimulierenden Wirkungen auch den US-Dollar-Kurs. Hilfreich wäre das Konjunkturprogramm nur, wenn es nicht auf die Nachfragestimulierung, sondern auf eine Verbesserung der Angebotsbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit zielt. 

Die US-Regierung hält also einen Schlüssel zur Reduzierung des Leistungsbilanzdefizits selbst in der Hand, der viel mehr Erfolg verspricht, als die Diskreditierung der Handelspartner.

Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt, DekaBank

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