Vieles in der Geldanlage kann man lange und tiefgehend diskutieren. Manches ist aber auch rasch und einfach auf den Punkt gebracht. So etwa folgende Tatsache: Die Inflationsprognose für 2011 liegt in Österreich bei etwa 2 %. Wer mit seiner Geldanlage diese 2 %-Hürde nicht erreicht, hat am Ende des Jahres weniger Kaufkraft als heute. Das ist die nicht änderbare Realität. Zudem ist Inflation ein Begriff, der sehr emotional diskutiert wird. Die „gefühlte Inflation“ ist meist höher als die offiziell ausgewiesene. Die persönliche Betroffenheit verstellt oft den Blick auf das große Ganze. Dass eine im Rahmen bleibende Inflation für ein Land insgesamt besser ist als eine langjährige Deflationsphase à la Japan mit sinkenden Preisen ist volkswirtschaftlich unstrittig, aber an der Kasse im Supermarkt wohl nicht unbedingt allgemeine Meinung…
2 % Inflation auch in den kommenden Jahren? Das ist zuwenig!
Wie immer in Geldanlagefragen wollen wir auch in diesem Bereich Orientierung geben. Die aktuellen Prognosen der Volkswirte und der Wirtschaftsforschungsinstitute liegen bei knapp 2 % Inflation auch in den kommenden Jahren. Wir meinen aus mehreren Gründen, dass diese Annahmen zu tief sind. Viele dieser Prognosen bauen auf reinen Lehrbucherfahrungen auf. Wir haben keine außergewöhnlich hohe Kapazitätsauslastung in der Wirtschaft, wir haben keine deutlich steigenden Löhne, damit gibt es keine Lohn-Preis-Spirale und daher haben wir auch keinen Inflationsdruck. Das ist laut Lehrbuch richtig. Aber dies greift aus unserer Sicht aktuell viel zu kurz:
- Wer laut Lehrbuch argumentiert, muss darauf achten, ob wir auch ein Umfeld laut Lehrbuch haben, was nicht der Fall ist. Damit Notenbanken auf Inflationsgefahren reagieren können, müssen sie flexibel sein. Die amerikanische Notenbank FED und auch die Europäische Zentralbank haben diese Flexibilität aber derzeit nicht. Man muss auf die Staatsbudgets achten, auf die Verfassung der Banken, auf die Konjunktur. Zinserhöhungen wird man sich daher gut überlegen.
- Wir erleben derzeit deutlich steigende Preise im Bereich Agrarprodukte und beständig hohe Preise bei den Industrierohstoffen. Wenn Kupfer, Baumwolle, Weizen, Kaffee und Co. teuer sind, wird dies mit Zeitverzögerung in allen unseren Konsumprodukten schlagend. Diese „Pipeline“ ist voll und wird unterschätzt.
- Viele Emerging-Markets haben bereits ein Inflationsproblem, speziell im Bereich der Lebensmittel. Ein schrittweises Aufwerten der jeweiligen Währungen zur Verbilligung der Importe ist ein möglicher Weg, um dies abzumildern. Wenn aber nun etwa China die Währung aufwertet und gleichzeitig, was auch Fakt ist, die Löhne steigen, dann ist es doch logisch, dass auch Chinas Exportprodukte teurer werden und wir uns damit Inflation zu einem Teil importieren.
- Zudem kann man Inflation nicht auf eine rein theoretische Diskussion über Kapazitätsauslastung, Löhne und Geldmenge reduzieren. Es geht um mehr. Es geht um das Vertrauen der breiten Bevölkerung in die jeweilige Währung. Wenn generell reale Investments wie Konsum, Hausrenovierung usw. als einzige Antwort auf einen sonstigen Kaufkraftverlust gelten, kann genau das den Effekt auslösen, den man eigentlich vermeiden will. Die Preise steigen. Dort sind wir noch nicht, aber es gilt die Entwicklungen global zu beobachten.
Es gibt keinerlei Grund zur Dramatisierung, man sollte dieses Thema aber nicht aus den Augen verlieren. Es gilt wachsam zu bleiben, vor allem bei den internationalen Entwicklungen. 1 und 1 zusammenzuzählen bringt oft mehr als eine hochtheoretische Abhandlung.
Wie der Themenkomplex Inflation in unsere strategischen Überlegungen einfließt, zeigen wir Ihnen in Form der Interviews mit unseren Fondsmanagern auf den kommenden Seiten.
Das internationale Umfeld können Sie und wir nicht beeinflussen. Ihre Veranlagungsstrategien als Antwort auf dieses Umfeld haben Sie dagegen selber im Griff.