Brexit: Zeit rational zu sein, nicht sentimental

"Der Brexit ist Tatsache und das bringt unbegrenzte Unsicherheit und ein ständiges neu entwerfen der britischen, europäischen und globalen Investmentlandschaft mit sich", schreiben die Lombard Odier IM Experten Jan Straatman (Global Chief Investment Officer) und Salman Ahmed (Chief Investment Strategist) in einer aktuellen Stellungnahme. Lombard Odier Investment Managers | 29.06.2016 08:58 Uhr
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"Nachdem die Märkte in den Tagen vor dem Referendum zunehmend ein ‚Nein’ zum Brexit eingepreist hatten, brachen die globalen Aktienmärkte ähnlich wie in den dunklen Tagen in 2008, in manchen Fällen auch schlimmer, ein. Mit einem Verlust von fast 10 Prozent gegenüber dem Dollar seit Handelsschluss am Donnerstag, befand sich aber das britische Pfund im Zentrum des Sturms. Wenig überraschend liefen traditionell sichere Häfen wie Staatsanleihen aus den entwickelten Volkswirtschaften, der japanische Yen und Gold, angesichts der Flucht der Investoren in Sicherheit, sehr gut.

Soweit es die Politik betrifft, haben die Herausforderungen für Großbritannien und die Europäische Union gerade erst begonnen. David Cameron gab seinen Rücktritt bekannt, aber wir erwarten, dass  die kommenden Wochen und die anstehende Wahl zum Vorsitz der Conservatives für die Märkte und die britische Währung turbulent werden.

Langfristig ist nach der Bexit-Entscheidung unser neues Basisszenario letztlich ein Deal mit UK, ähnlich wie im Fall Norwegens. Bevor es aber tatsächlich dazu kommt, befinden viele bedeutende und unklare Hindernisse auf dem Weg dorthin. Zuallererst wird von Schottland, das massiv für ein Verbleiben in der EU gestimmt hat, viel Druck kommen, ein weiteres Referendum, bezüglich der Position des Landes in Großbritannien, auszurufen. Das bringt eine weitere Reihe an Unsicherheiten mit sich, für die EU und für UK insbesondere. Die Unsicherheit über die künftige Form eines Deals mit Großbritannien würde wohl gleichzeitig von dem gut möglichen Zerfall der EU und Großbritanniens begleitet werden.

Ein Ansteckungseffekt für Europa ist ebenfalls möglich, da die Spekulation über einen Dominoeffekt zunimmt und die Märkte sich die Frage stellen, welche anderen Länder ebenfalls die Option wählen könnten, die EU zu verlassen. Angesichts der anstehenden Wahl in Spanien müssen wir uns fragen, ob der Brexit nicht einen weiteren Impuls für die politisch rechten Kräfte in Europa bedeutet.

Jan Straatman, Chief Investment Officer, Lombard Odier IM
Jan Straatman, Chief Investment Officer, Lombard Odier IM


Kehren wir zu den Märkten zurück. Hier erwarten wir, dass der Volatilitätsschock kurzfristig anhalten wird, da das Sentiment und die allgemeine Unsicherheit die Fundamentaldaten verdrängen. Wir erwarten, dass die wichtigsten Zentralbanken mit kompletter geldpolitischer Lockerung einschreiten oder – zumindest -  Liquidität zur Verfügung stellen. Für die EZB ist die Verlängerung des laufenden QE-Programms ohnehin gegeben und die USA wird dagegen ebenfalls nicht immun sein. Die mögliche Beeinträchtigung der US-Wirtschaft wird die Gewissheit über eine Zinserhöhung im Juli und sogar für den Rest des Jahres 2016 in Frage stellen. Wenn wir 2008 als Vorlage nehmen, erwarten wir den Einsatz von Swap-Linien, um den Druck aus der Finanzierung über Währungen hinweg herauszunehmen, da so Liquidität angeboten wird, um jede Möglichkeit eines Bank Run´s zu verhindern.

In einer schwierigen Situation hingegen ist die Bank of England. Die heftigen Makro-Ungleichgewichte, mit denen die britische Wirtschaft konfrontiert ist, - das Zwillingsdefizit – werden sich in Form nachhaltigen Drucks auf das Pfund fortsetzen. Um die Währung und das Land vor einer  Zahlungsbilanzkrise zu schützen, denken wir in der Tat, dass ein nachhaltiges QE-Programm wohl kaum die richtige geldpolitische Antwort ist. Eine Rezession ist eine nahe Gewissheit und wir erwarten, dass die Inflation auf Grund einer schwächeren Währung stark anziehen wird. 

Allgemeiner gesprochen ist die entscheidende Frage, soweit es die Märkte betrifft, ob irgendeine Maßnahme der Zentralbank ausreichend wäre, um die Märkte zu beruhigen. Hier wird viel von den politischen Entwicklungen abhängen sowie dem Ausmaß und dem Umfang jeder Maßnahme. Das heißt, dass es extrem schwierig ist, derzeit präzise Vorhersagen zu treffen. 

Salman Ahmed, Chief Global Strategist, Lombard Odier Investment Managers
Salman Ahmed, Chief Global Strategist, Lombard Odier Investment Managers


Die Entscheidung für den Brexit stärkt das Fundament unseres Basisszenarios einer Japanisierung Europas, da wir weiterhin schwaches globales Wachstum, weit verbreitete Disinflation und niedrigere Zinsen erwarten.

Die Erwartungen von Notenbank-Maßnahmen und die gestiegene Nachfrage nach sicheren Häfen haben bereits die Renditen von Staatsanleihen aus den entwickelten Volkswirtschaften auf breiter Front nach unten gedrückt. Das ist das Spiegelbild der wachstumsschwachen Welt, die wir derzeit sehen.

Weiter vorausschauend gehen wir davon aus, dass, wenn sich der Staub gelegt hat und die Volatilität nachlässt, die kräftigen Verzerrungen als Folge des Chaos langsam sichtbar werden. Schwellenländer werden, angesichts attraktiver Bewertungen und da sie von dem Brexit-Referendum kaum betroffen sind, stark profitieren. Zudem wird ihnen die zusätzliche Liquiditätsversorgung von den wichtigsten Zentralbanken zugutekommen. Und das wird wohl auch der anhaltenden Nachfrage nach Ertrag in einer Niedrigzinswelt und dem Bedarf an einer fundamental getriebenen, auf Qualität  beruhenden Diversifikation, was eine umsichtige Suche nach Ertrag ist, einen weiteren Schub verleihen.

Bei der Neukonfiguration Europas sind nicht Politiker, sondern die Politik im Cockpit

Die Folgen der Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, werden weitreichend sein. Europa wird wohl neu konfiguriert, da die Wählerschaft eines der größten Länder der EU  den Status-quo zurückgewiesen hat. Noch wichtiger aber: Es gibt sichtbaren und spürbaren Unmut gegenüber etablierten institutionellen Strukturen und Denkschemata. Dieser Unmut brodelte seit der Finanzkrise 2008/09 und das formt auch langfristig die politischen Resultate. Wir glauben, dass dies für grenzenlose Unsicherheit über die soziale, die ökonomische, die finanztechnische und die Sicherheit betreffende Dimension hinweg sorgt. Die vor uns liegenden Monate werden entscheidend sein, um die Richtung dieser „schönen neuen Welt“ bewerten zu können."

Jan Straatman, Global Chief Investment Officer,
Salman Ahmed, Chief Investment Strategist
Lombard Odier Investment Managers 

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