Haushalts-Kompromiss nur ein Zeitgewinn

Fünf Minuten vor zwölf einigten sich Präsident und Kongress auf einen Plan zum Abbau des Haushaltsdefizits. Damit ist die Zahlungsfähigkeit der USA bis nach den Präsidentschaftswahlen gesichert. Erfahren Sie mehr im folgenden Kommentar: AXA Investment Managers | 05.08.2011 09:22 Uhr
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Haushaltskompromiss nur ein Zeitgewinn

In Kürze

  • Fünf Minuten vor zwölf einigten sich Präsident und Kongress auf einen Plan zum Abbau des Haushaltsdefizits. Damit ist die Zahlungsfähigkeit der USA bis nach den Präsidentschaftswahlen gesichert.
  • Der Kompromiss orientiert sich eng am Konzept der Republikaner. Er sieht ausschließlich Ausgabenkürzungen vor und verzichtet  auf Steuererhöhungen.
  • Auf das Wirtschaftswachstum dürfte er kaum Auswirkungen haben, da die Einsparungen (insgesamt etwa 2 Bio. US-Dollar) wohl schrittweise wirksam werden.
  • Am größten ist die Unklarheit dort, wo eine überparteiliche Kommission erst noch die Einzelheiten aushandeln muss. Trotz der Anreize für eine Verständigung halten wir eine Einigung aber für unwahrscheinlich.
  • Das Sparpaket ändert wenig an den strukturellen Problemen aufgrund hoher Pensionslasten und der demografischen Entwicklung.
  • Die Ratingagenturen spielen noch immer mit dem Gedanken, die USA herabzustufen. Weil das auch die AAA-Ratings anderer Länder gefährdet, dürfte sich dadurch alles in allem nur wenig ändern.

Ein Kompromiss nach dem Geschmack der Republikaner

Präsident und Kongress haben sich darauf verständigt, die Schuldengrenze um mindestens 2,1 Bio. US-Dollar anzuheben. Das Thema muss also erst nach den Präsidentschaftswahlen im November 2012 wieder auf die Tagesordnung. Neben der Anhebung der Schuldengrenze sieht der Kompromiss Einsparungen von 917 Mrd. US-Dollar vor, und zwar schrittweise über die nächsten zehn Jahre. Außerdem soll eine überparteiliche Kommission des Kongresses bis zum Jahresende ein zusätzliches Konsolidierungspotential von 1,5 Bio. US-Dollar ausfindig machen – durch weitere Kürzungen oder durch Steuererhöhungen. Ein solcher Versuch ist aber schon einmal gescheitert. Weil die Ausschussmitglieder keinen Kompromiss fanden, lehnte der Kongress die Beratungsergebnisse ab. Wenn sich der Ausschuss auch diesmal nicht einigt oder der Kongress seine Empfehlungen ablehnt, sollen sowohl bei den Lieblingsprogrammen der Demokraten als auch bei denen der Republikaner zusätzliche 1,2 Bio. US-Dollar eingespart werden. Diese Drohung soll die Chancen auf eine Einigung erhöhen.

Der Haushaltskompromiss enthält auch eine Menge Symbolpolitik. Zukünftige Anhebungen der Schuldengrenze können zwar vom Kongress missbilligt werden, aber der Präsident kann ihn mit seinem Veto überstimmen. Außerdem soll noch vor dem Jahresende über einen Verfassungsnachtrag abgestimmt werden, der einen ausgeglichenen Haushalt fordert. Verabschiedet werden kann er aber nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Kongress, zu der es nicht kommen wird. All dies hat keinerlei ökonomische Relevanz. Die konservativen Fiskalpolitiker können aber dennoch behaupten, alles für eine Begrenzung der Staatsausgaben getan zu haben.

Das Verhandlungsergebnis kommt den ursprünglichen Forderungen der Republikaner sehr nahe, denn anders als von Obama gefordert verzichtet es auf Steuererhöhungen. Das Beharrungsvermögen der Tea Party hat sich offensichtlich ausgezahlt. Wahrscheinlich wird sie auch in Zukunft ähnlich taktieren – etwa wenn demnächst über die Zukunft der staatlichen Agencys* zu entscheiden ist.

