Griechenland vor bitteren Wochen

„Nachdem nun einfach die Zeit immer knapper wird, schätzen wir die Grexit-Wahrscheinlichkeit zum ersten Mal etwas höher ein als den dauerhaften Verbleib Griechenlands im Euro" - Deka-Chefvolkswirt Dr. Ulrich Kater zu Grexit-Wahrscheinlichkeit und Rücktritt Varoufakis. DekaBank | 06.07.2015 10:36 Uhr
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Ein „Nein“ zum Sparen, ein „Ja“ zum Euro  Griechenland hat „nein“ gesagt. Praktisch ist man damit keinen Schritt weiter: Dass die Griechen im Euro bleiben wollen, ohne sich zu weiteren Reformprogrammen zu verpflichten, war immer schon klar. Die erhoffte Stärkung der Verhandlungsposition der Regierung Tsipras wird kaum dazu führen, nun bessere Konditionen herauszuholen als sie beim Verhandlungsabbruch auf dem Tisch lagen. Das Signal an die übrigen Mitgliedsländer wäre verheerend, wenn man künftig per Volksabstimmung über Schuldenerleichterungen abstimmen könnte. Wahrscheinlich ist, dass die griechische Regierung den Verhandlungspartnern in beim Sondergipfel am Dienstag Vorschläge zu einem Neustart der Verhandlungen vorlegen wird, und für diese Monate eine Brückenfinanzierung einfordert. Ein solcher Neustart kann eigentlich nur gelingen, wenn ein grundsätzlich neuer Ansatz gewählt wird, der beide Positionen zusammen bringen kann, etwa einen konditionierten Schuldenschnitt, in dem nach einem fest definierten Plan Schuldenerleichterungen gegen umgesetzte Reformschritte gewährt werden. Die Startposition für neue Verhandlungen und damit Zwischenfinanzierungen ist jedoch schlechter geworden: Griechenland hat bereits eine Rückzahlung versäumt, das bisherige Hilfsprogramm ist verfallen, das Bankensystem ist geschlossen. Daher müssten schon überraschender-weise starke Signale vorliegen, dass es zu einer Einigung kommen kann. Der Rücktritt des Finanzministers Varoufakis ist allerdings ein erstes starkes Signal, da hier das Vertrauensverhältnis besonders nachhaltig gestört war. 

Grexit now? 

Nachdem nun einfach die Zeit immer knapper wird, schätzen wir die Grexit-Wahrscheinlichkeit nun zum ersten Mal etwas höher ein als den dauerhaften Verbleib Griechenlands im Euro. Zunächst wird die EZB die Finanzierung der griechischen Banken noch nicht vollständig stoppen, eine Wiedereröffnung sehen wir allerdings nicht so bald. Der bisherige Zeitvorteil der griechischen Regierung kehrt sich nun um. Hatte sie bislang alle Zeit der Welt, um die Verhandlungspartner unter Druck zu setzen, so steigt nun Tag für Tag, an dem die Banken geschlossen sind, der Druck im eigenen Land. Mit dem Versäumen weiterer Zahlungen in den kommenden beiden Wochen könnte das Land in wesentlichen weiteren Dimensionen als zahlungsunfähig eingestuft werden. Allerdings sind die Austrittshürden weiterhin hoch! Gerade Griechenland wird so lange wie möglich versuchen, im Euro zu bleiben. Einen Austritt kann die griechische Regierung nur nach längeren erfolglosen Verhandlungsversuchen rechtfertigen. Die Bundeskanzlerin wird mit dem französischen Präsidenten heute vermutlich noch einmal ausloten, was noch möglich ist. Mittlerweile steigen einfach die Gefahren von Eigendynamiken: Die Lage der griechischen Wirtschaft wird in den kommenden Wochen immer prekärer. Das kann trotz des Referendum-Erfolgs auch schnell in Protesten gegen die Regierung umschlagen und zu einer größeren Kompromissbereitschaft der Regierung oder zu Neuwahlen führen. In diesem Fall würden die Verhandlungs-partner wahrscheinlich stillhalten, bis der politische Weg Griechenlands wieder etwas klarer geworden ist. Falls dies nicht geschieht, keine weiteren Verhandlungsfortschritte erzielt werden und die EZB daraufhin in zwei oder drei Wochen die Finanzierung stoppt, bleibt kein anderer Ausweg als dass die griechische Regierung ein neues Zahlungsmittel einführt (Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios: 55%). 

Folgen für Finanzmärkte und für Geldanlagen in Wertpapieren. 

Die Marktreaktionen hatten in den vergangenen Tagen einen relativ gelassenen Umgang des Finanzsystems mit einem möglichen Grexit angezeigt. Dies setzt sich in den ersten Handelszeiten nach dem Referendum fort. Die Risikowahrnehmung bei den Finanzmarktteilnehmern ist zwar vorhanden, die Reaktionen sind jedoch moderat, da die Konsequenzen eines Grexit eher mittelfristig anfallen würden. Die Kurse deutscher Bundesanleihen sind gestiegen, die Renditen gesunken. Zugleich haben die Aktienmärkte nachgegeben und die Zinsdifferenzen für Staatsanleihen der Euroland-Peripherie gegenüber Bundesanleihen haben sich ausgeweitet. Dies kann nun noch etwas weiter gehen. Indes sollte in absehbarer Zeit eine Gegenbewegung einsetzen, wenn die Gewissheit steigt, dass die Turbulenzen um Griechenland zu keinem systemischen Risiko für Euroland als Ganzes werden. Griechenland ist ein Einzelfall, und das dürfte auch am Markt so gesehen werden. Die Sicherungsmechanismen im Euroraum („Schutzschirme“ ESM und EFSF) sowie die EZB-Anleihekaufprogramme (die im März 2015 begonnene quantitative Lockerung QE sowie das im September 2012 beschlossene OMT-Programm) werden greifen. Die Anleger müssen sich jedoch noch eine Weile auf erhöhte Schwankungen an den Finanzmärkten einstellen, erst im weiteren Jahresverlauf werden sich die Märkte beruhigen. Dann nehmen die Aktienmärkte ihren Aufwärtstrend wieder auf. Für die Rentenmärkte erwarten wir nur leichte Renditeanstiege. Ein breit gestreutes und gut diversifiziertes Portfolio sollte nur kurzzeitig negativ betroffen sein. Somit bleiben wir bei unserer Einschätzung, dass keine Neuausrichtung der privaten Anlegerportfolios erforderlich ist.

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