Nur wenig gesamtwirtschaftliche Auswirkungen

Die Anhebung der Schuldengrenze verhindert, dass die US-Regierung ihren Zahlungsverpflichtungen auf kurze Sicht nur noch eingeschränkt nachkommen kann. Extremrisiken verschwinden, was zunächst einmal gut ist.

Abbildung 1: Zeitliche Struktur der zunächst geplanten Einsparungen von 917 Mrd. USD

Quelle: Congressional Budget Office

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der über 2 Bio. US-Dollar Kürzungen sind hingegen weniger klar. Viel hängt vom Tempo der Konsolidierung ab, aber auch davon, welche Haushaltstitel betroffen sind. Die Empfehlungen der Kommission werden für mehr Klarheit sorgen. Allerdings wissen wir noch nicht einmal, wo die ersten 917 Mrd. Dollar eingespart werden. Abbildung 1 zeigt zumindest den zeitlichen Verlauf.**

Unter der sehr allgemeinen Annahme, dass die Haushaltskommission zusätzliche Kürzungen des Staatsverbrauchs empfiehlt (mit einer zeitlichen Verteilung analog zu Abbildung 1), könnte das Spargesetz das US-Wachstum in den kommenden zehn Jahren um etwa 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte jährlich jährlich verringern. Hinzu kommt, dass in den kommenden 18 Monaten die Konjunkturprogramme von 2009 und die Senkung der Lohnsummensteuer (seit diesem Jahr) auslaufen. Außerdem geben sowohl die Regierungen der Einzelstaaten als auch die Städte weniger Geld aus.

Weitere Konsolidierung nötig

Der Haushaltskompromiss wird die amerikanische Gesamtverschuldung in den nächsten zehn Jahren um maximal 2,4 Bio. US-Dollar senken. Nötig ist aber eine weitere Konsolidierung. Im April prognostizierte das Congressional Budget Office jährliche Haushaltsdefizite von fast 5% des BIP, die sich in den kommenden zehn Jahren auf 9,5 Bio. US-Dollar addieren. Dadurch würde die Schuldenstandsquote (nur Bundesregierung) von 70% im Jahr 2011 auf fast 90% zu Beginn des nächsten Jahrzehnts steigen. Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote (einschließlich Bundesstaaten und Kommunen) würde dann mehr als 100% betragen. Und in den Jahren danach würde die alternde Bevölkerung die Gesundheitskosten in einer Weise steigen lassen, die ohne Reform vollkommen unhaltbar wäre.
 
Es wird nicht leicht sein, den für eine langfristige Stabilisierung der amerikanischen Staatsfinanzen nötigen Kompromiss zu finden. Die USA müssen entweder die Steuern drastisch erhöhen oder die Gesundheits- und Sozialversicherungsausgaben substanziell senken. Sie machen zusammen etwa 40% der Ausgaben der Bundesregierung aus. Die Republikaner lehnen Steuererhöhungen vehement ab, und die Demokraten sind massive Anhänger der Sozialprogramme.

Eine Herabstufung bleibt möglich, aber die Agenturen dürften zwei Mal nachdenken

Kurzfristig dürfte der Kompromiss eine Herabstufung des US-Länderratings verhindern. Wegen des Risikos eines politischen Patts in den nächsten Jahren und der strukturellen Haushaltsprobleme könnten die Marktteilnehmer am Ende aber doch mit einer Herabstufung rechnen. Wir bleiben allerdings skeptisch: Nach wie vor sind amerikanische Staatsanleihen die sichersten und liquidesten Anlagen für Großinvestoren wie US-Pensionsfonds, ausländische Notenbanken und große Staatsfonds. Da amerikanische Treasurys einfach alternativlos sind, wäre die logische Konsequenz einer Herabstufung des US-Länderratings eine Kettenreaktion. Dann gerieten auch andere Länder- und Unternehmensratings unter Druck. Die ursprüngliche Herabstufung der USA würde dann belanglos. Daher glauben wir, dass die Ratingagenturen zwei Mal nachdenken. Sollte es dennoch zu einer Herabstufung kommen, würde das die Finanzmärkte kurzfristig wohl verunsichern. Die langfristigen Auswirkungen hielten sich aber in Grenzen.

Mark ALLAN und Eric CHANEY


* Zu den Agencys zählen Freddy Mac und Fanny Mae.
** Die roten Säulen ergeben zusammen die Summe von 917 Mrd. USD.

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